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11.12.2012 um 12:17 Uhr
Vitamine bestätigen die Regel 2
Die bekannteste Beichte im deutschen Fußball bleibt aber Schumachers mit absolut reinem Gewissen geschriebene Skandal-Biografie „Anpfiff": „Ich gestehe ganz offen: Beim Training habe ich ein Medikament mit Dopingeffekt ausprobiert. Captagon heißt das Zeug." Auch er berichtet von Ephedrin und anderen Mitteln – nicht nur bei ihm: „Herbst 1984 in Köln. Einige Kölner Mitspieler probierten dieses Zeug aus - querbeet und wahllos schluckten wir Hustensäfte, die die höchsten Dosen an Ephedrin enthalten. Die saftgestärkten Kollegen flitzten wie die Teufel über den Rasen." Dem damaligen DFB-Verbandsarzt Heinz Liesen wirft er die Verabreichung von „Hormönchen" vor.



Nach diesen Aussagen bricht ganz Fußball-Deutschland über den damaligen Nationalelf-Kapitän her. Paul Breitner verteidigt den Torwart und begrüßt im SPIEGEL-Interview von 1987 die Offenheit eines aktiven Spielers: „Das Aufputschen ist im Fußball genauso an der Tagesordnung wie in anderen Sportarten." Und wer darf natürlich nicht fehlen? Die Lichtgestalt. Franz Beckenbauer weiß auch zum Thema Doping zu berichten, wie laut Kistner im „Stern" von 1977 zu lesen ist. „Medizinisch ist heute in der Bundesliga praktisch noch alles erlaubt, was den Spieler zu Höchst- und Dauerleistung treibt. Es wird gespritzt und geschluckt". Seine eigenen Eigenblutpraktiken seien da praktisch unbedenklich.

„Die Mutter aller Dopingschlachten"

Deutschland, Land der Stöffchen? Es scheint so, doch ist man in guter Gesellschaft. Andere Länder, gleiche Sitten. Beispiele gefällig? Anschnallen bitte! Im Jahr 2003 ist der vom exzessiven Leben etwas gezeichnete französische Rockstar Johnny Halliday in der Sendung „Merci pour l’Info" auf Canal . Dort verkündet er, dass er sich in einer Schweizer Klinik das Blut abnehmen lässt. „Es ist wunderbar. Man nimmt ihnen das Blut ab, führt Sauerstoff hinzu, dann fügt man es ihrem Körper wieder zu." Den Tipp habe er von seinem Freund Zinedine Zidane, der kreuzt dort „zweimal jährlich" auf. „Ich verstehe das völlig!" Reaktion des Verbands und der Fußballwelt? Schweigen! Erst 2008 reagiert Zidane und meint, dass er nichts dergleichen gemacht habe und seinen „Freund" Johnny erst zwei –, dreimal gesehen hätte. Er würde nur seit 12 Jahren regelmäßig im südtirolischen Merano ein „intensiviertes Spa-Programm" durchführen. Also nur die tattrige Antwort eines alten Alkoholikers?



Vermutlich dann doch nicht so ganz, erscheint der Name Zidanes doch auch im Rahmen des Doping-Skandals von Juventus Turin. 2004 gesteht er vor Gericht die regelmäßige Einnahme von Kreatin und geheimnisvoller Spritzen deren Inhalt er angeblich nicht kennt, aber regelmäßig vor Spielen injiziert bekommt. Kurz darauf heißt es, dass "Vitamine" verabreicht wurden. Dass es dann doch keine reinen Vitamin-Präparate waren, davon konnte der Staatsanwalt Raffaelle Guariniello in der von „Gazzetta dello Sport" titulierten „Mutter aller Dopingschlachten" den Richter überzeugen. Juventus wird nachgewiesen, dass man zwischen 1994 und 1998 systematisch mit u.a. EPO gedopt hat, wie der „Stern" 2004 berichtet. Die Ermittlungen werden bereits 1998 aufgenommen als dem Trainer Zdeneck Zeman der Kragen platzt. Wütend verdächtigt er die Spieler DelPiero und Vialli der Steroid-Einnahme zum schnelleren Muskelwachstum. Wieder so ein „Nestbeschmutzer" wie später ein gewisser Marcelo Lippi kommentiert. Darauf folgt eine Razzia in den Räumlichkeiten des Clubs. Ganze 281 verschiedene Medikamente gefunden. 2005 wird dann das Urteil in einen Freispruch umgewandelt, da es erst im Jahr 2000 das strikte Anti-Doping-Gesetz in Italien gab unter den der Fall fiel. Dieses wurde im Zuge des Ermittlungsverfahrens verabschiedet.

