Rückblick

7.2.2016, Santa Clara California, kurz nach Beginn der Presse Konferenz steht Newton auf und verlässt den Saal ohne auch nur eine Frage beantwortet zu haben. Zuvor hörte man Chris Harris jr. auf der anderen Seite des Raumes, welcher nur durch einen Vorhang geteilt wurde, wie er davon sprach, wie einfach es für die Broncos Defense gegen eine für ihn vorhersehbare Panthers Offense um Newton war.
Zuvor dominierte die historische Broncos Defense über 60 Minuten und war so der Garant für den 24-10 Sieg. Für die Panthers war es das traurige Ende einer bis dahin absoluten Fabel Saison. Es dauerte bis Week 16, ehe man die erste und bis zum Super Bowl auch einzige Niederlage der Saison einstecken musste. In den Playoffs rollte man teilweise über Seattle und Arizona bis man im Super Bowl fast schon kollabierte und mit haarsträubenden Fehlern auch selbst maßgeblich zur Niederlage beitrug.
Grundstein für die trotzdem herausragende Saison war neben der Defense (6th in YPG und Points allowed) die überraschend starke Offense, die trotz des Ausfalls von WR #1 Kelvin Benjamin die meisten Punkte erzielte. Grund dafür war vor allem das starke Laufpiel (2. Bei YPG und die meisten Runplays) um Jonathan Stewart, Cam Newton und eine starke interior Offensive Line.

Im Passspiel machte man aus der Not eine Tugend und agierte mit Ted Ginn Jr (739 Yards/10 TDs) und Corey "Philly" Brown (447 Yards/ 4TD) oft mit zwei Speedstern, welche stets eine Gefahr im vertikalen Passspiel darstellten und so gegnerische Safeties beschäftigten. Newtons Go to Guy war aber einmal mehr TE Greg Olsen, der eine herausragende Saison spielte und sich mit Newton mittlerweile fast blind versteht.

Free Agency

Auch in diesem Jahr hielten sich dich Panthers, während der FA zurück und beschränkten sich darauf ihre eigenen Free Agents zu halten. Namentlich sind dabei vor allem Allzweckwaffe und Human Wrecking Ball Mike Tolbert(1,475mio/1) und DE Charles Johnson (2,562mio/1) zu nennen. Vor allem die Verlängerung Johnsons galt bei vielen Experten als einer der besten Deals der Offseason. Gleichzeitig ist sie auch eine Bestätigung für Gettleman und Rivera die in den letzten Jahren sehr viel Wert auf die Stimmung innerhalb der Franchise und des Lockerrooms gelegt haben, sagte Johnson doch im Nachhinein, dass er trotz finanziell attraktiverer Angebote für kein anderes Team spielen wollte.

Dennoch sorgte man kurz vor dem Draft für einen der Aufreger der Offseason, als man den Franchise Tag von Josh Norman nach zuvor erfolglosen Vertragsverhandlungen zurückzog und ihn nach Washington ziehen ließ. Begründung: Man wollte während der Camps keine Ablenkungen durch Holdouts und der gleichen riskieren und damit die Teamchemie gefährden. Obwohl der Move, ob der bevorstehenden Verhandlungen mit den DT's Short und Lotulelei (5th Year Option gezogen), Sinn macht, ist er aber auch ein deutliches Zeichen an alle künftigen FA und vor allem an die Defensive Backs, dass jeder ersetzbar ist.

Einzig nennenswerte Verpflichtung war DT Paul Soliai von den Falcons, welcher für 7mio und 2 Jahre unterschrieb.

Zugänge:
DT Paul Soliai - 7mio/2Jahre

C Gino Gradkowski - 3,15mio/3Jahre

Abgänge:

CB Josh Norman - Washington Redskins
DT Dwan Edwards - karriereende

WR Jerricho Cotchery

DE Frank Alexander

SS Roman Harper

Draft

1st Round:
Vernon Butler DL Louisiana Tech. Gettleman selbst sagte nach dem Draft, dass er sehr überrascht war, dass Butler an 30 noch zu haben war und er nicht widerstehen konnte einen so talentierten Spieler (Stichwort: Hog Molly) zu draften, auch wenn man auf kaum einer anderen Position so gut besetzt ist wie auf DT.

2nd Round:
James Bradberry CB, Samford. "Was? Wer?" So ungefähr kann man sich wohl die Reaktionen direkt nach der Verkündung des Picks der Panthers Fans vorstellen und auch bei den Experten galt der Pick als Reach. Dabei hat Bradberry physisch alle Anlagen, die die Panthers auf Cornerback so schätzen: 6'1, lange Arme und sehr athletisch.

