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02.12.2009 um 16:45 Uhr
Tradition,Moderne,Innovation? II
Dietmar Hopp:
„Hoffenheim ist eine Herzensangelegenheit" So oder so ähnlich hat er sich oft genug geäußert und man ist durchaus geneigt, diese Aussage auch zu glauben, hat Herr Hopp doch nachweislich selbst mal dort gekickt. Warum dann erst nach der Ablehnung Waldhof Mannheims die TSG „auserkoren" wurde, darf man allerdings zumindest mal vorsichtig hinterfragen.
Ich habe persönlich nichts gegen das Projekt Hoffenheim und sehe auch nichts verwerfliches daran, wenn ein Mäzen/Sponsor einen Verein seiner Wahl mit seinen persönlichen Mitteln unterstützt, dies steht in Deutschland jedem frei und sollte an und für sich auch niemanden stören.
Wohl aber darf man kritisch beobachten, wie man das Ganze darstellt. Herr Hopp äußert sich über das Finanzgebaren anderer Clubs, ohne jedoch dabei die Objektivität an den Tag zu legen, die er für sich selbst so vehement einfordert.
Kann ein „Traditionsverein" überhaupt so vorgehen, wie bei der TSG geschehen? Ich sage ganz klar: Nein!, zumindest nicht in diesem Umfang. Eine Hertha, ein BVB oder ein FC Schalke 04 sind überhaupt nicht in der Lage, so ein Projekt von Grund auf durchzuziehen, weil diese Vereine einem ganz besonderen Sachzwang Rechnung tragen müssen, der für Hoffenheim anfangs überhaupt nicht bestand: der Erfolg im Tagesgeschäft.
Keiner dieser Vereine kann sagen, „Wir nehmen jetzt mal 3 Jahre Auszeit, in der wir hier ganz in Ruhe Scouten, komplett neue Infrastrukturen schaffen und von Grund auf eine neue sportliche Identität konstruieren. Der Druck der Öffentlichkeit (Medien/Fans) würde so etwas nahezu unmöglich machen. Alle Investitionen, die man als Verein im Fokus der Öffentlichkeit tätigt, müssen immer auch in Hinblick auf kurzfristige Erfolge getätigt werden. Dieser Umstand tritt bei einem Amateurverein in der Form nicht zu Tage, denn dort bedeuten zum Einen schon vergleichsweise geringe Investitionen einen sofortigen Schritt nach vorne, zum anderen kommt es eine lange Zeit überhaupt nicht darauf an, dass sich Maßnahmen sofort niederschlagen. Man hat alle Zeit und Ruhe, einen Samen zu sähen und später zu ernten. Diese Sachzwänge müssen mit betrachtet werden, wenn man sich in die Öffentlichkeit hinstellt und von einem „Modell für die Zukunft" spricht und anderen Vereinen, mal mehr mal weniger indirekt, Professionalität und Sachverstand abspricht. Selbstverständlich wird in Hoffenheim mit hohem Sachverstand gearbeitet, doch waren die Umstände in der Vergangenheit auch deutlich leichtere, als bei Vereinen, die im täglichen Licht der breiten Öffentlichkeit stehen. In wie weit die TSG mit diesen Sachzwängen wird umgehen können, wird die Zukunft zeigen, erst dann, unter dann gleichen Umständen, wird man wirklich beurteilen können, wie viel „besser" dort mit den vorhandenen Ressourcen gearbeitet wird. In diesem Sinne täte dem gesamten Umfeld etwas weniger „mit dem Finger zeigen" und etwas mehr Demut durchaus gut.

