Die Augenblicke-Reihe ist ja irgendwo immer etwas ziemlich persönliches. Da darf ein Fan seine Gedanken und Gefühle niederschreiben, seine Wahrnehmungen. Drum wird es ein bisschen persönlich wenn ich sage, dass vor 3 Jahren unsere damalige Wohnung recht klein war. Klein in dem Sinne, dass der Fernseher in unserem Wohnzimmer (gut, er ist schon recht groß, Asiaten halt) ca 1/4 des Raumes einnahm.

Das ist natürlich übertrieben, aber es stellt recht gut dar, wie ich damals bei dem Spiel gegen die TSG mit 2 Freunden im Wohnzimmer gekauert habe. Knappe 1,5 Meter lagen zwischen meiner Nase und dem Fernseher, was nach dem Spiel fast zur Katastrophe geführt hätte. Mehr dazu später.


Unser Receiver war ausgefallen, deswegen mussten wir uns adhoc mit einem Livestream begnügen. Das ganze Konstrukt, bestehend aus Notebook-Kabel-Fernseher nahm uns fast die gesamte Luft.
Die Devise hieß also:
Wenn Tore fallen: Ausrasten verboten!


Für diejenigen, die sich an das Spiel nicht mehr so ganz erinnern können, oder es gar nicht mitbekommen haben: Es war der 16. Spieltag der Bundesliga in der Saison 08/09. Die TSG hatte eine furiose Hinrunde gespielt, welche sie bis dato auf den 1.Platz katapultiert hat. Die Bayern hatten unter Neutrainer Klinsmann eine eher mehr schlecht als rechte Hinrunde abgeliefert, was immernoch für Platz 2 gereicht hatte. Ein Sieg gegen die TSG und die Bayern wären punktgleich.

Es war also DAS Topspiel der Hinrunde, welches in 169 (eine Zahl, die ich nicht mal nachschlagen musste, da sie mir noch so präsent ist..ich hoffe es ist richtig) Länder übertragen wurde.


Die Erwartungen an das Spiel? Ein Sieg!


Was soll man viel zum Spielverlauf sagen. Halbzeit 1: Die Abwehrarbeit war - wie weit entfernt sowas für einen Bayernfan jetzt scheint... - hervorragend. Viele Angriffe wurden auf beiden Seiten im keim erstickt. Eine nennenswerte Chance gab es auf Hoffenheimer Seite, als Rensing sich einmal verschätzt hatte.
Die zweite Halbzeit wurde tatsächlich noch besser, spannender - tragischer. Die Hoffenheimer mussten natürlich das 1:0 machen, wie konnte es auch anders kommen. Natürlich war es auch Vedad Ibisevic mit seinem 18. Saisontor - damals ja noch als Gerd Müllers Erben verschrien. Mein Wohnzimmer bebte, weil wir unseren Frust nur auf begrenztem Raum auslassen konnte.


Da ist das DING!

Eine Einzelaktion von Philipp Lahm musste dann herhalten, um den Ausgleich zu erzielen. Ein wunderschönes Tor, Dank Comppers Bein!
Jetzt drückten die Bayern und bei uns im Wohnzimmer hielten sich 6 Hände gegenseitig fest, damit auch ja nichts umgeworfen oder gar berührt wird - es gab nämlich schon zwischenzeitlich Probleme mit der Verbindung.

Etliche Chancen hagelten auf die Hoffenheimer, so zumindest die Wahrnehmung. Man möchte eigentlich nicht mehr an das Wunder glauben, akzeptiert das 1:1 und attestiert den Hoffenheimern ein gutes Spiel. Und dann kam Luca Toni.
Ausgerechnet ein Abschlag von Rensing landete beim Stürmer. Dieser legt den Ball mehr schlecht als recht - so wie es eig immer bei ihm aussieht - auf Klose, der den Ball nicht bekommt. Aber zum Glück hatte Ibertsberger nicht den sehnlichsten Wunsch nach einem Remis, denn er legte den Ball maßgerecht auf Luca Toni auf, der ihn mit einem Kontakt ins Tor setzt. KILLERINSTINKT!
So manch einer erwartet dann den Ohrschrauber, aber dann packte Luca Toni die Kalaschnikow aus.

Als ob er es so vorgesehen hatte, fiel mit dem Auspacken seiner Kalaschnikow auch mein Notebook vom Tisch. Bei einem Tor in der Schlussminute war das nicht anders zu erwarten, mir wars in dem Moment auch egal!
Zu schlagartig fiel das Tor, zu schlagartig das Gefühl des Sieges, die Sensation. Wer hat denn noch damit gerechnet?



Warum ich dieses Spiel als Augenblick gewählt habe? Nun, der Abend ist immernoch in den Gedächtnissen meiner Freunde und meiner Wenigkeit eingeprägt. Ein Spiel mit Auf und Ab, mit Ah und Oh, mit Uhh und Ehhh. Ihh gabs zum Glück nicht.
Im Nachhinein betrachtet kommt es einem vor wie ein Märchen. Denn nur der Fußball schreibt solche Geschichten.