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11.01.2013 um 21:46 Uhr
Ultra Bewegung Teil 1
Der italienische Fußball geriet wegen den rassistischen Äußerungen gegen Boateng bei der Partie Pro Patria – AC Milan wieder negativ in die Schlagzeilen. Erneut wurde viel über Rassismus in italienischen Stadien diskutiert .
"Die Fankurven in Italiens sind voller Faschisten" hieß es immer mal wieder. Natürlich ist diese undifferenzierte Äußerung nicht korrekt, jedoch beinhaltet sie einen wahren Kern : Die Politisierung von italienischen Fanszenen.
Anders als in Deutschland kann man viele Fanszenen in Italien einer politischen Richtung zu ordnen. Woher kommt das ? Was sind die Hintergründe ?
Um diese Frage zu beantworten muss man einen Blick auf die Ultrakultur in Italien blicken, welche seit Ende der 1960er dort existiert und das Bild der Kurven prägt.

Anfänge

In den 1960er nahmen, ähnlich wie in anderen Ländern, kritische Haltungen unter Jugendlichen stark zu und sie wurden auch zunehmend politisch. Dies resultierte in die Protestbewegung jener Zeit. Im Gegensatz zu anderen Staaten mischten sowohl Studenten als auch die Arbeiter bei den Protesten mit sowie, neben vielen linken Gruppen, auch rechtsextreme.
Vor diesen gesellschaftlichen Veränderungen blieben natürlich auch nicht die Stadien unbetroffen und in den Kurven fanden sich viele Jugendliche wieder, welche auch in der Protestbewegung aktiv waren.
Diese Konstellation stellte das Fundament von Fanclubs die später zu Ultragruppen wurden. Bleibt also festzuhalten, dass die Grundlage für diese Gruppen freundschaftliche Beziehungen von Jugendlichen und der gemeinsame politische Nenner war.
Zudem war ein Wandel an der Art und Weise der Unterstützung festzustellen, man setzte einen Vorsänger mit Megaphon ein der die Gesänge koordinieren sollte unterstützt von Trommeln.
Auch optisch hatten die politischen Proteste Einfluss auf die Kurven, so erhielten immer mehr Fahnen, Rauchbomben, Bengalos und Spruchbänder Einzug ins Stadion, welche bereits von den Demonstrationen bekannt waren.
Der Name der Bewegung beruht angeblich auf eine italienische Zeitung, welche einige Fans von Torono als "Ultra" (extrem) bezeichneten, weil diese einen Schiedsrichter nach einer Niederlage bis zum Flughafen verfolgten.
Als erste Ultragruppe gilt die Fossa de Leoni (Höhle der Löwen) des AC Milan, welche im Jahr 1968 gegründet wurde und zu Spitzenzeiten 10.000 Mitglieder hatte. Aufgrund ihrer Größe gilt sie als unpolitisch.
Ob eine Gruppe politisch ist und in welche Richtung lässt sich häufig anhand des Namens feststellen. So heißt eine andere Gruppe des AC Milan Brigate Rossonere in Anlehnung an die Brigate Rosse (Rote Brigaden), eine kommunistische Untergrundorganisation aus Italien.
Oder die Boys S.A.N. (Squadre d' Azione Nerrazzure) von Inter welche bei der Namensgebung von einer paramilitärischen faschistischen Gruppe namens Squadre d'Azione inspiriert wurden.
Die Bewegung bereitete sich in den 1970er schließlich von Norden nach Süden aus und in immer mehr Städten bildeten sich Ultragruppen.

Gewalt

Die Gewalt beim Fußball war auch schon vor der Entstehung der Bewegung vorhanden. Jedoch griff man nicht mehr gegnerische Mannschaften oder Schiris an, sondern andere Ultras mit denen man wegen der politischen Gesinnung oder lokalen Gegebenheiten verfeindet war. Die Gewalt hielt sich jedoch in Grenzen und diente dazu anderen Gruppen Material (Zaunfahne, Fahne, Schals) abzuziehen um sie zu demütigen.
Ernsthafte Gewaltprobleme traten erst in den 1980er auf.