Dietmar Hopp und seine Gegner: Auch dies ist ein schwieriges und zweischneidiges Schwert. Unbestritten ist, dass sich Herr Hopp Anfeindungen entgegen stehen sieht, die bisweilen auch unter die Gürtellinie gehen. Auch ist es, sachlich betrachtet, ein Unsinn zu behaupten „Hopp macht den Fußball/die BuLi kaputt." Diese Tatsache ist sicherlich unschön, doch auch hier gibt es ein großes ABER: Entgegen der Art und Weise, wie es von ihm gerne dargestellt wird, ist das nichts Besonderes in der BuLi, das war es in den letzten 25 Jahren nicht und wird es nie sein. In wie vielen Stadien wurde Uli Hoeneß schon aufs Übelste beschimpft? Oder Christoph Daum? Stefan Effenberg oder Oliver Kahn?! Oder jeder einzelne Schiedsrichter, von der Kreisklasse bis in die Champions League? Wie oft wurde jeder von uns Fans schon im gegnerischen Stadion beschimpft? Und wer von uns hat deswegen jemals den DFB zur Handlung aufgefordert oder sich sonstwie ständig beschwert? Keiner. Und! Das! Ist! Gut! So!

Diese Dinge gehören –mögen manche Gutmenschen und selbsternannte Niveaugötter das gerne hören oder auch nicht- zur Kultur des Fußballs dazu, gehören zu den so oft bemühten „Emotionen", die diesen Sport für uns alle und die Medien so interessant machen. Sie mögen die vielleicht unschöne Seite repräsentieren, dennoch sind sie unleugbar ein Teil des Ganzen. Wie Jubel. Pfiffe. Fanchoreografien und –Gesänge. Das Eine zu wollen und das Andere zu verdammen, ist scheinheilig. Ich ging und gehe gerne ins Stadion, ich habe schon „Schiri du Arschloch" und „Steh auf, Du Sau!" gerufen. Genauso wurde ich in anderen Stadien schon „Ruhrpott-Kanacke" oder Ähnliches genannt. Und? Würde mir Fußball so sehr gefallen, ohne all diese Emotionen? Gibt es –stimmungsmäßig- langweiligere Kicks, als die gegen Teams, die man weder besonders mag, noch besonders nicht mag? Gibt es etwas geileres, als die Derbys oder die Kicks gegen Vereine, mit denen eine Fanfreundschaft besteht? Ich denke nicht.
Wenn jemand wirklich mit Recht von sich behauptet, dass er den Fußball liebt, dann weiß er um diese Dinge und akzeptiert sie als das, was sie sind. Als Teil von Emotion, Teil vom „Säbel rasseln" und der gesamten „Unterhaltungsindustrie Fußball".
Wie sagt man so schön: „Mitleid bekommt man geschenkt, Neid muss man sich erarbeiten."
In diesem Sinne, lieber Herr Hopp und liebe Hoffenheimer, willkommen in der Liga, spielt weiter so guten Fußball und nehmt den Rest und auch euch selbst nicht so wichtig.

Ball Hoi!
Aufrufe: 6566 | Kommentare: 55 | Bewertungen: 24 | Erstellt:02.12.2009
ø 7.8
KOMMENTARE
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Rheodred
02.12.2009 | 16:50 Uhr
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Rheodred : Diskussion
02.12.2009 | 16:50 Uhr
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Rheodred : Diskussion
Ich freue mich über jeden sachlichen Kommentar zum Blog, oder zum Thema als Solches.
Die Hater jedweder Fraktion möchten sich jedoch bitte woanders dissen, ich möchtie hier eine ordentliche Diskussion und kein Bashing.

Vielen Dank im Voraus!
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seppi1989
02.12.2009 | 16:58 Uhr
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seppi1989 : 
02.12.2009 | 16:58 Uhr
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seppi1989 : 
schöner und objektiv geschriebener Blog !!

ich denke das ist ein sehr schwieriges Thema von daher mal schaun wie er aufgenommen wird mir gefällt er.

