HIER GEHT ES ZU TEIL 1

5. Angenommen, Sie gestehen nach mehreren Jahren endlich. Wie tun Sie das?

a) Ich bin eine tragische Figur. Je eher die Welt das erfährt, desto besser. Also los: „Ich war ein Riesentalent, ich hätte sie alle schlagen können. Aber dann war da dieses furchtbare Doping. Zum ersten Mal habe ich als Amateur davon gehört: Plötzlich waren sie alle besser als ich, das konnte doch nicht sein. Meine Ärzte und Teamchefs (natürlich nenne ich ausgiebig Namen! You're going down, bitches!) haben mir dann so ein paar Mittel gegeben. Ich wusste gar nicht, was da drin ist, sie sagten nur „nimm das, sonst gewinnst du nicht". Ich hatte keine Wahl. So ging das jahrelang. Ich ekel mich vor mir selbst, ich weiß gar nicht, wie ich in der Lage sein konnte, diesen Betrug jahrelang zu betreiben…welcher Teufel mich geritten hat…" An diesem Punkt denke ich, dass es jetzt gut aussieht, wenn ich anfange zu heulen und Johannes B. Kerner umarme.

b) Ich berufe eine Pressekonferenz ein und murmel gelangweilt ein paar Phrasen ins Mikro, dass es mir leid tut und den ganzen Scheißdreck. Dann sage ich noch, dass Doping damals in diesem dunklen Zeitalter des Radsports eben Gang und Gäbe war, aber heute die jungen Radfahrer glücklicherweise nicht mehr damit konfrontiert würden, blabla. Also Leute, jetzt mal ehrlich, ihr wisst doch alle, wie dieses Spiel gespielt wird. Kann ich jetzt wieder gehen?

c) Ich weiß natürlich, dass ich jetzt untendurch bin, egal was ich sage, aber dann will ich wenigstens dafür bezahlt werden und Ärger mit der Justiz vermeiden. Meine Story an den SPIEGEL zu verkaufen, bringt zu wenig Geld, daher suche ich mir eine große Talkshow aus und packe exklusiv aus. Geschickt lasse ich durchsickern, dass ich ein Geständnis ablege und wann das im Fernsehen zu sehen sein wird, so dass der Sender Zeit hat, spektakuläre Teaser mit auf den Zuschauer zufliegender Schrift zu schalten und die Presse ein bisschen spekulieren kann. Auch sonst will der Voyeurismus des Publikums befriedigt sein, daher schreibe ich ein Buch. Mein Enthüllungsbericht „Ich habe niemanden betrogen – außer den Lesern des ersten Buches" erreicht sofort Rang 1 der SPIEGEL-Bestsellerliste und übertrifft den Erfolg meiner Autobiographie, welche von meinen unendlichen Qualen auf dem Weg zum Sieg und meiner übermenschlichen Willenskraft handelt und davon, wie ich mit meinem alten Bonanzarad jahrelang auf staubigen Straßen meiner vom Krieg gepeinigten Heimatstadt trainieren musste.


6. Verachten Sie Menschen wie Werner Franke oder Travis Tygart?

a) Ja sicher. Schmarotzer und Fanatiker! Wie ich schon in einem kürzlich geführten Zeitungsinterview betonte: "Diese Anti-Doping-Kämpfer gehören genauso auf den Scheiterhaufen wie die ganzen Doper!"

b) Ich kenne diese Typen noch nicht einmal. Sind das Ärzte?

c) Verachten? I pity the fools.


Ergebnis:

Mindestens dreimal Antwort a): Der Heuchler
Herzlichen Glückwunsch: Ihr Hypokritwert liegt bei über 50 %! Sie sind die gefährlichste Spezies, die man im Peloton antreffen kann. Intern rücksichtlos und auf den eigenen Vorteil bedacht (wie die meisten anderen auch), nach außen hin aber sind Sie die Reinkarnation von Mutter Theresa und glauben das mittlerweile womöglich selbst. Ihr unberechenbares Verhalten macht Sie für jeden im Radsportzirkus zu einer tickenden Zeitbombe. Nicht nur ist es ein Skandal, überhaupt daran zu denken, Sie könnten verbotene Mittel nehmen – auch beklagen Sie sich medienwirksam darüber, dass andere Fahrer das tun. Während Sie sich unter den Sportlern damit Feinde machen, lieben die Radsportfans und die Boulevardzeitungen Ihre klaren Worte und markigen Sprüche. Wenn Sie ein guter Schauspieler und vorsichtig genug sind, können Sie mit der Nummer zum Publikumsliebling werden. Aber seien Sie vorsichtig: Die Fallhöhe ist verdammt groß!

Mindestens dreimal Antwort b): Der Helfer
Sie sind der treue Diener des Systems, derjenige, der im Hauptfeld mit der Masse untergeht und allenfalls hin und wieder durch gute Leistungen auffällt. Sie sind kein Lautsprecher, sondern konzentrieren sich darauf, das Spiel so zu spielen wie viele andere und darin möglichst gut zu sein. Doping haben Sie als notwendiges Übel im Leistungssport akzeptiert. Sie sind loyal bis zur Selbstaufgabe und Ihre Lügen fallen Ihnen so leicht wie ein Anstieg der dritten Kategorie nach 10 km. Allerdings: Sie sind insgesamt zu konservativ, jemand, der am Berg wie beim Doping eher am Hinterrad der anderen hängt, statt mutig nach vorne zu gehen. Sie könnten progressiver sein und besser informiert, mit mehr Mut zum Risiko und dem Drang danach, den anderen immer einen Schritt voraus zu sein. Wenn Sie nicht an sich arbeiten, wird man sich in 20 Jahren nicht mehr an Sie erinnern, auch wenn Sie durch Zufall einmal eine große Rundfahrt gewonnen haben.

Mindestens dreimal Antwort c): Der Profi
Ihnen kann niemand das Wasser reichen. Ihre Gegner – ob im Feld oder außerhalb – sehen ständig nur Ihr Rücklicht. Sie sind manipulativ – können in einem Moment gewinnend und freundlich sein und im nächsten eiskalt und skrupellos. Wichtig ist für Sie nur, dass Sie Ihr Ziel erreichen. Ihre planerischen Fähigkeiten sind unerreicht. Ihr Charisma macht auch Skeptiker schnell zu Freunden, zum Feind will Sie ohnehin niemand haben. Wie Sie ansonsten sind, so sind Sie natürlich auch beim Dopen: Wenn Sie dopen, dann schmeißen Sie nicht planlos irgendetwas ein, sondern perfektionieren die Mischung, bis Sie den besten Cocktail im Feld haben. Passen Sie nur auf: Sie polarisieren und provozieren so, dass immer mehr Leute Ihren Kopf wollen. Und Sie neigen zur Hybris. Irgendwann könnten Sie jemanden treffen, der schlauer ist als Sie. Und dann werden Sie ihn vermutlich unterschätzen.