3rd Round:

Daryl Worley CB, WVU. Im Grunde kann man hier das gleiche schreiben wie bei Bradberry. Ebenfalls 6'1 und mit allen physischen Voraussetzungen um in dieser Liga Erfolg zu haben, aber auch bei ihm wird einiges an Arbeit auf Steve Wilks (Defensive Backs Coach) kommen.

5th Round:

Zach Sanchez CB Oklahoma. Der dritte Corner im Bunde unterscheidet sich zu mindestens körperlich von seinen beiden Kollegen. Mit 5'11 besitzt er nicht gerade Gardemaß und ist auch ansonsten deutlich weniger physisch als Bradberry/Worley. In Oklahoma folgte er regelmäßig dem gegnerischen No.1 Receiver über das Feld, in der NFL wird er wohl vorzüglich im Slot zum Einsatz kommen, kann aber im Zweifel auch Outside spielen.

weitere Rookies:
7th Round: Beau Sandland, TE

UDFA Jeremy Cash, SS/LB

UDFA Keyarris Garrett, WR

Sandlands und Garretts Chancen auf einen Rosterspot sollten fast nicht existent sein, beide haben aber gute Chancen auf einen Platz im Practise Squad. Jeremy Cash, der vor dem Draft als sicherer Midroundpick galt, konnte bis zu seiner Verletzung im Training als Hybrid LB durchaus überzeugen (nach 2 Pre Season spielen mit der 2. Besten PFF Grade aller Rookies) und sollte, sofern er es nicht in den endgültigen 53er Kader schafft seinen Platz im Practise Squad sicher haben.

Coaches

Machen wir es kurz, hier hat sich im Vergleich zur letzten Saison fast gar nichts getan. Trotz Interviews für HC Jobs blieben McDermott und Shula letztlich in Charlotte und auch sonst gab es kaum nennenswerte Veränderungen.

Offense

QB: Viel klarer kann die Rollenverteilung hier nicht sein. Newton spielte seine bisher beste Saison in der NFL und ist trotz Elite Defense der Hauptgrund für den Erfolg des Teams. Was ihn dabei so gefährlich macht ist neben seinem Arm vor allem die Fähigkeit selbst zu laufen (2015: 636 Yards). Dies eröffnet ihm natürlich auch im Passpspiel viele Möglichkeiten. So resultierten 29,8% aller Pässe Newtons aus Play-Action Fakes jeglicher Art. Oftmals agierte Newton dabei aus der Shotgun via Read Option. Das Resultat: 13 TD's und eine Completion Percentage von 63,3% (ca 3,5% höher als seine gesamte Completion Percentage). Hinter dem MVP steht mit Derek Anderson einer der besseren Backups dieser Liga bereit, bei dem man keine Angst haben muss, wenn er mal für ein oder zwei Spiele übernehmen muss.

RB: Auch hier sind die Rollen klar verteilt. Jonathan Stewart ist die klare #1 im Backfield, hat allerdings in seiner Karriere schon häufig Verletzungssorgen gehabt. Damit zu planen, dass er 16 Spiele + Playoffs spielen kann wäre fahrlässig. Dahinter streiten sich Fozzy Whittaker und Sophomore Cameron Artis-Payne um Snaps. Wobei Whittaker die Nase dort zurzeit noch vorne hat und auch als Receiving Back eingesetzt werden kann. Auch Brandon Wegher, von dem die Coaches weiterhin viel halten hat noch Chancen auf den Kader, bei ihm sieht es aber wieder stark nach Practise Squad aus.
Technisch gesehen kein Running Back, sondern eher Fullback ist Mike Tolbert, der im Backfield eine Art Mädchen für alles ist. Blocken,Laufen oder als Checkdown für Newton, auf ihn kann man sich eigentlich immer verlassen.

WR: Kelvin Benjamin ist zurück ! Und damit ist er wahrscheinlich sogar der größte Neuzugang (im wahrsten Sinne des Wortes) für die Panthers. Nach seinem Kreuzbandriss im Trainings Camp letztes Jahr muss er jetzt zeigen, dass er an seine starke Rookie Saison (1008 Yards / 9TD) anknüpfen kann.

Wer ihm gegenüber starten wird ist dagegen noch nicht klar. An Alternativen mangelt es aber nicht und es könnte je nach Gegner und Situation durchrotiert werden. Am Ende würde es nicht überraschen, wenn Ginn, Brown und Funchess auf eine ähnliche Anzahl von Snaps kommen.

Da Benjamin mit 6'5 und ca 110kg eher über seine Power kommt, könnte das die Chance für Ginn und Brown sein, die als Deep Threat das Feld öffnen und einen Safety binden können.

Dahinter lauert mit Devin Funchess (6'4 und 107kg) ein weiterer Riese, der nach seiner zunächst holprigen Rookie Saison mit einer Menge Drops so etwas wie der Star des Training Camps war und dort sowohl Coaches als auch Fans sehr beeindruckt hat.

