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Blogpokal 2013/2014


Gründer: RoterBulle92 | Mitglieder: 58 | Beiträge: 25
Von: Der_Typ
17.02.2014 | 2422 Aufrufe | 11 Kommentare | 2 Bewertungen Ø 10.0
Ich kann mich nicht erinnern...
...am Tag danach
Black-Out

Ich wache auf und weiß nicht mal wie spät es ist. Die Jalousie vor dem Fenster ist bis auf ein paar gebrochene Lamellen zu und doch versucht die Sonne unbarmherzig in das Innere meines Zimmers einzudringen. Der Versuch meine Augen aufzumachen scheitert kläglich; Augenlider sind einfach zu schwer.

Mein Kopf fühlt sich an, als wäre er größer als das Kissen. Dieses sollte eigentlich weich und bequem sein, doch irgendwie verursacht es nur Schmerzen. Es fühlt sich an, als wenn jemand versucht hätte, letzte Nacht eine Axt in meiner Stirn zu begraben.
Nach ein paar Minuten schaffe ich es genügend Kraft zu sammeln, um meine Beine aus dem Bett zu schwingen. Anstatt aber auf dem flauschigen Teppich zu landen, tritt mein rechter Fuß in eine Pfütze aus Whiskey, die sich aus einer umgefallenen Flasche über den Boden verteilt hat.

Was soll der Scheiß denn?, geht es mir durch meinen zwischen den Beinen hängenden Kopf. Eine Revolte beginnt in meiner Nackenmuskulatur, als ich versuche meinen Betonklotz von einem Kopf etwas an Höhe gewinnen zu lassen. Meine brennenden Augen wandern durch das Zimmern. Und was ich sehe ist erschreckend. Mein Zimmer sieht aus wie Dresden ´45. Der Schreibtisch ist verwüstet, Papierfetzen überall, die Lampe zersplittert. Tasten von der Tastatur liegen über dem Boden verstreut, der Bildschirm ist zerstört und die halbe Tastatur steckt drin. Die Tür zum Zimmer steht offen, hat aber ein Loch in der Seite. Sieht aus, als hätte jemand mit der Faust auf die Tür eingeschlagen. Mein Blick geht weiter zum Kleiderschrank. Dort hängen T-Shirts heraus, Klamotten sind von den Kleiderbügeln gefallen, Knöpfe sind von Hemden abgerissen.

Was ist denn hier los?

Mühsam erhebe ich mich vom Bett und bahne mir langsam einen Weg durch das Chaos Richtung Badezimmer. Wenn ich sagen würde, ich hätte die volle Kontrolle über meine Beine, würde ich lügen. Es fühlt sich eher an, als würde ich versuchen zwei Holzstämme durch die Wohnung zu schleifen.
Im Bad angekommen suche ich den Lichtschalter. Da ich aber noch nicht vollkommen Herr meiner Sinne bin, fummele ich an der Wand rum und reiße mir erstmal einen Finger an einem alten Nagel auf, der noch in der Wand steckt. Der Finger wandert in den Mund und eine Welle von Flüchen aus diesem heraus. Am Ende finde ich den Lichtschalter doch noch und lege ihn um. Nach einem kurzen Moment, der sich wie eine halbe Ewigkeit anfühlt, fängt sich die mit dunklen Flecken überzogene nackte Glühbirne an zu erleuchten. Blinzelnd schaue ich die Birne an, warte bis sie sich gefangen hat und ihr liebliches schwachgelbes Licht in den kleinen gekachelten Raum wirft. Ich trete vor das Waschbecken und drehe den Wasserhahn auf. Weiter komme ich aber nicht, da sich mein Oberkörper verselbstständigt, sich nach vorne beugt und meinen Kopf gegen den Spiegel sinken lässt. Für einen kurzen Augenblick lässt die kühle Oberfläche den Schmerz in meinen Kopf etwas vergessen. Nach ein paar Sekunden führe ich meine Hände zusammen, fange Wasser damit auf und klatsche es mir ins Gesicht. Zwischen den Wimpern haben sich Wassertropfen gesammelt, aber ich kann sehen. Und was ich sehe ist schrecklich. An meiner Nase klebt getrocknetes Blut und ist halb auf meine Wange verschmiert. Das Unterhemd, dass an meinem verschwitzen Körper klebt hat auch schon bessere Tage gesehen; rötliche Flecke (Blut), gelbliche Flecke (Whiskey), Erbrochenes (Döner).

...gestern..., geht es mir durch den Kopf.

Ich bin immer noch nicht Herr der Lage, dennoch mache ich mich auf den Weg Richtung Küche. Hätte ich mir auch sparen können. Der Küchenboden ist übersät mit Glas- und Keramikscherben. Da ich nicht unbedingt in der Stimmung bin, mir meine Fußsohlen aufzuschneiden, ist damit die Route zum Kühlschrank erstmal versperrt. Also drehe ich mich wieder um und schleife meinen Körper an der Wand entlang ins Wohnzimmer.
Hier das gleiche Trauerspiel: Stühle sind umgeworfen, die Polsterung der Couch ist aufgeschlitzt; das Katana steckt sogar noch drin, der Fernseher zeigt Kampf Schwarz gegen Weiß, weil der Kabel-Receiver komplett zerschmettert wurde. Ich lasse meinen Blick ungläubig über das Trümmerfeld gleiten. Wenn ich meinen Kopf schütteln könnte, würde ich das wohl tun. Neben mir, zwischen den Blättern der einzigen Topfpflanze in der ganzen Wohnung, entdecke ich eine bräunliche Flasche, die noch halbvoll zu sein scheint.
Konterbier...warum nicht??, denke ich und gieße einen großen Schwall in meinen trockenen klebrigen Mund. Das Bier ist zwar lauwarm und schon etwas schal, trotzdem tut es seine Wirkung. Ich lasse mich in den Sessel fallen, Kopf in den Nacken, Daumen und Zeigefinger massieren meine Augen und Nasenwurzel.

Mein Gott, kann ich mich denn an gar nichts erinnern?

Auf einmal bemerke ich, dass der Kaffeetisch in der Mitte des Zimmers komplett unversehrt ist. Auch mein Laptop steht auf der gemaserten Oberfläche und guckt mich mit seinem dunklen Display an. Die Power-LED ist an, Bildschirmschoner muss wohl aktiv sein. Kraftlos bewege ich langsam meine Hand zum Maus-Pad. Das Schwarz auf dem Display verschwindet und zeigt mir das Letzte, was meine Augen auf dem Bildschirm wahrgenommen hatten








Mir stockt der Atem, mein Körper wirkt auf einmal schwerer als er vorher schon war. Ich kann meine Hand nicht mehr bewegen. Langsam wandern meine Augen nach links, dann nach rechts und nehmen das komplette Bild des Wohnzimmers nochmal in sich auf. Dann geht es zurück zum Bildschirm. Auf einmal kann ich sogar wieder sprechen, es kommen aber nur drei Worte raus:


ACH, DU SCHEISSE!!!

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