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26.03.2013 | 3629 Aufrufe | 5 Kommentare | 2 Bewertungen Ø 10.0
Fußball in Reinform
Was tun, wenn Profiligen aussetzen?
Länderspielpause. Nicht vieles auf dieser Welt nervt mich mehr als die Unterbrechung der heißen Phase im Ligafußball.
Nun mag die Meisterschaft gefühlt seit dem ersten Spieltag entschieden sein. Doch verspricht das Ringen um Nichtabstiegsplätze und der erbitterte Kampf um die Europapokalplätze noch richtig viel Spannung.
Was tun also, in der Länderspielpause? Die Antwort war ganz einfach: Amateurfußball. Nach kurzer Überzeugungsarbeit hatte ich auch einen guten Freund im Schlepptau. Alleine in der Kälte stehen ist ja dann auch doof.
Da hier, in der Weltmetropole Ansbach, auch nur ein einziger Verein zu Hause ist, fiel uns die Auswahl des Spiels nicht sonderlich schwer. Die Spvgg Ansbach empfing im Pigrol-Sportpark den SV Seligenporten II. Die erste Frage, die wir uns stellten: Wann im Stadion sein? Nun ja, normalerweise finde ich mich eine Stunde vor dem Spiel in der Ostkurve des Berliner Olympiastadions ein. Aber hier wird eine halbe Stunde wohl ausreichend sein. Und welch ein Wunder, kein Anstehen beim Kassenhäuschen. "Zweimal Stehplatz" - "Studenten?" - "Jou" - "Vier Euro die Karte". Passt.
Ab gings in den Sportpark. Ein Vergnügen, den Kartenabreißern bei der Arbeit zuzuschauen. Drei Männlein mit orangenen Schürzen, die sich das Papierteil aus deiner Hand greifen, es kurz einreißen und es dann auf den Boden fallen lassen. Danke sehr. Weiter gehts, keine sicherheitskontrollen. Mist, die Bengalos hatte ich wohl vergessen. Haha.
Wir fanden uns dann schließlich 20 Minuten vor Anpfiff auf der Stehtribüne ein, die gleichzeitig die komplette Gegengerade war. Auf der anderen Seite die zur Hälfte überdachte Haupttribüne. Keine Kurven. Schade. Ich schaute kurz durchs Rund und erst dann wurde mir klar: Wir sind hier die Einzigen... Doch noch gab es Hoffnung. Immerhin waren es noch 20 Minuten. Also erstmal einen Schal kaufen. Neun Euro für das Teil. Wenigstens bin ich jetzt nicht krank. Wir also wieder zurück zu den Stehplätzen, noch ´ne Viertelstunde. Oh, auf der anderen Seite sitzt einer.



So standen wir dann da. Erste Reihe, direkt über den Köpfen der Trainer. Wo waren die eigentlich? Kein Aufwärmen auf dem Platz, keine Pass- oder Schussübungen.
Die Zeit bis zum Anpfiff verging und tatsächlich füllte sich das Stadion etwas. Laut Vereinsangaben fasst das Stadion 5000 Mann. Oder 5000 Frau wie man ja heutzutage auch sagen muss. Also 5000 Mannfrau fasst das Stadion. Ich schätzte die Masse an diesem Samstag auf 200.
Egal! Ligafußball war angesagt und endlich ließen sich die Mannschaften samt Schiedsrichtergespann auf dem Platz blicken. Die Trainer fanden sich auf ihren Bänken ein, ein kurzer Münzwurf und schon gings los. Bei der ganzen Aufregung muss mir wohl entgangen sein, das sich eine ältere Frau mit zwei Hunden an uns herangeschlichen hat. Die hat sich auf den kalten Stein gesetzt. Im Stehblock. Und hat Decken für ihre Hunde mitgebracht.
Wie auch immer Ich wartete die ersten zehn Minuten vergeblich auf Fangesänge bis ich merkte: Es gibt gar keine. Mein Kumpel und ich fingen also, doch etwas scherzhaft, mit "Hubschraubereinsatz"-Gesängen an, sobald ein gegnerischer Spieler auf dem Boden lag. Generell waren wir wohl etwas lauter, als es die guten Ansbacher in ihrem Fußballwohnzimmer gewohnt sind. Denn prompt machten sie unseren Anfeuerungsrufen mit einem kurzen, wenn auch heftigen, "Pssssssscht!" ein jähes Ende. Wir sind doch hier nicht beim Tennis. Und die beiden Köter neben mir kläffen auch was das Zeug hält.
