Als Darmstadt 98 2014 in die 2. Bundesliga aufstieg, war das bereits eine Überraschung. Schließlich war man in der Saison davor nur aufgrund des Lizenzentzugs der Offenbacher Kickers in der 3. Liga geblieben. Als nur ein Jahr später der Aufstieg in die höchste Spielklasse folgte, war es eine Sensation. Dass die Truppe, die zu einem großen Teil noch aus Spielern aus Drittligajahren bestand, tatsächlich den Klassenerhalt schaffte, war für viele ein Wunder. Doch nun braucht es ein weiteres Wunder, um diese Leistung zu wiederholen.
Im Winter 2012 übernahm Dirk Schuster das Team auf dem letzten Tabellenplatz der 3. Liga. Was in den nächsten Jahren folgte, war die Erfolgsgeschichte, die mittlerweile jeder kennen dürfte: Ein in der Versenkung verschwundener Traditionsverein, ohne große finanzielle Mittel und mit kleinem, heruntergekommenem Stadion, der entgegen aller Einschätzungen den für unmöglich gehaltenen Durchmarsch in die erste Liga schaffte. Ein modernes, romantisches Fußballmärchen.
Darmstadt war in dieser Saison das gallische Dorf der Liga. Ablösefreie, oft als nicht gut genug empfundene und als gescheitert geltende Profis, die zu einem Team zusammengefasst wurden. Ein Team, das durch Kampfgeist, harte Arbeit und von vielen Seiten als dreckig empfundenen Fußball bestehen konnte.
Mit Platz 14 haben diese Profis nicht nur ihre in vielen Fällen vermutlich letzte Chance genutzt, sie haben auch für sich selbst einen Erfolg erkämpft, der sie vom Etikett 'gescheitert' zu sein befreit.
Es ist nur natürlich, dass es nun für diese Spieler, die zuvor kaum jemand wollte, neue Interessen gibt.
Der eigene Erfolg wird zur Gefahr.
Jetzt will jeder einen Teil des Darmstädter Wunders haben.
Dass Sandro Wagner - DAS Sinnbild für die Wiederauferstehung eines Abgeschriebenen - seine Gelegenheit nutzen wird, einen besseren Vertrag zu unterschreiben, ist ein offenes Geheimnis. Sein Abgang wird seit Wochen erwartet und dürfte Darmstadt die größte Transfereinnahme seiner Geschichte bringen.
Nicht nur um den Topscorer, auch um viele weitere Stützen und Leistungsträger der Mannschaft gibt es Gerüchte. Stammtorhüter Mathenia wird zu Hamburg wechseln. Konstantin Rausch zu Köln. Die Leihe von Caldirola (34 Einsätze) läuft aus. Jerome Gondorf (33 Einsätze, 7 Scorer) besitzt eine Ausstiegsklausel, es gibt Interesse aus der Bundesliga. An Marcel Heller (33 Spiele, 11 Scorer) gibt es Interesse aus der Bundesliga und der Premier League. Slobodan Rajkovic besitzt ebenfalls eine Klausel. Und auch an Abwehrchef Sulu dürfte es nach seiner starken Saison Interesse geben.
Kurz: Die Leistungsträger und Säulen des Teams sind heiß umworben.
Doch viel härter als das wird es den Verein treffen, dass Dirk Schuster, der Vater des Erfolges, um seine Freigabe gebeten hat, um nach Augsburg zu wechseln. Die Lücke, die er hinterlässt, wird rießig sein. Immerhin übernahm er nicht nur die Aufgabe des Trainers, sondern auch entscheidende Rollen bei Kaderplanung und sogar Scouting ein.
Die Spieler, die trotz widriger Bedingungen entschieden haben, nach Darmstadt zu kommen und als eingeschworene Truppe Erfolg hatten gehen, um ihre neuen Chancen zu nutzen. Der Trainer geht, um seine neue Chance zu nutzen. Niemand kann es ihnen verübeln, den nächsten, besser bezahlten, Karriereschritt machen zu wollen.
Doch geht auch die Möglichkeit, das Wunder zu wiederholen? Es ist, als würden Asterix, Obelix und Miraculix das gallische Dorf verlassen.
Sicher ist, dass Darmstadt durch die Abgänge und die Einnahmen aus der ersten Liga mehr Geld zur Verfügung haben dürfte, als je zuvor. Dennoch gehört man weiterhin mit Sicherheit zu den Teams der Liga, die die kleisten Brötchen backen müssen.
Neben dringenden Investitionen in die Infrastruktur, ist es vor allem das wichtigste, eine neue Mannschaft aufzubauen, die trotz aller Abgänge dieselbe Moral entwickeln kann, die den Klassenerhalt ermöglichte.
Vor Darmstadt 98 steht eine Mammutaufgabe. Welchem Coach traut man zu, den Zaubertrank des gallischen Dorfes zu brauen? Mit welchen Spielern will man sich gegen den übermächtigen Gegner auflehnen? Es wird in diesem Sommer spannend werden, zu beobachten, wie sich die Entwicklung in Darmstadt fortsetzt.
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Ich meine das nicht im Bezug auf die Mannschaft, die hat ja gerade das Gegenteil bewiesen, ich meine die Strukturen des Vereins. Das Stadion ist alt und fasst keine 20000 Zuschauer, selbst ein kleiner Bundesligaverein wie Augsburg hat etwa doppelt so viele Zuschauer, die auch noch mehr Geld bringen (Stichwort VIP-Bereich). In der Zuschauertabelle der 2. Liga wäre Darmstadt auf Platz 13! Auch im sportlichen und administrativen Management oder im Bereich Trainingszentrum ist Darmstadt nicht überlebensfähig in der 1. Liga.
Strukturell ist Darmstadt 98 ein Verein im unteren Bereich der 2. Liga/oberen Bereich der 3. Liga.
Das kann auf Dauer nicht gut gehen in der Bundesliga, wenn Schuster geht für mich ein sicherer Absteiger in der kommenden Saison.
Dann hast du wirtschaftlich auch mal nen paar Möglichkeiten, aber selbst dann muss jede Entscheidung ein Treffer sein.
Ich will dass das Wunder weitergeht und drücke den Lillien wieder die Daumen. Der symphatische Gegenentwurf zu Ingolstadt oder Leipzig...
Und ich habe mich noch gefreut, dass es zu einem Wiedersehen mit Schuster kommt, da wir ja schon das Vergnügen mit ihm in der 3. Liga hatten. Auch verrückt, das damals wie heute noch viele Spieler auf Beiden Seiten dabei sind. Aber das scheint sich ja (leider) zu ändern, wie eben Heller, Gondorf, Sailer.
Bin gespannt wie es sich rund um das Böllenfalltor in der 2. Saison entwickelt. Je nach Ansetzung, definitiv eine Reise wert.