ich habe einen freund. ich kenne ihn schon lange, er ist ein ehrlicher, netter typ - unkompliziert und gesellschaftsfähig. doch dieser freund hat ein großes problem - er ist dortmund-fan.
dort, wo die millionen an der B1 förmlich aus dem boden spriessen, wo man bei einer fahrt richtung westen unweigerlich die trikots im shop der geschäftsstelle sieht, hat er sein zuhause. eventuell hat er es sich nicht freiwillig ausgesucht, doch das ist mittlerweile zweitrangig. schwarz-gelb sind seine farben - alea iacta sunt.
folgt man jedoch der B1 richtung westen und gleitet auf der A40 elegant an den charmanten ausfahrten namens bochum-stahlhausen, essen-kray und mülheim-sterkrade vorbei, kommt man in weniger mondäne gefilde. "duisburg" steht dort auf den straßenschildern. jenes duisburg, das 99% der bevölkerung mit dreck, lärm und dem mythos der arbeiterstadt in verbindung bringen. die zweithässlichste stadt nach kassel und ein schandfleck auf der deutschen fussball-landkarte.
der schal, der einen platz an meiner wand sein eigen nennen darf, spricht jedoch eine andere sprache: er erinnert mich an die zeiten, in denen ich in duisburg meine fan-fussballerische heimat fand. die zeiten, als sich ein michael tönnies nach vier toren und einer berechtigten auswechslung mit einem bier an die seitenlinie stellte; die zeiten, als die abwehr um thorsten wohlert mehr als nur ein bollwerk war; als franz-josef "pino" steininger zum diego der liga mutierte. viele haben die ansichten der nordkurve damals nicht teilen können - doch wir waren fans und es war uns egal.
mehrere jahre, viele auf- und abstiege und etliche millionen später spielt duisburg wieder in liga eins. aus tönnies, wohlert, weidemann und steininger wurden ishiaku, lavric, tiffert und ailton. aus dem stadion, wo einem die lautsprechermasten so charmant den ungetrübten blick aufs spielgeschehen versperrten, wurde ein millionenteurer fussballtempel. und auf dem heissbegehrten trainingsgelände an der wedau wird mittlerweile sogar beschäftigungstherapie für arbeitslose fussballprofis angeboten.
es war der erste spieltag der diesjährigen saison - der msv musste nach dortmund fahren und mein freund, dieser dortmunder verzweiflungstäter, würdigte meine zebras zu einem aufbaugegner herab. "fahrstuhlmannschaft", "hässlichster fussball der liga", "graue mäuse" - was durfte ich mir alles anhören. dreimal rief er mich auf dem weg zum stadion an, um mir im vorfeld sein beileid auszusprechen. einmal ging ich nicht ans telefon - ich hängte meinen schal ein stückchen höher und harrte der dinge, die da wohl kommen mochten. ich habe vertrauen in mein team - ein team, welches vielleicht nicht unbedingt mit den gleichen stars aufwarten kann und welches vielleicht nicht schon einmal die champions league gewann. doch es ist ein team mit herz. und genau das zählte für mich.
auf dem rückweg rief er mich nicht an. er wird in seinem auto gesessen und gerätselt haben, wie das nur passieren konnte. warum es die graue maus geschafft hat, eine ganze tribüne zum schweigen zu bringen. eine tribüne, auf der mehr menschen platz finden als im gesamten duisburger stadion. wo der größenwahn nie aufhörte. und ein team, welches vielleicht durch namen glänzen konnte - aber nicht durch herz und leidenschaft.
wie gesagt, er rief nicht an. es sprachen 1:3 gründe dagegen.