TE: Klare Rollenverteilung auch bei den Tight Ends. Greg Olsen ist der Starter. Nach seiner statistisch besten Saison (1104 Yards/ 7TDs) wird er auch dieses Jahr wieder eines der Hauptziele für Newton sein. Zugutekommen dürfte ihm dabei auch die Rückkehr von Benjamin, hatte er es doch letztes Jahr als erste Option häufig mit Double Coverage zu tun.

Dahinter wird wieder Ed Dicksonon in 2 TE Sets spielen, der allerdings auch eher als Receiver denn als Blocker glänzt. Dahinter streiten sich 7th Round Pick Beau Sandland und Scott Simonson um einen Platz im Kader. Simonson verbrachte letztes Saison schon die ersten 5 Spiele im Practise Squad und war danach bis zum Super Bowl in jedem Spiel im Kader. Momentan sieht es so aus, als hätte er die Nase vorne.

Offensive Line: Erstmals seit Cam Newton in Carolina spielt, wird man mit einer bei den Startern personell unveränderten Offensive Line in die Saison gehen. Dabei bildet vor allem die interior Line um C Ryan Kalil das Prunkstück. Gerade im für die Offense so wichtigen Laufspiel machten Kalil (No 3), Turner (No 5) und Norwell (No 8 Runblocking Grade nach PFF) einen Herausragenden Job.

Leistungstechnisch fallen da die beiden Tackles Michael Oher, der nach PFF im Runblocking der schlechteste Tackle war und Mike Remmers, der vor allem in Passprotection Probleme hatte, ab. Bestes Beispiel dafür war wohl der Superbowl in dem die Broncos Linebacker angeführt von Von Miller Oher und Remmers gnadenlos ihre Grenzen aufzeigten.

Fazit: Die Offense wird auch 2016 wieder auf dem Run basieren. Durch die Rückkehr von Kelvin Benjamin und die erwartete Leistungssteigerung von Devin Funchess hat man aber auch im Passspiel deutlich mehr Optionen als noch im letzten Jahr. Dies lässt darauf hoffen, dass Jonathan Stewart im Zweifel etwas mehr Pausen bekommt, um Verletzungen vorzubeugen. Wie wichtig ein fitter Stewart für die Panthers ist, sah man u.a. in den letztjährigen Playoffs, im positiven (Divisional) und negativen (Super Bowl) Sinne. Auch die Auftritte der First Team Offense in der bisherigen Pre Season lassen auf ein verbessertes Passspiel hoffen. Mit Newton,Olsen,Benjamin und Funchess wird man auch in diesem Jahr wieder eines der effektivsten Teams in der Redzone sein (2015: No.1 69,44% aller Trips endeten in einem TD).

Defense

Defensive Line: GM Gettleman wird seit Amtsantritt nicht müde zu betonen, dass Footballspiele in den Trenches gewonnen werden. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass die Panthers seit 2013 fünf ihrer acht Erst- und Zweitrundenpicks in die Front 7 (davon 4 Lineman und einene LB) investiert haben.

Und man kann sagen es hat sich gelohnt: Kawann Short (2015 2nd Team All Pro) und Star Lotulelei bilden eines der besten Tackle Duos der Liga. Flankiert werden die beiden von Charles Johnson und Kony Ealy, bei dem man hoffte, dass er an seine starken Playoffs 2016 anknüpfen kann und den Panthers so neben Kawann Short einen weiteren konstanten Passrusher gibt.

Abwarten muss man, ob Johnson nach seiner Verletzung 2015 und den für seine Verhältnisse sehr schwachen Leistungen in den Playoffs nochmal an sein ursprüngliches Niveau anknüpfen kann.
Mit das größte Plus ist in diesem Jahr aber die Tiefe der Line. Hinter Short und Lotulelei warten mit Frist Round Rookie Butler und dem erfahrenen Kyle Love zwei Spieler, die bedenkenlos für Verschnaufpausen sorgen können. Auch auf DE ist man mit Addison, Delaire und Wes Horton solide aufgestellt. Mit Sicherheit auch eine der Lehren der letzten Saison, als man zwar Phasenweise gegnerische Offensive Line überrannte (siehe Packers oder Divisional Playoffs gegen die Seahawks), mit zunehmender Dauer des Spiels, aber keinen Passrush mehr generieren konnte.

