Die schwedische Nationalmannschaft hat noch eine halbe Stunde gebraucht, um ein Spiel um 180 Grad zu drehen und dem Gegner einen sicher geglaubten Sieg aus der Hand zu nehmen. Noch besser macht es der Effzeh, der dafür in Regensburg ganze sechs Minuten braucht – und den zweiten Auswärtssieg in Folge einfährt. Ein glücklicher Sieg – dazu mehr in der



Ausgangslage:

Als haushoher Favorit ist der Effzeh in die Oberpfalz gereist – das jedenfalls war die Darstellung in den Medien. Und in der Tat: Zwei Siege, ein etwas verunglücktes Unentschieden, (und ein überaus verunglücktes Testspiel, das wir hier mal vernachlässigen) hatte der Effzeh auf der Habenseite – ein Zeichen, dass die junge Truppe von Holger Stanislawski endlich Stabilität und steigende Formkurve vereint hat. Zwei Siege und eine Niederlage brachte der Jahn aus den letzten drei Partien mit.

Bei näherer Betrachtung musste die Begegnung also keineswegs die „klare Sache" sein, für die sie gehalten wurde. Der Traditionsclub vom Rhein gegen den Underdog aus Äquatornähe? – Pustekuchen! Das Spiel wurde bemerkenswert, allerdings aus anderen Gründen.


Aufstellung:

Trotz der angeblichen Favoritenrolle: Stani hatte sich für die defensivere „Tannenbaum-Variante" mit Dreifach-Sechser in Person von Lehmann, Matuschyk und Strobl entschieden, die ja schon gegen Paderborn prima geklappt hatte, Sascha Bigalke musste zunächst auf der Bank Platz nehmen. Nach engagierten Leistungen in den letzten Spielen durfte diesmal Adil Chihi von Beginn an ran – was aber wohl auch der Tatsache geschuldet war, dass Christian Clemens zurzeit außer Form ist.


Spielverlauf:

Aus Effzeh-Sicht überaus unerfreulich: Nur fünf Minuten dauert es, bis Regensburgs Müller die Unterkante der Latte trifft und der Ball unhaltbar für Timo Horn hinter der Linie landet. Nun gut, Schwamm drüber, sagt sich der gemeine Effzeh-Fan – schließlich sind wir in Regensburg und haben 85 Minuten Zeit, den Dreier einzufahren. Allerdings: Je länger das Spiel dauerte, desto weniger wurde es zu der berühmt-berüchtigten „klaren Sache".

Über die 1. Halbzeit müssen deshalb nicht viele Worte verloren werden – der Effzeh fand (leider) keine Mittel, die geschickt stehenden Regensburger auszuspielen und die Abwehrreihe zu „knacken". Im Gegenteil: Immer wieder kamen die Gastgeber in gefährliche Positionen vor den Kasten von Timo Horn – zeitweise fassungslos musste man registrieren, dass dafür simpelste Spielzüge ausreichten. Die IV mit Maroh und Wimmer wirkte dabei keineswegs so stabil wie in den letzten Partien. Mehr als einmal musste Timo Horn das Gehäuse weit verlassen, um im Stil eines Vorstoppers – die Älteren unter uns werden sich an diese zu Recht vergessene Position erinnern – zu klären.

Die beste Effzeh-Chance in Halbzeit Eins gab es in der 19. Minute, als Adil Chihi Miso Brecko schickte, und der blitzsauber in Richtung langer Pfosten flankt, Ujah aber einen Hauch zu spät kommt. Chihi selbst versucht es dann in der 35. Minute selbst aus 2. Reihe – sein Hammer-Schuss ist leider ziemlich unplatziert. Riesen-Glück für den Effzeh in der 40. Minute: Müller läuft allein auf das Tor zu, bedient Djuricin, der dann freistehend das leere Tor um wenige Zentimeter verfehlt. Fazit der 1. Halbzeit: Der Effzeh eifert den Schweden nach: Nach vorne harmlos, in der Abwehr leicht auszuspielen. Und kein Spieler, der die Lücke zwischen Defensive und den Spitzen sinnvoll zu gestalten vermag.

Weil Holger Stanislawski sich das sicher etwas anders vorgestellt hatte, dürfte die Halbzeitansprache ziemlich deutlich ausgefallen sein. Der Effzeh mühte sich dann auch redlich – doch trotz deutlich größerer Spielanteile kam nichts Zählbares heraus. Im Gegenteil: In der 67. Minute bringt Kapitän Brecko seinen Gegenspieler im Elfmeterraum zu Boden – Ex-Effzehler Christian Rahn verwandelt den fälligen Elfer sicher. Schiri Kempter muss sich allerdings die Frage gefallen lassen, warum er gegen Ende der 1. Halbzeit dem Effzeh in vergleichbarer Situation den Elfmeterpfiff verweigerte.

Bereits zuvor hatte Holger Stanislawski Bigalke für den schwachen Matuschyk gebracht sowie Tobias Strobl gegen Kacper Przybylko ausgetauscht – Offensive für Defensive. Besonders Bigalke brachte mehr Schwung nach vorne.

Trotzdem: Wahrscheinlich hatte sich der Effzeh schon mit einer Niederlage abgefunden, als irrsinnige sechs Minuten begannen: In der 87. Minute versucht sich Daniel Royer mit einem Fernschuss, den Abpraller stochert Anthony Ujah im „2. Versuch" über die Linie. Drei Minuten später bringt Dominic Maroh nach einer Ecke das Leder zum Ausgleich unter. Der Effzeh drückt, will mehr. In der 93. Minute schließlich trifft Sascha Bigalke per Fernschuss zum Tor – der Jubel der 2000 mitgereisten Effzeh-Fans kennt keine Grenzen.


Spieler im Fokus:

Timo Horn: Und wieder eine sehr starke Leistung. An den beiden Treffern hat der Youngster keine Schuld, vielmehr mit viel Einsatz und tollen Paraden Schlimmeres verhindert.

Sascha Bigalke: Irgendwie geht es nicht mehr ohne ihn. Er setzt die entscheidenden offensive Impulse, baut den lange vermissten Druck auf.

Adil Chihi: Licht, aber auch viel Schatten. Bemüht, aber oft ohne das nötige Glück. Zumindest phasenweise nicht ohne Eigensinn.

Anthony Ujah: Mit Timo Horn der beste Spieler des Effzeh: Ständig in Bewegung, ein Unruheherd. Allerdings viel zu oft auf sich allein gestellt. Toll, dass sein Einsatz wieder mit einem Tor belohnt wurde.

(Ein kleiner Nachtrag: Ujah war es auch, der nach einer Party mit den Fans auf einem Rastplatz twitterte: „Wir haben heute nicht die beste Leistung gezeigt, aber einen guten Charakter." Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Und es ist die wichtigste Eigenschaft, in der sich die Mannschaft von der Truppe der Vorsaison unterscheidet. Dem Effzeh-Fan macht es richtig Spaß, das an jedem Spieltag neu zu entdecken.)


Fazit:

Ein irres Spiel. Regensburg war über weite Strecken die bessere Mannschaft, die sich optimal auf den Gegner eingestellt hatte. Aber der Effzeh hat den Dreier in wenigen Minuten einfahren können. An solchen Spielen wächst eine Mannschaft, weil sie die Erkenntnis gewinnt, dass man nicht immer der Bessere sein muss, um eine Begegnung zu gewinnen. Nun muss der Effzeh im heimischen RES Kaiserslautern den (roten) Teufel austreiben. Und dafür gilt:

COME ON EFFZEH!!!!