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FC Bayern München


Gründer: Tobi | Mitglieder: 965 | Beiträge: 253
09.12.2013 | 4112 Aufrufe | 5 Kommentare | 7 Bewertungen Ø 9.6
Ruhe für Reflexion?
Stillstand wäre Fortschritt
Weiter, immer weiter...

Es war zuletzt öfters vorgekommen, dass Sebastian Vettel etwas pathetisch wurde. Der deutsche Formel-1-Pilot ritt auf einer unnachahmlichen Welle des Erfolgs, er gewann in Belgien, Italien und Singapur, in Korea, Japan und Indien, in Abu Dhabi, Amerika und Brasilien. Kurz: Er gewann überall, wo er antrat, und wäre die Saison nicht im November zu Ende gewesen, würde er vermutlich heute noch siegen. So aber musste er seine Dankesworte, die eine versteckte Mahnung enthielten, bereits in Indien unterbringen. Und in Amerika. Und in Brasilien. Vettel hatte die Rennen jeweils in souveräner Manier beherrscht, ehe er sich in der Auslaufrunde via Funk an sein Team wandte. Das Fernsehen schickt diese Momente der Gefühlsoffenbarung stets freudig über den Sender, deshalb durfte der neugierige Zuseher Mäuschen spielen.

Nun haben Sebastian Vettel und der FC Bayern München nicht wahnsinnig viele Gemeinsamkeiten. Der Weltmeister ist zwar Fußball-Fan, sympathisiert jedoch mit Eintracht Frankfurt. Als im Mai das Champions-League-Finale anstand, schlug er sich auf die Seite von Borussia Dortmund. Die Formel 1 gastierte an jenem Wochenende in Monte Carlo, und im Fahrerlager jubelte hernach allein Bayern-Fan Nico Rosberg.

Vettel konnte es verschmerzen. Von Sommer bis Winter zeigte er seinen Konkurrenten in beinahe befremdlichen Abständen die Rücklichter. Irgendwann merkte er, dass derartige Serien erstens selten, zweitens schwer zu konservieren und drittens noch schwerer zu wiederholen sind. Weil die Formel 1 kein Einzelsport ist, sondern auf der homogenen Zusammenarbeit einer Gemeinschaft fußt, erinnerte Vettel seine Truppe an die Einzigartigkeit des Erreichten: "Jungs", sagte er, "genießt, was wir gerade erleben. Das ist nicht selbstverständlich. Wir müssen uns diese Momente bewahren!"



Gruppenkuscheln mit Pep



So oder so ähnlich könnten sie auch beim FC Bayern reden - mit dem Unterschied, dass deren Erfolgssträhne noch eine weitaus beängstigendere Länge als Vettels Roadtrip angenommen hat. Was gern vergessen wird: Schon in der Saison 2011/2012 brillierten die Bayern zeitweise, schafften es in die Endspiele von Pokal und Champions League, verloren aber dummerweise beide. In München übertüncht so etwas ungefähr: Alles. Jupp Heynckes vermochte, eine beispiellos niedergeschlagene Elf zu einer Einheit zu verschmelzen, deren Qualität stärker denn je war. Es folgte eine Saison, die nicht zu steigern schien. Eine einzige nationale Niederlage, 16 Siege in 17 Rückrundenspielen, Triple 2013. Pep Guardiola übernahm das Zepter, um zu verbessern, was man nicht verbesserungswürdig glaubte. Heute wissen wir, dass die Entwicklung (weiterhin) in vollem Gange ist.

Inzwischen wurden, fast unvermeidlich, die nächsten Bestmarken geknackt. Hauptsächlich machen sich die Bayern als notorische Serientäter bemerkbar, engagieren sich also in solchen Listen, die jede Woche fortgeschrieben werden können. Als da wären: 40 ungeschlagene Ligaspiele, 26 Auswärtsspiele ohne Niederlage, 52 Partien mit mindestens einem erzielten Tor. Außerdem 41 Punkte nach 15 Saisonspielen (neuer Rekord), 29 Siege und 90 Punkte im Kalenderjahr 2013 (neue Rekorde) sowie ein Neuer Kapitän. Kleiner Scherz.