Aber man muss sich ja arrangieren. Wenigstens konnte man jetzt Trainer- und Spielerrufe hören. Toll. Aber wir waren ja auch für den Fußball gekommen.
Das Spiel fing vielversprechend an, Ansbach hatte alles im Griff und die weitaus besseren Torchancen. Freistoßflanke Berisha, Kopfball de Biasi, Latte, Torlinie und weg ist das Ding. Das hätte das Tor sein können. Die Chancen häuften sich, doch wie lautet die alte "Fußballer-Weisheit", wie mein Vater stets zu sagen pflegte? Wenn du die Dinger vorne nicht machst, kriegst du sie irgendwann selbst rein. Also ich persönlich halte ja nicht viel von Weisheiten im Fußball, was mein Vater dann auch immer gut zu hören bekam. Und was passierte im Spiel? Ecke Seligenporten, Kopfball, Latte, Torlinie und drin ist das Ding. Sorry, Papa.
Fußball halt. Es waren noch 15 Minuten zu spielen in dieser ersten Halbzeit, in der die Ansbacher doch eigentlich so dominierten. Noch eine Chance. Energischer Antritt von Rechtsverteidiger Kandler, lässt drei Leute stehen, Steilpass in die Spitze, doch Bastian Weiss verpasst den Ball um Haaresbreite. Dann der Abpfiff. Wir waren etwas genervt, die Führung für Seligenporten mehr als unverdient. Eine Bratwurst musste her. Schnauze, Köter.
Für Bier wars zu kalt. Was steht denn noch da auf der Karte? Bratwurstsemmel und Schnitzelsemmel. Hier sind Bratwurst und Schnitzel wohl nur Beilage zur Semmel. 2,50 für die Semmel mit Bratwurst. In der Tat war die Wurst kaum so groß wie die Semmel. Aber was möchte man auch für Ansprüche stellen, wenn man ein Spiel eines Amateurvereins sieht. Amateurhafte Verhältnisse bin ich als Herthaner schließlich auch gewohnt. Hehe.
Bei der Rückkehr zu den Stehplätzen fiel mir dann erstmals der VIP-Bereich auf. Etwa 5 Quadratmeter überdachte Fläche. Stehtische. Direkt hinter dem Tor. Wo eigentlich die Kurve sein sollte. Nächste Saison gibts ne Dauerkarte für den VIP-Bereich.
Auch die Anzeigetafel sprang mir plötzlich ins Auge. Da standen zwei Knirpse mit lustigen Plastikkärtchen in den Händen. Zum Aufhängen an kleinen, verrosteten Nägeln. Geil. Fußball in Reinform.
Die Frau von nebenan hat sich wohl davongemacht. Wir warteten auf den Anpfiff zur zweiten Hälfte. Ah, gute Frau, da sind sie ja wieder. War wohl nur schnell Gassi an der Eckfahne. Verdammt, welcher gesunde Mensch nimmt denn seine Hunde mit ins Stadion?!
Wurscht, Wiederanpfiff. Ich stellte mir vor, wie die Stadionregie "Enter Sandman" einspielt, während die Spieler wieder den Rasen betraten. Das war übrigens das beste am Spiel der Hertha in Aalen vor ein paar Wochen. Die Stadionregie, jaja. In diesem Fall ein armer Mann, der, vom Wind gezeichnet, neben der Haupttribüne vor einem Mikrofon sitzen durfte. Guter Job.
Die Spvgg machte inzwischen da weiter, wo sie aufgehört hatte. Erbarmungsloses Pressing, schnelle Pässe in die Spitze. Angetrieben vom technisch äußerst starken, aber doch sehr ballverliebten Spielmacher Edisan Berisha. Sah ein bisschen aus wie Wesley Sneijder. Spielte aber wohl nicht so gut. "Wenn ich Profi wäre und meine Karriere beenden würde, würde ich nur aus Spaß nochmal zu so einem Verein wechseln", sagt da mein Kumpel. Wär schon lustig. So ein Wesley Sneijder hier in Ansbach. Aber auch ohne Sneijder kam Ansbach noch zum Ausgleich. Ein glasklarer Elfmeter, Käpt´n Benny Demir verwandelte locker.
