Tolles Gefühl hier zu sein! Mein Blick schweift über den wolkenbedeckten Himmel über mir. Der Wind weht sanft über das saftige Gras auf dem ich liege. Irgendwie duftet es nach tausenden Blumen. Nicht in meiner unmittelbaren Nähe- aber sicher hier irgendwo abgelegt.... zu tausenden.
Rund herum herrscht eine leicht bedrückende Stille. Im Hintergrund Glockenschläge.

Unendlich viele: ....

62,63,64.... Jedem der Anwesenden hier im Stadion geht etwas anderes durch den Kopf in diesem Moment.

65,66,67... der etwas traurig dreinblickende Herr gleich hinter dem Tor sieht in scheinbar verschwommenen, schwarz weissen Bildern entsetzte Menschen, die sich gegen Zäune pressen..verzweifelt.

68,69,70... eine Frau wischt mit einem Taschentuch über ihre Augen, noch vor 25 Jahren und ein paar Stunden war sie glücklich, verliebt, fast verheiratet. Noch einmal sieht sie das Gesicht ihres Liebsten vor sich, als stünde er wirklich neben ihr.

71,72,73.... der kleine Junge neben ihr greift nach der Hand seines Vaters. In diesem Moment denkt er an den vergangenen Sonntag. Wie sich die Spieler seiner Lieblingsmannschaft in den Armen lagen, nach dem Sieg gegen ManCity. Glücklich-und doch irgendwie traurig.

74,75,76... ein alter Mann mit Hut sieht die selben Bilder wie schon vor 25 Jahren.. Viel zu viele Menschen strömen in den Block,Ordnungskräfte sind überfordert ,schauen weg. Sehen nicht mehr was längst schon offensichtlich ist.

77,78,79.... die zwei Punks in den hinteren Sitzreihen sehen immer wieder Teile der Fan-Choreografie vom Wochenende in Anfield: "25" - "96" - "The Kop"

80,81,82 .. der Security Mann der an der Bande steht wehrt sich erfolglos gegen die Bilder in seinem Kopf. Menschen die im Gedränge stürzen, von nachfolgenden zertrampelt werden. Er war schon damals hier im Stadion. An diesem schrecklichen Tag.

83,84,85.... Hände suchen und finden andere Hände, halten sich an ihnen fest.

86,87,88... 24.000 Menschen, 24.000 verschiedene Gedanken. Ich kann jeden einzelnen lesen, visualisieren.

89,90,91... ich renne durch die Sitzreihen, jeder kann den Windzug spüren den ich beim vorbelaufen bei ihm hinterlasse, viele beginnen zu lächeln.

92,93,94.... dann bleibe ich abrupt stehen. Ein großer kräftiger Mann steht vor mir. Seine Hände vor dem Körper verschränkt, der Blick gesenkt. Ich stupse ihn an.. er spürt es irgendwie, schaut in meine Richtung, Tränen rinnen über seine Wangen. Aber auch er lächelt nun..

95..... Steven Gerrard streicht mir sanft das viel zu lange Haar aus der Stirn. "Ich hoffe es geht Dir gut da oben, Jon-Paul." flüstert er.

...96!

Stille..... Auf dem Rasen des Stadions an der Anfield Road liegen Fanschals.. viele Hunderte davon. Sie liegen dort in Form einer großen 96 , in Gedenken an die 96 Opfer der Hillsborough Katastrophe vom 15. April 1989. Einer Katastrophe die so hätte niemals passieren dürfen, die aber trotzdem eintrat. Schuldzuweisungen gab es seither viele. Veraltete Stadioneingänge, zu wenig Drehkreuze am Einlass, falsch agierende Polizisten und Ordnungkräfte, undisziplinierte Fans. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte und seit gut zwei Wochen werden die Ereignisse im Hillsborough-Stadion auch erneut juristisch aufgearbeitet.
Das Unglück trug damals langfristig dazu bei, dass es seither in den meisten englischen Stadien nur noch Sitzplätze und keine Zäune mehr gibt. Das Vereinswappen des FC Liverpool wurde um zwei Fackeln an den Flanken sowie den Satz "You"ll never walk alone" ergänzt.

Tödliche Falle: Dieser Block war vollkommen überfüllt.

Wichtiger sind aber im Grunde die Gedanken der Menschen, die Gesten, der Wunsch, dass so etwas nicht wieder passieren darf. Die vielen Schals auf dem Rasen repräsentieren das. Zugeschickt aus vielen verschiedenen Ländern, von Vereinen - auch verschiedenster Sportarten. Um zu sagen: "Wir sind bei euch, wir trauern mit euch. Und niemand sollte beim Besuch eines Fussballspiels sein Leben lassen müssen."
Selbst im Stadion des Erzfeindes FC Everton wurde die Trauerfeier auf einer Großbildleinwand übertragen. Mitgefühl und Solidarität - wahrlich die feine englische Art.

Alles im Lot?

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13. Januar 1991: Bei Ausschreitungen von Fußball-Fans während eines Freundschaftsspieles in der südafrikanischen Stadt Orkney kommt es zu einer Panik. Die Folge sind 42 Tote.

16. Oktober 1996: Vor dem WM-Qualifikationsspiel zwischen Guatemala und Costa Rica ist das Stadion in Guatemala-Stadt mit 45 000 Zuschauern bereits überfüllt. Dennoch versuchen weitere Fußball-Fans einzudringen. Es entsteht Panik, die Folge sind 84 Tote, 147 Menschen werden verletzt.

11. April 2001: Tausende Fans drängen zu den Eingängen des Ellis-Park-Stadions in Johannesburg (Südafrika), das mit 60.000 Zuschauern bereits gut gefüllt ist. Laut Augenzeugen geht die Polizei mit Tränengas gegen die Menge vor. Insgesamt kommt es zu 43 Toten.

9. Mai 2001: Bei einem Spiel in Accra (Ghana) werfen verärgerte Fans Plastiksitze auf das Spielfeld. Als die Polizei Tränengasgranaten abfeuert, kommt es zu einer Massenpanik. Die Tore der Arena, in der sich rund 70 ?000 Menschen aufhalten, sind aber verschlossen. 126 flüchtende Besucher werden totgetrampelt.

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Trauer & Mahnung

Dies alles sind Beispiele, dass auch nach Hillsborough noch Katastrophen in Fussballstadien passieren. Vieles bleibt noch zu tun, die Verantwortlichen sind weiterhin in der Pflicht. Jedoch hat Hillsborough sensibilisiert. Vieles wurde verbessert, sicherer gemacht. Sinnvolle Gesetze und Auflagen an Vereine wurden erlassen.

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Für 96 Zuschauer, die meisten im Alter zwischen 15 und 30 Jahren, kam 1989 jede Hilfe zu spät, sie kamen bei der Tragödie ums Leben. Darunter auch das jüngste Opfer, der erst zehn Jahre alte Jon-Paul Gilhooley,
Cousin des derzeitigen Kapitäns des Vereins und der englischen Nationalmannschaft, Steven Gerrard.