Natürlich pachtet Pep Guardiola auch die persönlichen Einträge im Fußball-Geschichtsbuch, das lässt sich kaum vermeiden, wenn man nie verliert und ständig gewinnt. Aber wie er diesen ewig aktualisierten Superlativen begegnet, ist beachtlich. Der Spanier ist der erste Trainer der Bundesliga, der seine ersten 15 Aufgaben gelöst hat - ohne groß darüber grübeln zu müssen. So wirkt es wenigstens. Das soll nicht bedeuten, dass Guardiola eine Laissez-faire-Einstellung offenbaren würde, im Gegenteil, denn tatsächlich tüftelt er wohl intensiver über den Bausteinen im Fundament als jeder seiner Vorgänger. Der wöchentliche Ernstfall verdeutlicht dies umso treffender: Zwar glaubt Pep eine Mannschaft zu erkennen, die "noch nicht seine" wäre, doch viele Mechanismen des Bayern-Getriebes befinden sich bereits im Einklang.

Am Samstag erweckte Guardiola erstmals den Eindruck, echte Zufriedenheit über das Geleistete zu verspüren. Sein Vertriebskanal war Gruppenkuscheln. Zuerst rückte er die Spieler ins Scheinwerferlicht: "Heute war es eine Ehre, hier Trainer zu sein." Danach belegte er den Klub mit warmen Worten: "Der Verein hat diese Mannschaft kreiert. Und der Trainer ist gut, wenn er gute Spieler hat", belehrte Pep nach dem famosen 7:0 in Bremen.


Bajuwarische Plan-Wirtschaft


Werder gelangte sprichwörtlich vom Regen in die Traufe. Nachdem sich der Orkan verhältnismäßig gnädig zeigte, was die Austragung der Partie betraf, fegte ein "Torkan" (BILD) durch die völlig überforderte Bremer Hintermannschaft. Mit Windstärke 7. Und das, obwohl Xaver Martinez gar nicht zum Einsatz kam...

Auch wenn die Norddeutschen an diesem Tag eher einem Sparringspartner glichen: Die Art und Weise, wie der FC Bayern 2013 seine Spiele bestreitet, der Stil, die Kultur - das hat es in der knapp 114-jährigen Vereinshistorie noch nicht gegeben. Das wirklich Schöne ist, dass die 90 Minuten mehr und mehr zum gelungenen Produkt der Trockenübung werden. Es steckt ein Plan hinter der Kunst. Als Franck Ribery eine sensationelle Eckball-Variante über Claudio Pizarro und David Alaba zum sechsten Tor vollendete, huschte selbst dem zumeist misstrauisch-melancholisch blickenden Guardiola ein Lächeln übers Gesicht, das als Zeichen sichtbarer Freude interpretiert werden durfte.

Die Konkurrenz huldigt dem FC Übermacht. Inzwischen verrenken sich düpierte Gegner in den königlichen Knick. Die Münchner Dampfmaschine rollt unaufhaltsam durch die Gassen, auch bei undankbaren Auswärtsspielen wie denen in Moskau und Augsburg überkam einen nicht das Gefühl von Unsicherheit. Dabei fehlen mit Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, kürzlich Ribery und neuerdings Arjen Robben (eigentlich) elementare Stützpfeiler des Gesamtsystems.


Die Zeit rennt, die Zeit drängt


Womit wir wieder bei Sebastian Vettel wären. Beim stillen Innehalten. Beim genussvollen Reflektieren. Und beim fiesen Umstand, daran zu scheitern. Manchmal würde man sich wünschen, die Zeit anhalten zu können, um den Augenblick auszukosten. Aber das funktioniert weder in der Formel 1, wo mit Hochdruck am nächstjährigen Boliden gewerkelt wird, noch beim umtriebigen FC Bayern. Die Zeit rennt, die Zeit drängt. Morgen steht die abschließende Champions-League-Partie gegen Manchester City im Programmheft, bald wartet mit der Klub-Weltmeisterschaft in Marokko die finale Herausforderung des Superjahres 2013.

Neulich fanden sie trotzdem noch Raum und Muße für die interne Weihnachtsfeier, und Karl-Heinz Rummenigge, der oft steif wirkende Big Boss der Münchner, sorgte für Amüsement und Symbolik gleichermaßen. In den Vorjahren, enthüllte er, habe ihn Uli Hoeneß immer mal wieder sonntags angerufen, um seinem Unmut über schwache Auftritte Luft zu verschaffen. "Jetzt habe ich fast ein Jahr keinen Anruf mehr von Uli bekommen." Der Ober-Fan hat nichts zu meckern - und bleibt doch gefräßig, so wie jeder.

Am kommenden Wochenende spielt der FC Bayern übrigens gegen den HSV. Beim letzten Aufeinandertreffen im März setzte es an selber Stelle ein 9:2...