Der Coach vom SV Seligenporten, Thorsten Pöllet fand das übrigens gar nicht lustig. Seit der ersten Minute lief er seine Coaching-Zone rauf und runter, brüllte Schiedsrichter und Linienrichter an. Und dann auch noch ein Elfmeter gegen seine Mannschaft. Aber Schiri und Assi wussten, was sie zu tun haben. Beruhigend wirkten sie auf den Trainer ein, kurz vor Wiederanpfiff hielt der Linienrichter sogar ein kleines Pläuschchen mit Pöllet. "Coach, auch von meiner Seite: Das vorhin war kein Handspiel" - "Aber wir hätten das und jenes und gucken sie doch richtig hin und machen sies nächstes Mal richtig." Thorsten Pöllet... Eher Prolet, wenn ihr mich fragt. Aber jeglicher Sarkasmus einmal beiseite gelegt: Solche Schieds- und Linienrichter wünsche ich mir auch im Profibereich. Ganz sachlich sind sie mit der Situation umgegangen, ohne sich provozieren zu lassen. Hut ab.
Ansbach hatte noch viel mehr Chancen. Die eindeutigste etwa vier Minuten vor Schluss. Freistoß Ansbach. "Fredi, gib her!". Fredi Skurka, Ansbacher Trainer, gab auch sofort her. Den Ball. Schnell ausgeführt, der eingewechselte Philipp Weingärtner steht an der linken Strafraumecke völlig blank, bekommt den Ball, läuft noch ein paar Schritte. Doch anstatt den Ball einfach in die kurze Ecke zu schieben, versucht er das Kunststück und zieht den Ball über das rechte Toreck hinweg. Geiler Effet, aber wenn der Ball am Ende nur im dritten Stock der Geschäftsstelle landet, bringt das auch nichts.
Abpfiff! Nur Unentschieden. Da war deutlich mehr drin. Spaß hats auf jeden Fall gemacht. Die Spannung war am Ende sogar so groß, dass ich die Hundelady vollkommen ignorieren konnte.
"Insgesamt ist die Punkteteilung leistungsgerecht", meint der Prolet dann am Ende. Das war wahrscheinlich die schlechteste Leistung deines Teams in der ganzen Saison, Junge! Meine Güte, nicht mal anständig Unentschieden spielen kann er.
Damit wäre die Länderspielpause am Wochenende dann auch erfolgreich umschifft. Uriger Amateurfußball mit seinen ganz besonderen Eigenheiten.
Eigentlich würde ich jetzt mit einem Schlachtruf der Ansbacher schließen... Ich kenne nur leider keinen.
KOMMENTARE
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Rukavytsya93
26.03.2013 | 11:46 Uhr
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26.03.2013 | 11:46 Uhr
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Ich hätte ja sehr gerne noch ein Bild hinzugefügt, nur leider hab ich keine Ahnung, wies geht :)
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ausLE
MODERATOR
26.03.2013 | 12:49 Uhr
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ausLE : 
26.03.2013 | 12:49 Uhr
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ausLE : 
Der Blog liest sich gut. Schöner Erlebnisbericht. Vielleicht die Formatierung ändern. Ansonsten passt das.

Für Bilder einfügen gibt es 2 Hilfe-Seiten:

==> Hilfe
oder
==> Hilfe 2
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Rukavytsya93
26.03.2013 | 13:06 Uhr
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26.03.2013 | 13:06 Uhr
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Danke für die Hilfe. Komischerweise entfernt er mir nach dem Bearbeiten immer meine Absätze. Jetzt siehts n bisl gequetscht aus.
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RamekNimtal
27.03.2013 | 06:56 Uhr
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27.03.2013 | 06:56 Uhr
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Du warst tatsächlich in Ansbach?
Gegen die Zweite der Klosterer?
Respekt.
Die glorreichen Zeiten in Ansbach sind jetzt schon ein paar Tage her.
Auf dem Ansbacher Bolzplatz mit Tribüne hab ich auch schon gekickt.
Und gegen Thorsten Pöllet auch schon, war damals noch beim FC Holzheim.
Wir nannten ihn tatsächlich Prolet ...
Bist du Franke oder Berliner Groundhopper ?
Schöne Geschichte.
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Rukavytsya93
27.03.2013 | 08:18 Uhr
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27.03.2013 | 08:18 Uhr
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Haha, tatsächlich einer, der sich auskennt :)

Ich bin Berliner, studiere aber in Ansbach seit Oktober '12. Hatte mir schon länger vorgenommen, mal n Spiel der Spvgg zu sehen, aber irgendwie war die Lust auf Bundesliga dann immer n bisschen größer^^
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