Anna Kurnikowa – So nennen Texas Holdem-Spieler eine Starthand bestehend aus Ass und König. „Sieht gut aus, gewinnt aber selten", lautet der untrennbar damit verbundene Satz, der vor allem unerfahrene Spieler vor großspurigem Handeln mit dem nur scheinbar starken Blatt warnen soll.



„Sieht gut aus, gewinnt aber selten", passt auch zum potentiellen neuen Trainer des VfL Wolfsburg, Bernd Schuster. Der blonde Engel - in den 80ern eine der schillerndsten Persönlichkeiten im europäischen Fußball, verschaffte sich durch Erfolge beim FC Barcelona und Real Madrid eine Reputation, die bis heute seines Gleichen sucht. Der ruhmreichen Zeit als aktiver Spieler steht allerdings eine Trainerkarriere entgegen, die eher von mittelmäßigem Erfolg geprägt ist. Zwar sind bei seinen Engagements in Getafe und Madrid durchaus achtbare Erfolge zu verzeichnen. In der Mehrzahl endeten seine Stationen in Köln, Istanbul oder Donezk aufgrund fehlendem sportlichen Erfolg aber jeweils mit Entlassungen. Umso mehr verwundern die Ansprüche Schusters an einen neuen Arbeitgeber: „Natürlich ist die Bundesliga reizvoll. Es müsste aber ein Verein sein, der Ambitionen und gewisse finanzielle Möglichkeiten hat". Schusters Trainer-Vita würde statt Forderungen eher Bescheidenheit begründen.

Mr. Lorenz, bitte übergeben Sie!

Für diese Bescheidenheit und Bodenständigkeit steht Lorenz-Günther Köstner, der nun wieder das Regionalligateam des VfL Wolfsburg trainieren wird. „Mr. Lorenz", wie er von Diego & Co. genannt wurde, war aufgrund seiner herzlichen und menschenfreundlichen Art sowohl bei den Fans als auch bei der Mannschaft beliebt. Dass man sich zum jetzigen Zeitpunkt für eine Beendigung der Zusammenarbeit entschieden hat, wird dennoch die richtige Entscheidung gewesen sein. Denn als Interimstrainer war Köstner von harten Messgrößen weitgehend befreit. Sein einziger Auftrag, den VfL in kurzer Zeit in ruhigeres Fahrwasser zu führen, wurde bravourös ausgeführt. Ein dauerhafter Cheftrainer des VfL Wolfsburg muss sich jedoch an anderen Zielen messen lassen. Das scheinbar ruhige Umfeld in Wolfsburg ist in Wirklichkeit geprägt von ehrgeizigen Plänen und Erfolgsdruck. Nationale und internationale Trainergrößen scheiterten bereits daran. Und auch ein Lorenz-Günther Köstner würde früher oder später am eigenen Leib erfahren müssen, dass Platz 8 in der Bundesliga für den VfL Wolfsburg kein zufriedenstellendes Ergebnis ist. Was in der Folge passieren würde, hätte der Mensch Köstner nicht verdient.

Unberechenbar, unnahbar, zuletzt erfolglos – Felix Magath 2.0?

Das nötige dicke Fell bringt der mutmaßliche Nachfolger sicherlich mit. Aber wofür steht der Trainer Bernd Schuster noch? Für bewährte Tugenden oder modernen Fußball? Für einen Fokus auf erfahrene Spieler oder Vertrauen in die Jugend? Für dominantes Ballbesitzspiel oder Konterfußball? Über seine Art als Fußballehrer ist hierzulande erstaunlich wenig bekannt. Schusters Ruf beschränkt sich auf die Eigenschaften unberechenbar, knorrig und zuletzt erfolglos. Ein Profil, das als Blaupause von Felix Magath durchgeht, weshalb die Stimmungslage in Wolfsburg momentan eher nach einem anderen Trainertyp verlangt. Fans und Wolfsburger Medien vermuten in erster Linie den klangvollen Namen als ausschlaggebendes Kriterium für die Verpflichtung und wären mit dieser, so scheint es, nicht besonders glücklich. Dennoch hat Bernd Schuster in Fußballdeutschland nicht wenige Fürsprecher. Und auch ein Klaus Allofs scheint in seine Trainerfähigkeiten zu vertrauen. Letztendlich wird auch in diesem Fall aber nur der künftige sportliche Erfolg von Bedeutung sein. Ein etwaiger Ruf spielt dann keine Rolle mehr. Apropos Ruf: Anna Kurnikowa war auch ohne WTA-Titel eine Weltklasse-Tennisspielerin und Ass-König gehören entgegen aller Warnungen zu den bestmöglichen Starthänden.