Bildquelle: spox.com

KOMMENTARE
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toxic91
11.12.2013 | 14:34 Uhr
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toxic91 : 
11.12.2013 | 14:34 Uhr
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toxic91 : 
Sehr schönes Ding, Roy!

Schon beeindruckend, was da in den letzten Jahren beim FCB passiert ist. Was mir vielleicht noch fehlt, ist eine kleine Lobhudelei auf Sammer. So ätzend, wie der manchmal ist, so findet er doch immer im passenden Moment die richtigen Worte!

Aber abgerechnet wird am Ende der Saison. Und davor müssen die Bayern noch nach Gladbach
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roadtobrasil14
10.12.2013 | 17:14 Uhr
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roadtobrasil14 : Das Bayernmonster
10.12.2013 | 17:14 Uhr
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roadtobrasil14 : Das Bayernmonster
Ein echt super geschriebener Blog, der die derzeitige Realität und Kräfteverhältnisse einwandfrei wiedergibt.
Auch als Nicht-Bayer muss man die Dominanz des FCB anerkennen. Sich alle 3 Tage so zu präsentieren zeugt von enormer Stärke, vor allem auch im mentalen Bereich. Wie du selbst auch sagst, bei den Spielen wie Moskau oder Augsburg hat man immer auch irgendwie das Gefühl, die Bayern können noch einen Gang hochschalten, wenns wirklich gefährlich wird.
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CulpaE
10.12.2013 | 08:39 Uhr
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CulpaE : 
10.12.2013 | 08:39 Uhr
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CulpaE : 
Immer gerne :)

Ich hatte mich etwas auf "Unsicherheit" versteift. Unsicherheiten habe ich naemlich durchaus gesehen - allerdings nicht in dem Masse, als dass ich Angst um den Sieg gehabt haette. Dafuer vertraue ich unsrem Manu einfach zu sehr ;) Aber allein das Gefuehl, es koennte moeglicherweise noch einmal eng werden (ich liebe den Konjunktiv), hat mich da gestoert - jammern auf hohem Niveau.

Ich muss auch gestehen, dass ich mich zwischenzeitlich von dem ganzen Hype hab anstecken lassen. Man sollte ab und an auch mit unschoenen Arbeitssiegen zufrieden sein. Ausser heute Abend - City muss an die Wand gespielt werden :D
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RoyRudolphusAnton
09.12.2013 | 17:45 Uhr
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09.12.2013 | 17:45 Uhr
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Danke für den schönen Kommentar, Culpa! Wegen Moskau und Augsburg - das meinte ich folgendermaßen:

Obwohl es beide Male keine Glanzleistung war (angesichts des Rasens bzw. des Pokalcharakters auch verständlich), hatte zumindest ich in letzter Instanz nie das Gefühl, dass die Bayern wirklich verlieren bzw. ausscheiden könnten.

Klar, Neuer hat uns in Moskau einige Dinger gerettet, aber nicht zuletzt dafür ist ein Torwart ja auch da Menschen sind halt keine Maschinen, Fehler passieren, Moskau hätte sie (mehr) ausnutzen müssen. Ich glaube trotzdem, dass frühere Bayern-Mannschaften bei solchen Spielen schon ganz anders aufgetreten sind. Im Endeffekt dürfen wir uns an einem unfassbaren Jahr laben...

Wünsch dir nen schönen Feierabend!
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CulpaE
09.12.2013 | 16:56 Uhr
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CulpaE : 
09.12.2013 | 16:56 Uhr
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CulpaE : 
Der Roy mal wieder :)

Hat wieder Spass gemacht zu lesen. Auch wenn einige vllt sagen wuerden "nichts neues, kennen wir schon" etc. Ich persoenlich lese so Blogs sehr gerne - erst Recht wenns um unsre Bayern geht ;)

Aber eins muss(darf) ich dieses Mal anmerken. Du schriebst

"auch bei undankbaren Auswärtsspielen wie denen in Moskau und Augsburg überkam einen nicht das Gefühl von Unsicherheit"

Gerade das Spiel ggn. Moskau war fuer mich ein Fingerzeig dafuer, dass man nicht nachlassen darf. Denn in diesem Spiel muessen wir normalerweise mindestens 2 weitere Treffer kassieren - wenn Moskau die Chancen nicht einfach so verballert haette. Da hat unsere Abwehr einiges vermissen lassen.

Ansonsten hoffen mer morgen mal auf einen netten Heimsieg - nach Moeglichkeit zu Null ;)

Ich mach nu Feierabend, ab nach Hause. Bis spaeter
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