Die WWE steht für Wrestling und Entertainment. Doch in erster Linie vielleicht doch eher für Entertainment - so steht es zumindest im Namen und auf der To Do Liste. Um diesen Entertainment Factor an den Mann zu bringen, stellt die WWE ihre besten Unterhändler für diese Aufgabe ab: die Faces! – oder auch Superhelden genannt. Ihre Kämpfe für Recht und Ordnung, als Gute gegen das Böse, als Protagonist gegen Antagonist oder einfach als Batman gegen Joker in PG Version - sollen sie dem Publikum in den Hallen und den Millionen zuhause – ein gutes Gefühl vermitteln, des mit Fieberns, Bangens und Hoffens, dass der hassenswerte Gegner als Verlierer den Ring verlässt. Wenn der fiese dann tatsächlich gedemütigt, kleinlaut oder mit BBQ Soße vollgespritzt unter einen freundlich lächelnden Muskelberg begraben zurückbleibt, dann, ja dann sind wirklich alle Fans glücklich und können gemeinsam ausgelassen feiern. Während man beim Jubelrausch in Gedanken versinkt denkt man sich…

…STOP! Man lässt den Film vor dem geistigen Auge noch einmal Revue passieren. Dabei schießen einem mehrere Fragen durch die verkalkten Hirnwindungen. Erstens: ist mein allgemeines Auftreten durch die letzte Jack Daniels Flasche begründbar? Zweitens: warum freue ich mich für den tanzenden Strahlemann in der Badehose? Drittens: wer zum Teufel ist dieser zwölfjährige Junge in dem grünen Shirt der mich die ganze Zeit schief angrinst? Und Viertens: Warum nur Vince?

Diese oder auch ähnliche Fragen könnten einem geneigten Wrestling Fan bei einem WWE Match mit Beteiligung eines Faces aufkommen.

Nun stelle man sich die WWE als großes – mit (Salz)Wasser gefülltes - Schwimmbecken vor. Wenn die WWE, in dieser bildlichen Veranschaulichung, vor zehn Jahren ein gefährliches Haifischrevier war, dann ist dieses Gebiet heute mit freundlich kichernden Helium Delfinen (U can’t see me!) verseucht. Gegen diesen Trend kann selbst der Pseudo-Japaner (Lord? Nach neuesten Tendenzen wohl eher Fort – ok das war echt ein schlechtes Wortspiel). Jedenfalls gegen diesen Trend kann auch ein Delfinjagender Heel-Japaner nicht anstinken. Aber vielleicht sollte die WWE dafür auch einfach die richtigen! Japaner scouten.

Dies alles muss aber bei Leibe keinen schlechten oder gar negativen Einfluss auf das Produkt Wrestling haben, wenn die WWE sich dabei nicht solch große Mühe geben würde. Kein Fettnapf ist zu groß, keine Peinlichkeit zu unangenehm. Ich habe nichts gegen die Einstellung der Faces. Hustle, Loyalty, Respect *hust*, nur sollten diese Adjektive nicht nur auf einem grünen Shirt stehen, der Athlet sollte diese auch dementsprechend verkaufen können. Wenn ich eine Be a Star Kampange am laufen habe, sollte die wichtigste Persönlichkeit sich auch im „falschen" Leben so verhalten. Hierbei sind wir bei meiner größten Kritik, neben der viel zitierten einseitigen Darstellung der Betroffenen angekommen: nämlich sind Faces wirklich noch die Netten? Die erhofften Schwiegersöhne? Oder am Ende doch nur böse Bullys?
Objektiv ist dies schwer zu beurteilen. Subjektiv zeichnet sich mir aber ein klares Bild ab. Ich will von einem Vorbild nicht sehen wie man wehrlose Kommentatoren Demütigt und sie mit BBQ Soße einschmiert bis sie darin sogar ertrinken könnten. Ich will von ihnen nicht sehen wie sie feige nach einem Match den siegreichen Bösewicht niederstrecken. Sie sollen keine Autos klauen, Schiris umtreten oder ihren Vorgesetzten diffamieren. Sie sind keine Steve Austins, und wenn muss man sie auch Konsequenter in diese Richtung booken, statt sie sich wieder und wieder sich entschuldigen zu lassen ohne sichtlich etwas dabei zu bereuen oder aus den „Fehlern" zu lernen.

Dieser Umstand bewegt einen immer mehr dazu die Heels mit lauten zurufen zu würdigen und die dafür vorgesehene Zielperson links liegen zu lassen. Zu dieser Gesamtsituation kommt ein weiterer lähmender Part hinzu, der das Fass mancher Orts zum Überlaufen bringt. Dies ist schlicht und ergreifend die übernehmende Dominanz der aufgezwungenen Fanlieblinge. Eine elendslange Zeit quer durch Winter, Frühjahr und Sommer gab es nur Face-Champions. Heels verkommen als Aufbaugegner und verlieren an Substanz und Ernsthaftigkeit. Lieber gibt man einen Midcard Titel einem Comedy Act, anstatt eine sinnvolle Fehde darum aufzubauen. Meiner Meinung nach Endet und ist die WWE in einem Glaubenskrieg angekommen. Was wollen sie uns sagen? Wo wollen sie hin? PG TV schön und gut. Blut verlangt auch keiner. Zielgruppe ist eben eine andere. Gesellschaft hat sich gewandelt. Zeiten ändern sich nun Mal. Hoffentlich nicht nur für Bushido – wobei, nein lassen wir das.

Faces sollten wie oben angedeutet positive Reaktionen vom Publikum ziehen. Sie sollten bei betreten der Halle gefeiert werden. Doch das werden sie schon lange nicht mehr. Wobei das schon fast übertrieben klingt.. Jedenfalls bei John Cena sind die Reaktionen schon lange Ziegespalten, doch immerhin zieht er welche, bei Sheamus könnte man meinen es benötigt eine PokeFlöte um die Hallenbesucher aus ihrem Relaxösen Schlaf zu befreien. (Ich kann auch so tolle Wörter wie Barney Stinson erfinden…). Dies ist das Ergebnis, dass die WWE ihren Zuschauern die Charaktere gerade zu aufzwingt. In Stereotypen gezwängt lässt man sie ins Becken, doch viele werden schon vor den ersten Schwimmzügen gefressen, nicht vor den meist lächerlich schwachen Bösewichten, nein, sondern von dem intelligenten Live-Followern auf den Rängen, deren Alter Booker T’s gefühlten übersteigen.

Die WWE steht am Scheideweg – und das seit vielen Jahren. Will man was erreichen und auf längere Zeit Erfolg haben, MUSS man Face sein. Talente wie Dolph Ziggler, Cody Rhodes oder Antonio Cesaro können sich als Heels nicht langfristig im Main Event platzieren. Ein Turn ist hier stets von Nöten, da man sie ständig und immer Widerkehrend Sheamus und Co. zum Fraß vorwirft.

Unter dem Strich bleibt zu sagen: Faces sind in der Gegenwart out. Die Zeiten eines Rocks und Austins sind vorbei. Cool ist der böse Underdog. Keiner will mehr die lieben siegen sehen. Zumindest alle die nicht auf langweiligen Personenkult stehen. Cena-Kinder-Fan-Boys ausgenommen. Rebellion ist angesagt – Go Punk! Und die WWE versucht nichts dagegen zu tun. Viel mehr unterstützt sie diesen Trend – die Faces „cooler" und interessanter dazustellen wäre auch zu anstrenend. Müsste man sich ja eine Geschichte ausdenken. Als Schlusswort darf die oft zitierte aber nie erreichte weise Kalk Wand aus Irland grüßen.