Ich habe mir dieses Blog aufgehoben, bis die anfänglichen Emotionen verflogen waren.

Erstmal: Dies hier soll keine Entschuldigung für die Niederlage Englands sein, keine Rechtfertigung der (ohne Frage) schlechten Leistung, oder gar ein Versuch die Leistung der deutschen Elf zu schmälern.

Zweitens: Ich bereue dieses blöde "Nicht-Tor" von Lampard, durch das das Spiel einen falschen Eindruck macht. Es wird kaum davon geredet, wie eine Elf von international angesehen Superstars gegen eine relativ unerfahrene und auch unbekannte Mannschaft verloren hat (die ohne Frage talentiert ist).
Sondern nur darüber, wie das Tor geklaut wurde und wie dadurch das Spiel beeinflusst wurde.

Ich sage: Wir (England) hätten auch mit dem Tor verloren. Vielleicht nicht 4-1, vielleicht erst im Elfmeterschießen. Aber die Hoffnung auf den Sieg hatte ich schon nach dem 3. Gruppenspiel aufgegeben.

Ich möchte lediglich Capellos Arbeit analysieren und bewerten. Und damit vielleicht einen Ansatz einer Erklärung finden. Im Nachhinein kritisieren ist einfach. Aber beinahe alle dieser Gedanken sind schon vor der WM kritisiert worden. Was Capello wiederum in einem anderen Licht erscheinen lässt.

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Kaderauswahl

Die Auswahl des 23-Mann Kaders ist nie unumstritten, vor allem bei den großen Fußballnationen, bei denen es sicherlich an die 40 Anwärter gibt.
Aber die Auswahl des englischen Kaders war für mich schon ein Schlag ins Gesicht.
Über die Torhüter kann man diskutieren, wie man möchte, die Auswahl ist für England nicht einfach. Zu deren Aufstellung komme ich später allerdingst.

Die Innenverteidiger stellen sich selbst auf. Terry und Ferdinand spielen seit Jahren schon zusammen, sind eingespielt und erfahren und ihre Klasse spricht für sich. Durch den Ausfall Ferdinands und Lescotts, der Formschwächen von Brown und Jagielka gab es im Prinzip nur noch zwei offensichtliche Kandidaten, King und Upson.
Capello nahm also beide, dazu noch den jungen Dawson (für Ferdinand) und rief Carragher aus dem Ruhestand zurück, obwohl er seine bis dato schlechteste Saison hinter sich hatte.
Warum er nicht den Bärenstarken Campbell mitnahm, anstelle des verletzungsanfälligen King oder des schwachen Carraghers, muss man sich zurecht fragen. Weitere Optionen wären die jungen Shawcross und Cahill gewesen.

Auch bei den Außenverteidigern gibt es nicht viel zu machen. Ashley Cole ist ein Garant. Und auf der schwachen rechten Seite gibt es keine Konkurenz für Glen Johnson. Mit Stephen Warnock war nur noch ein nomineller (linker) Außenverteidiger im Kader, dem man zwar Baines oder Konchesky vorziehen hätte können, aber die Auswahl geht in Ordnung.
Auf der rechten Seite hätten entweder Carragher oder Milner einspringen müssen. (So schlecht ist die Seite besetzt.) Die einzige echte Option für rechts wäre Neville gewesen.

Das Mittelfeld ist schon eine schwierigere Auswahl. Zwar sind mit Gerrard und Lampard zwei feste Größen internationaler Extraklasse dabei, danach kommen aber viele Spieler geringerer Qualität und vor allem geringer Konstanz. Die Auswahl von James Milner, der bei Aston Villa eine starke Saison hinter sich hatte, ist noch selbstredend.
Auch Aaron Lennons Auswahl ist berechtigt, da er eine starke Hinrunde spielte und zum Ende der Saison wieder glänzte. Beckham wäre ebenfalls eine logische Auswahl gewesen, hätte er sich nicht verletzt.
Was Barry, der bis zur WM verletzt war, oder die drei Bankdrücker Joe Cole, Carrick oder Wright-Phillips in dem Kader zu suchen hatten, fragten sich viele Journalisten und Experten.
Joe Cole hatte seine schwächste Saison überhaupt in einem Chelsea-Trikot, Carrick fand sich bei ManUtd meist hinter Scholes und Fletcher auf der Bank wieder und SWP (Shaun Wright-Phillips) wurde bei ManCity vom jungen Shootingstar Adam Johnson auf die Bank verdrängt.
Eben dieser Johnson musste aber daheim bleiben, genauso wie Theo Walcott, der zwar immer wieder schlechte Spiele hat, aber eben auch gute (im Gegensatz zu SWP).
Joe Cole ist zwar topfit zur WM gekommen, aber nicht in Topform. Ashley Young, immerhin Stammspieler beim sechstplazierten Aston Villa, wäre hier eine Option gewesen, genauso wie Stewart Downing.
Scott Parker, der zwar beileibe kein Weltklassemann ist, aber ein zuverlässiger und kämpferischer Abschirmer und Huddlestone, ein Stammspieler für Tottenham, die eine überragende Saison gespielt haben, blieben ebenfalls zuhause.
Beide wären bessere Optionen gewesen, als Carrick und Barry.

Im Sturm gibt es nur Wayne Rooney als feste Größe. Die Auswahl von Defoe und Crouch ist aber sehr logisch. Aber dann hätte Agbonlahor in den Kader gemusst. Die meisten fänden sogar Carlton Cole oder Darren Bent sinnvoller, als die Nominierung vom Emile Heskey.
Bei Aston Villa steht Heskey (normalerweise) hinter Agbonlahor und Carew in der Rangordnung. In der Nationalmannschaft steht er nur hinter Rooney.
Heskey ist zwar ein Mordstyp (wenn man ihn mal im Interview erlebt hat o.ä., wird das sofort klar), aber im Fußball geht es um Leistung auf dem Platz.

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Spielsystem

Das System mit dem die Mannschaft auflaufen musste, war das 4-4-2 (oder 4-1-3-2, im Prinzip dasselbe), mit Green, später James im Tor, King/Carragher/Upson neben Terry, dem defensiven Barry vor der Abwehr, einem zentralem Lampard, Gerrard auf der linken Außenbahn und rechts entweder Lennon oder Milner. Im Sturm kamen dann Rooney und Heskey oder Defoe.

Aus der Qualifikation war eigentlich schon klar gewesen, dass das nicht funktioniert. Die erfolgreichsten Spiele waren die, bei denen Capello Rooney als einzige Spitze vor einem 5-Mann Mittelfeld gebracht hat, mit zwei echten Flügelspielern.
Gerrard war in allen vier Spielen auf der linken Außenbahn und war jedesmal weder torgefährlich, noch besonders einflußreich. Noch dazu leistete er kein bißchen Defensivarbeit, wodurch Ashley Cole nicht selten gegen zwei Gegenspieler verteidigen musste. Was dessen Offensivdrang natürlich hemmte.
Lampard, der letzte Saison fast 30 Tore machte und bei Chelsea nun auf eine Quote von fast einem Tor in drei Spielen kommt (darauf wären Stürmer stolz), musste den ganzen Raum von neben Barry, bis hinter die Spitzen beackern und kam dabei weder zu vielen Chancen, noch dazu, dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken, weil er ständig alleine gegen zwei bis drei defensive Mittelfeldspieler des Gegners ran musste.

Teil Zwei