Entwicklung

Am 28.Oktober 1979 ereignete sich ein tragischer Vorfall beim römischen Derby zwischen Lazio und dem AS Rom. Aus der Curva Sud der Roma werden einige Signalraketen abgefeuert, alle fliegen über das Stadion hinaus, bis auf eine. Diese landet in der Curva Nord von Lazio und trifft den 33 Jährigen Vincenzo Paparelli ins linke Auge, welcher im Krankenhaus seinen Verletzungen erliegt. Diese Tragödie löste große Bestürzung aus und auch die Ultraszene der Roma beteiligte sich bei der Suche nach dem Schuldigen.
Der Täter ist gerade mal 18 Jahre alt als er nach diesem Vorfall flüchtet und untertaucht. Nach 14 Monaten stellt er sich und wird zu knapp 7 Jahren Haft verurteilt.

Den Zulauf zu den Ultras tat dieser Vorfall jedoch keinen Abbruch. Im Laufe der 1980er erreichten die Mitgliederzahlen ihren Höhepunkt und die Ultras stellten nun den Großteil der Kurven. Diese Entwicklung hatte großen Einfluss auf die Gruppen. Zum anderen wurden die Kurven noch bunter und es wurden auch Choreos erstellt. Zum anderen änderte sich vielerorts die Haltung zur Politik.
Dies hängt mit der gesellschaftlichen Entwicklung zusammen. So ging es wirtschaftlich aufwärts und das politische Interesse vieler Jugendlicher sank. Dagegen bildeten sich neue Jugendkulturen, wie die der Skinheads, Punks und insbesondere die Paniniaro.
Sie ahmten den amerikanischen Lebensstil nach und Statussymbole wie teure Markenklamotten spielten bei ihnen eine große Rolle. Im Prinzip gelten sie als unpolitisch, jedoch fielen sie in den Kurven durch diskriminierende Äußerungen und nationalistische Tendenzen auf.
Durch diese neuen Subkulturen, wandelten sich auch die Kurven. Die politische Richtung schwenkte langsam von links nach rechts. Dieser Wandel wurde dann durch die verschlechterte ökonomische Entwicklung Ende der 1980er sowie zunehmende Migration weiter begünstigt.
Die Masse an Ultras führte dazu, dass sich viele kleinere Gruppen bildeten und es keine dominierende Gruppe gab, wodurch die Selbstregulierung der kompletten Fanszene eines Vereins erschwert wurde.
Rechte Symbolik und rassistische Äußerungen vermehrten sich immer mehr und zudem auch die Gewalt. Nicht nur die "traditionellen Feinde" waren Angriffen ausgesetzt, sondern auch welche zu denen man eigentlich keine Rivalität pflegte. Auch die Bewaffnung mit Messern und Stangen nahm stark zu. Jedoch war nie die ganze Szene gewalttätig, sondern eine Minderheit.

Die tragischen Todesfälle häuften sich :

8.Februar. 1984 : Der 20 Jährige Stefano Furlan, Anhänger von Triestina, stirbt durch die Schläge der Polizei bei Ausschreitungen zwischen Triestina und Udine Fans.

20.September 1984 : Marco Fonghessi, Fan des AC Milan, stirbt durch das Messer eines anderen Milanista, weil er eine Gruppe Milan Ultras daran hindern will die Reifen eines Wagens zu zerstechen, diese denken Marco wäre Fan von Cremonese und zücken ein Messer.

9.Oktober 1988 : Nazzareno Filippino, 32 Jahre und Ultra von Ascoli, stirbt in Folge von Kämpfen gegen Interista durch den Einsatz von Stangen und Steinen.

Hier gehts zu Teil 2 : TEIL 2
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