Aus der Lausitz direkt in die Königsklasse. Der Senkrechtstarter der 2.Liga Nils Petersen hat bei den Bayern einen Vertrag für die kommenden drei Spielzeiten unterschrieben. Der Transfer ist nun also fix und nun stellt sich die Frage, ist Petersen reif für den FC Bayern oder endet er wie so viele junge Spieler als billiges Experiment auf der Bank der Münchner?

Der FC Bayern ist nicht gerade dafür berühmt, auf externe Talente zu setzen und sie zu guten Spielern zu formen. Die Liste der "Gescheiterten" ist in den letzten Jahren immer weiter gewachsen. Baumjohann, Schlaudraff, Breno. Eine Aufstellung aus alldenjenigen Spielern, für die der Schritt zu den Bayern zu groß war, wäre wohl locker Bundesliga tauglich. Und trotz Talenten wie Müller, Schweinsteiger oder Lahm, die es bei den Bayern zu Weltstars gebracht haben: Für Talente ist der FC Bayern nicht immer die beste Lösung. Die Frage ist, ob dieser Ruf berechtigt ist und ob selbiges nun auch auf Petersen zutrifft.

Experimente mit Spielern gelten bei den Bayern mittlerweile mehr oder weniger als verpöhnt. Nachdem mit Breno und Sosa auch die beiden letzten Südamerika-Transfers gefloppt sind, nahm man sich eigentlich vor, auf solche Versuche in Zukunft zu verzichten. Dennoch muss man zwischen zwei Kategorieren von Transfer-Experimenten unterscheiden: Direktimporte und Schnäppchen.

Zur ersten Kategorie gehören die optimistischen und oftmals sehr teueren Transfers von Spielern wie Sosa, Breno, Julio dos Santos oder auch Ali Karimi. Diese Spieler waren Direktimporte aus anderen Kontinenten, wo sie teils als Talent, teils als Star(Karimi) gefeiert waren und man im Nachhinein bei keinem der vier Spieler Erfolg hatte. Gründe dafür waren zum einen mangelnde Qualität J2S/Karimi oder Pech mit Verletzungen(Breno) oder aber das Einsetzen auf der falschen Position(Sosa).

Die zweite Kategorie von Experiment waren billige oder sogar ablösefreie Transfers aus der Bundesliga. Hier fallen Altintop(0), Baumjohann(0) und Schlaudraff(1,5) ein. Dass hier einzig und allein Altintop eingeschlagen hat ist zwar schade; 1 aus 3 ist aber dennoch eine gute Quote, wenn man bedenkt, dass das Risiko ja quasi bei Null war und man inoffiziell mit dem Schlaudraff Transfer die Konkurrenz nicht stärker werden ließ. Allerdings kann man bei allen drei Spielern sagen, dass die Qualität sowhl vor, aber auch nach dem Wechsel als "nicht gut genug für den FCB" attestiert werden konnte. Hamit kam von der königsblauen Bank, Baumjohann ebenso, Schlaudraff war der Star eines Aufsteigers. Von Konstanz konnte dabei bei diesen Spielern nie eine Rede sein.

Mit Petersen kommt ein Spieler zum FC Bayern, der bisher kaum etwas vorzuweisen hat. Für ihn gilt es nun, mit guten Leistungen allen Skeptikern zu beweisen, dass man auch als Billigtransfer beim FC Bayern seinen Weg gehen kann.

Petersen ist 2.Ligaspieler. DAS Argument der Skeptiker. Allerdings ist der 22-jährige Sinnbild für den neuen Schwung in der Lausitz. Attraktiv, Offensiv und Schnell. Dabei zeigt Petersen nicht nur gute Leistungen als Scorer, er kann auch auf die Flügel ausweichen. Weiterhin verfügt er über eine gute Grundschnelligkeit, die er auch im Dribbling gut einsetzt. Anders als Altintop, Sosa oder Baumjohann hat er dadurch im aktuellen System zumindest 2-3 Positionen, für die er in Frage kommt. Ein klarer Vorteil. Weiteres Plus: Seine Konstanz. Wer in einer der besten Zweiten Ligen Europas saisonübergreifen über 40 Tore in etwas mehr als 50 Spielen macht beweist eindeutig Konstanz.

Heynckes als Freund der Jugend und der Rotation
Dass man sich als Talent Chancen auf Einsätze macht ist klar. Gerade aber unter dem neuen Bayerntrainer Heynckes sind diese Chancen wohl sehr hoch. Nicht erst bei Leverkusen beweist sich Heynckes als Rotationskünstler auch in seinen vorherigen Stationen scheute sich der 66-jährige nicht davor, auch in wichtigen Spielen mal den ein oder anderen Stammspieler draußen zu lassen. Dass Petersen nicht zu den Bayern geht, um Robbery oder Gomez aus der Stammformation zu verdrängen ist dabei klar. Dennoch braucht man auch bei den Bayern, wo man jedes Jahr nach drei Titel greift eine Bank, die jederzeit zur Verfügung steht. Gerade die fehlenden Alternativen waren in den letzten Jahren oft das Manko, was bei einer derart verletzungsanfälligen Flügelzange wie Robben und Ribery ein großes Risiko darstellt. Petersen wäre demnach mit Olic Kandidat Nummer 1 für die Back-Up Position von Gomez, Robbery und Müller.

Seine Qualitäten und die günstige Kaderperspektive für Petersen bringen dem jungen Stürmer natürlich nicht automatisch den Durchbruch. Dennoch könnten die Chancen für einen Wechsel momentan besser nicht sein. Für Petersen gilt es, schnellst möglich Fuß zu fassen und ohne große Angst und mit viel Mut dieses Abenteuer anzugehen. Schafft er das, könnte es für beide Seiten ein Gewinn werden. Bayern bekommt einen billigeren aber hungrigeren Ersatz für den wohl scheidenden Ersatzstürmer Klose, Petersen könnte mit guten Leistungen bei den Bayern schnell in den Kreis der Nationalmannschaft schnuppern.
Und wenn nicht? Dann stehen Petersen, der in München zunächst nur einen 3-Jahresvertrag bekommt, nach wie vor alle Tore offen. Dies beweisen die Transfers von langjährigen Bankspielern wie Ottl, Kraft oder Altintop.