Bin bsp ganz deiner Meinung wenn es um die Emotionen im Sport geht !!
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vandervaart23
02.12.2009 | 17:02 Uhr
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02.12.2009 | 17:02 Uhr
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guter sachlicher blog zu einem aktuellen thema 10p.

seppi1989
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seppi1989
02.12.2009 | 17:08 Uhr
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seppi1989 : @vdv
02.12.2009 | 17:08 Uhr
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seppi1989 : @vdv
was willst du von mir ?? lass den scheiß !!
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Realmadrio
02.12.2009 | 23:30 Uhr
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Realmadrio : 
02.12.2009 | 23:30 Uhr
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Realmadrio : 
sehr guter blog. drück ganz meine meinung über diesen club aus. wenn hopp nicht die ganze zeit so rummeckern würde, würde er auch vielleicht ein bisschen weniger beschimpft.
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Lila_Weisser_Held
03.12.2009 | 10:57 Uhr
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03.12.2009 | 10:57 Uhr
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Na ja ...

Zwei Dinge:

1. Warum sollten sich die Hertha, S04, der BVB oder auch andere Vereine den "Luxus" einer Neu- oder Umstrukturierung - auch über mehrere Jahre - nicht leisten können?
Die Hertha wird wahrscheinlich um genau diesen Schritt gar nicht herumkommen.
Andere Vereine sind ihn doch schon - teils mehrfach - gegangen. Nach sportlichem Misserfolg z.B.
Die einzigen, die ich da mal ausnehmen möchte sind vielleicht die Bayern.

2. Weil Beleidigungen Tradition haben muss ich mich damit abfinden? Seh ich nicht so. Zum einen ist es etwas anderes, ob du als Auswärtsfan, oder teils einfach nur aufgrund deiner Funktion (Schiri, Ordner, Polizei) pauschal und anonym beschimpft wirst oder ob du speziell als Person tatsächlich beleidigt wirst.
Und dass es den betroffenen Personen in der Vergangenheit nichts ausgemacht hat? Kühne Behauptung.
Ein Gerald Asamoah ist genau so beschimpft worden wie Olli Kahn. Ich sach nur Banane und Affengeräusche. Für den Gerald wars rassistisch ...
Und weißt du, wie sich Kahn Effenberg, Basler, Maik Franz und Co. tatsächlich fühlen/gefühlt haben? Ich nicht.
Hätten sie nicht vielleicht anders reagiert, wenn dieser "Tatbestand" nicht von so vielen als "selbstverständlich" und "normal" angesehen würde?
"Ey, stellt euch mal nicht so an, ey." Insofern finde ich sogar den Kern der Aussage Schindelmeisers in Bezug auf Robert Enke richtig.

Karsten Baumann hat es vor zwei Wochen noch drastischer formuliert:

"Vor nicht einmal einer Woche haben wir uns alle ermahnt zu vorsichtigem Umgang miteinander. Dieser Appell hat nicht lange gehalten."

Nämlich eben keine Woche. Recht hat er ...
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Rheodred
03.12.2009 | 11:12 Uhr
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Rheodred : 
03.12.2009 | 11:12 Uhr
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Rheodred : 
@LWH:
Zu 1: Ganz, ganz wenige Anhänger der benannten Teams würden es wirklich mitmachen, wenn ein Vereinsvorstand sagen würde:
"Wir fangen jetzt mal in der 4. oder 5. Liga ganz in Ruhe und neu an."
Ein gewachsener Großverein ist ein Geflecht aus Verträgen (wirtschaftlicher und sportlicher Art) verknüpft, die kaum "mal eben" aufgekündigt werden könnten.
Wer sollte z.B. eine HSH-Nordbank Arena oder einen Signal Iduna Park in der 4. Liga finanzieren können?
Du kannst ein Projekt wie Hoffenheim nur dann durchziehen, wenn Du die ersten wichtigen Weichenstellungen und Phasen des Projektes nur unter relativem Ausschluss der Öffentlichkeit machen kannst, wenn Du in derartigen Entscheidungen nahezu völlig frei bist und weder großen Fangruppen, noch den Massenmedien Rechenschaft schuldest.
Du benötigst wirklich eine Tabula Rasa, die KANN ein gewachsener Großverein nicht mal eben schaffen.
Sicherlich, ein Verein wie Hertha BSC könnte die momentane Situation theoretisch(!) nutzen, um zu sagen: wir können die Klasse wahrscheinlich eh nicht halten, wir versuchen einen wirklichen, echten Neuanfang.
Aber: können die sich das bei ihren Verbindlichkeiten tatsächlich leisten? Wäre das wirtschaftlich irgendwie darstellbar?
Ich denke, eher nein. Wenn du einen kleinen Amateurverein nimmst und vielleciht als Mäzen mal eben ein paar hundert tausend Euro nehmen musst, um die Chose schuldenfrei zu kriegen, ist das das Eine.
Müsstest Du derstmal 30, 40 oder noch mehr Millionen dafür in die hand nehmen, um überhaupt anfangen zu können, ist das sicherlich ungleich schwieriger, wenn nicht gar unmöglich.
Von daher kann ein gewachsener Groqverein immer nur mehr oder weniger deutlich an ein paar Stellschrauben drehen, aber keiner dieser Vereine kann "mal eben" den Reset-Knopf drücken.
Das geht nur bei einem kleinen Amateurverein.