Spritzen, Pillen, Vitamine

Andere Klubs werden ebenso verdächtigt. Auch aufgrund des kleinen Privatvideos von Fabio Cannavaro anlässlich des UEFA-Pokal-Finals 1999 gegen Olympique Marseille in Moskau kommt der AC Parma in die Schusslinie. Wieder einmal sind die Spritzen völlig unbedenklich. In diesem Fall ist es scheinbar etwas Kreatin und Neoton, ein Medikament für Herzkranke. Das verdächtig viele Fußballer Herzprobleme haben ist bekannt. Fabio, die alte Pferdelunge, hatte aber laut der „Süddeutschen" nie solche Schwierigkeiten. Natürlich war das alles „völlig normal" wie die Branche unisono deklariert. Außer einem gewissen Trainer Zeman, aber auf den hört ja keiner. Und doch wollen Fabio und „starke Mächte" die TV-Ausstrahlung verhindern. 2009 dann erneut Dopingverdacht bei Fabio: positiv auf Cortison. Glück im Unglück: Zwei Tage zuvor hatte den Verteidiger eine Wespe gestochen. Die Sache wurde gemeldet, allerdings mit unvollständigen Unterlagen eingereicht. Alles halb so wild!



War Parma also beim Finale im Vorteil? Nicht unbedingt. Der Gegner ist auch kein unbeschriebenes Blatt, war man doch bereits einige Jahre zuvor selbst im „Vitamin"-Rausch – und gewann 1993 die erste Champions League! Bernard Tapie, der damalige Präsident, hat die harte Schule der Vitamine durchgemacht. Vor dem Fußball führte er das erfolgreiche Radsportteams „La Vie Claire". Ein gewisser Zugang zum Thema Doping darf also vermutet werden. So berichtet Marcel Desailly dann auch von einem Auftritt Tapies in der Kabine. Dabei soll er die Spieler überredet haben ominöse Pillen zu schlucken. Dies sei – trotz Warnhinweises auf der Verpackung – kontrolltechnisch unbedenklich, da es „auf die richtige Dosierung" ankäme argumentiert der Chef. Als Beweis habe er sich gleich selbst zwei Pillen mit etwas Wasser reingeschmissen. Einige Spieler hätten sich trotzdem geweigert, Desailly aber nahm „ein oder zwei" Stück. Warum? Das weiß er laut eigener Aussage auch nicht mehr, nur dass er „nicht stolz drauf" ist. Glaubt man Jean-Jacques Eydelie ist es nicht bei den Pillen geblieben. In einem Interview mit L’Equipe spricht der Ex-Spieler von „organisiertem Doping". In seinem Buch „Je ne joue plus" erzählt er, dass die Spieler regelmäßig Spritzen erhalten haben – u.a. vor dem Finale gegen den AC Mailand. Alle Spieler standen Schlange – bis auf Rudi „Nazionale" Völler. Aussagen die von den Ex-Spielern Chris Waddle und Tony Cascarino (der erst später im Verein spielte) bestätigt und erweitert wurden. Praktisch, da Eydelie auf einem Rachefeldzug ist, wurde er damals doch als Sündenbock beim Bestechungsskandal Marseilles geopfert. Nur Völler, der Anti-Doping-Held dieser Anekdote, erinnert sich in der Rheinischen Post „wirklich nicht mehr, was damals passierte".

Teil 3: Fuentes, EPO
Aufrufe: 4939 | Kommentare: 0 | Bewertungen: 14 | Erstellt:11.12.2012
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