Linebacker: Kommen wir zum Herzstück der Defense. Das Linebacker Corps zählt zu den absoluten Top Units der Liga und wurde im letzten Jahr durch Shaq Thompson nochmal verstärkt. Gerade in Coverage sucht das Trio um Kuechly, Davis und Thompson wohl seines gleichen. Vor allem von Shaq Thompson, der, Berichten zufolge, ein gutes Training Camp hatte, erwartet man nach seiner statistisch eher unauffälligen Rookie Saison, einen Sprung. Im Fall einer Verletzung steht mit AJ Klein ein mittlerweile erfahrener Backup bereit, der bereits letztes Jahr, während Kuechlys Ausfall gezeigt hat, dass er phasenweise einspringen kann, ohne dass die Defense zusammenbricht. David Mayo (5th Round Pick 2015) sollte nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen und ist eher für die Special Teams vorgesehen.

Secondary: Die Secondary stellt mit Sicherheit das größte Fragezeichen für die Panthers dar. Mit Bradberry und Worley wird man aller Voraussicht nach mit zwei Rookie Cornerbacks als Starter in die Saison gehen. Denkt man an letzte Saison zurück, als man den gegnerischen Top Receiver bei Josh Norman stets in guten Händen wusste, wird man solche Aufgaben dieses Jahr wohl nur über das Scheme lösen können. Während Secondrounder James Bradberry in der Pre Season bisher einen soliden Eindruck hinterließ, tut sich sein Gegenüber Worley bisher doch deutlich schwerer. Sollte sich herausstellen, dass Worley noch Zeit braucht, könnte Robert McClain, der letztes Jahr kurz vor den Playoffs verpflichtet wurde und als Starter in den Playoffs für seine Verhältnisse ordentlich spielte, einspringen. Der von seiner schweren Verletzung wieder genesene Bene Benwikere wird wohl wie auch letzte Saison schon hauptsächlich im Slot agieren, kann aber auch Outside spielen.

Auf Safety rückt Kurt Coleman nach seinem Careeryear (7 Interceptions und 90 Tackles) für Roman Harper auf SS, und macht so Platz für Tre Boston der erstmalig als Starter in eine Saison geht, aber 2014 zeitweise schon gestartet ist und 2015 auch regelmäßig Snaps sah.

Fazit: Die Defense wird auch in diesem Jahr wieder zu den besseren der Liga gehören. Die Front 7 gehört wohl mindestens in die Top 5 der Liga, die Secondary ist allerdings eine Wundertüte und wird den Verlust von Josh Norman nicht kompensieren können. Allerdings haben die Panthers auch 2013,2014 und auch in den Playoffs 2016 (Tillman, und Benwikere verletzt) gezeigt, dass sie eine personell wenig prominente Secondary mit Hilfe ihres Schemes und vor allem der überdurchschnittlichen Coverfähigkeiten ihrer LB kompensieren können.

Schafft es die Front 7 wieder, gegnerische Quarterbacks unter Druck zu setzen macht das erfahrungsgemäß auch den Job der Defensive Backs leichter, welche im Panthers Scheme vor allem eine Aufgabe haben: Turnover zu kreieren.

Special Teams

Lediglich der Spot des Kickers und Punters ist mit Graham Gano und Andy Lee schon sicher besetzt (2015: 30/36 FG).

Bei den Returns wird man wohl auch während der Saison immer mal wieder andere Kandidaten sehen. Neben Ted Ginn jr, Fozzy Whittaker und Brenton Bersin, bekommt hier in den bisherigen Pre Season Spielen vor allem WR Damiere Byrd seine Chance und macht das bisher (erst 3 Versuche) sehr ordentlich (31,5 Yards/pro Kickoff Return), was gerade im Vergleich zur letzten Saison (im Schnitt 18,5 Y/KR Platz 32) eine enorme Steigerung wäre.

Bei den Puntern verpflichtete man nach der Verletzung von Matt Scifres und den enttäuschenden Leistungen Swayze Waters (letztes Jahr in der CFL) Andy Lee per Trade aus Cleveland, für den man sogar einen 4th Rounder 2018 abgab und somit nun ein klares Upgrade gegenüber Bret Nortman im letzten Jahr hat.

Alles in allem fallen die Special Teams im Vergleich zum Rest des Teams aber deutlich ab, war 2015 mit Platz 18 (nach weighted DVOA von Football Outsiders) aber immerhin Durchschnitt. Zum Vergleich 2014 belegte man hier noch Platz 30.

Schedule

Im letzten Jahr wurden die Panthers trotz 14-0 Starts lange Zeit belächelt und dabei auf den so leichten Schedule verwiesen. Damit sollten sie in diesem Jahr eher weniger Probleme haben, denn mit der AFC & NFC West muss man gleich zwei der stärkeren Division spielen. Dazu kommen die Vikings und Redskins als Sieger der NFC North und East in Week 3 bzw. 15. Ein Highlight wird sicher der Seasonopener, gleichzeitig Super Bowl Rematch, in Denver, wo man, nach der für die meisten wohl bittersten Niederlage ihrer Karriere, die Chance hat dem Champ wenigstens die Party zu versauen.

Prediction: 12-4