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Rheodred
03.12.2009 | 11:23 Uhr
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Rheodred : 
03.12.2009 | 11:23 Uhr
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Rheodred : 
Zu 2: Nein, man muss sich nicht unbedingt damit abfinden. Und jeder Bundesligaverein hat mittlerweile Fan-Abteilungen oder Ähnliches, die sich da um Moderation bemühen und versuche, die "schwarzen Schafe" auszusieben.
Man muss sich aber nicht hinstellen und so tun, als sei man das einzige Opfer solcher Entgleisungen. Und man muss auch mal hinterfragen, woher solche Entgleisungen kommen.

Das Thema Asamoah ist ein gutes Beispiel: Wie viele schwarze Profis haben wir in der BuLi? 70? 80?
Und wie viele davon werden rassistisch beschimpft?
Ich höre so etwas nie von Tinga. Oder Boateng. Oder Zé Roberto. Oder Farfan. Oder Cacau. Oder Dede. Oder, oder, oder...
Nahezu ausschliesslich höre ich sowas von Asamoah.
Sind diese Äusserungen vielleicht gar nicht rassistisch motiviert, sondern fußen viel mehr darauf, dass der Spieler an sich sehr vielen Leuten unsympatisch ist?
Sagen die das vielleicht nur, weil sie wissen, dass ihn das mehr beleidigt, als wenn sie ihn "Du A...loch" oder sonstwas schimpfen?

Nein, das macht es im Grundsatz nicht wesentlich besser, aber es hat dennoch eine andere Qualität.
Und wenn die Beleidigungen gegen einen Hoeneß z.B. nicht persönlich waren und sind, dann weiß ich es auch nicht.
Ulf Kirsten sagte mal auf die Frage nach Fan-Beschimpfungen: "Das macht mich stolz und spornt mich an. Denn wenn mich die gegnerischen Fans nicht beschimpfen, dann weiß ich, dass ich schlecht gespielt habe."

Jeder, der sich mit Fußball beschäftigt, der muss sich im Klaren sein, dass Personen mit besonderem Profil oder besonderem Verhalten die Öffentlichkeit spalten und enstprechend behandelt werden. Das ist absehbar.
Man muss/soll das nicht gut finden. Und natürlich kann man da auf verschiedene Weise gegen anarbeiten.
Aber sich hinstellen, als sei man der einzige arme Tropf auf der Welt und sogar noch irgendwelche Gesetze oder Sanktionen fordern, ist der Akzeptanz sicherlich nciht förderlich.
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oliver
03.12.2009 | 12:06 Uhr
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oliver : ...
03.12.2009 | 12:06 Uhr
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oliver : ...
sehr guter text! sehr sachlich und aufgeregt - und aus meiner sicht in jedem einzelnen absatz absolut zutreffend. stark!
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rhymez
03.12.2009 | 13:04 Uhr
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rhymez : 
03.12.2009 | 13:04 Uhr
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rhymez : 
geht doch .. endlich mal jemand, der einen sehr objektiven blog verfasst hat ... stimmt in vielen punkten mit meiner meinung überein .. sehr sachlich geschrieben .. 10 punkte dafür... daaankeeee =)
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