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Von: RBFriese
04.04.2013 | 1257 Aufrufe | 2 Kommentare | 8 Bewertungen Ø 7.0
Der Grand Prix der Teamorder-Kontroverse
Teamorder als Auslegungssache
Nach diesem Rennen bist du nicht nur pro oder kontra Teamorder, du musst auch Stellung zur Person Sebastian Vettel beziehen.


Der Große Preis von Malaysia 2013 wird wohl in die Geschichte eingehen, als der Grand Prix der Teamorder-Kontroverse. Schwierig, dabei neutral zu bleiben.


Nach diesem Rennen bist du nicht nur pro oder kontra Teamorder, du musst auch Stellung zur Person Sebastian Vettel beziehen.


Heißt Teamorder, sich in den Dienst der Mannschaft zu stellen, oder seinen Teamkollegen den Vorzug zu geben?


Ist das Handeln gegen die Anordnung egoistisch, kalkuliert, oder weitsichtig?


Und nicht zuletzt die Frage: Findet das Rennen auf der Strecke statt, oder auf den Taktiktafeln der Teamchefs?


Die Ausgangslage ist doch Folgende.


Ein Formel 1 Team geht mit zwei Fahrern an den Start, denen in der Regel das exakt gleiche Auto zur Verfügung steht. Beiden Piloten haben somit die gleichen Voraussetzungen.


Ziel des Teams ist es, den Konstrukteurstitel zu gewinnen.


Ziel des Fahrers ist es, den Fahrertitel zu gewinnen.


Einen Weltmeister im Team sein Eigen nennen zu können wird jedoch in der Regel dem Konstrukteurstitel vorgezogen.


Kristallisiert sich also im Laufe der Saison heraus, dass einer der Fahrer im Team bessere Chancen auf den Titel hat, so wird er für gewöhnlich im Bereich des Machbaren bevorzugt.


So weit, so nachvollziehbar, so schon unzählige Male geschehen.


Beim erst zweiten Rennen der Saison 2013 ist die Teamorder-Diskussion aber eine etwas andere. So früh im Jahr kann sich noch kein Fahrer brilliert haben.


Am Anfang der Saison hat die Teamorder eine beinahe gegenteilige Bedeutung.


Die Chancengleichheit soll so lange wie möglich gehalten werden und zunächst einmal sollen möglichst viele Punkte fürs Team gesammelt werden.


Zu vermeiden gilt es vor allem, sich auf risikoreiche Manöver einzulassen und sichere Punkte leichtfertig aufs Spiel zu setzten.


Das ist die Theorie.


In Sepang ereigneten sich nun gleich zwei Beispiele für den Umgang mit den Anordnungen von der Boxenmauer.


Nico Rosberg wurde es von seinen Vorgesetzen bei Mercedes untersagt, Lewis Hamilton auf Platz drei zu überholen. Zwar schien Rosberg die schnellere Pace fahren zu können, die Taktik des Teams sah jedoch vor, Sprit zu sparen und die Autos, sowie die Nerven zu schonen. Nico beließ es dabei.


Die beiden Red Bull Piloten lagen in Führung mit Mark Webber an der Spitze. Auch Sebastian Vettel hielt seinen Boliden für schneller, wurde aber ebenfalls um Zurückhaltung gebeten, um dem Material und den Gemütern so wenig Belastung wie möglich auszusetzen.


Vettel entschied sich gegen die Interessen seines Teams, setzte zum Überholen an und fuhr den Sieg ein.


Nahezu gleiche Ausgangslage also bei beiden Teams. Doch wer verhielt sich richtig, Rosberg oder Vettel?


Ginge es nach der breiten Masse der Öffentlichkeit, dann gebühre Rosberg große Anerkennung und Respekt für das aufopferungsvolle Aufgeben seiner eigenen Ambitionen.


Vettel hingegen scheint schon jetzt als Buhmann der Saison zu gelten, bilde sein Manöver doch ein Höchstmaß an Egoismus und gemeinem Kalkül.


Es entwickelt sich also zu einer Ethik Frage.


Selbstverständlich, wäre es netter gewesen, Webber den Sieg zu überlassen. Der Australier fuhr nach Angaben des Teams ja schließlich absichtlich nicht am Limit, da die Vorgabe lautete, Reifen und Motor zu schonen. Außerdem wurde ihm von der Box zugesichert, man würde das Vettel gleiche gebieten und ihn zurück halten.


Natürlich war es leichtsinnig von Vettel, ein Überholmanöver zu riskieren. Das ging 2010 in der Türkei schon einmal daneben, als eine teaminterne Kollision den Traum von sicheren Punkten jäh zunichte machte. Und Material schonend ist so ein Attackieren schon gar nicht.


Ohne Zweifel ist auch das Widersetzen gegen die Anordnung der Vorgesetzten zu verurteilen. Denn die Taktik und das Verhalten in bestimmten Rennsituationen wurden schon vor dem Rennen besprochen.


Doch wo hört Ethik auf und wo fängt Wettkampf an?


Allen vermeintlichen Gerechtigkeits-Fanatikern zum trotz, muss man sich doch Folgende Fragen stellen.


I st nicht der Sinn des Sports, sich als bester Fahrer auf der Strecke auszuzeichnen?


Hat das taktische Schonen von Reifen und Motoren noch etwas mit Motorsport zu tun?


Leidet der Wettkampf unter solch teaminternen Absprachen nicht mehr, als unter der Entscheidungsfreiheit des Fahrers?


Auch zur Person Sebastian Vettel gilt es darüber nachzudenken:


Ist es nicht der Schlüssel zum Erfolg, seine eigenen Interessen zur richtigen Zeit auch einmal über die der anderen zu stellen?


Wie hätte ein Alonso, ein Hamilton oder irgendein anderer Weltmeister, gar ein Ayrton Senna, in seiner Situation reagiert?


Und besteht nicht vielleicht die Möglichkeit, dass Vettel die Situation richtig einzuschätzen wusste? Schließlich ging ja alles gut, das Team behielt seine Punkte und es kam keiner zu Schaden.


Pro oder Kontra Teamorder. Vettel-Kritiker oder Seb-Befürworter. Seine Meinung muss und soll sich auch jeder selber bilden.


Unbestreitbar bleibt jedoch die Tatsache, dass wir an diesem Sonntag ein mehr als spannendes Rennen erleben durften. Und im Endeffekt sind es doch solch hoch kochende Emotionen, die die Formel 1 zu einem der beliebtesten Sportarten der Welt macht.


KOMMENTARE
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AgeMD
04.04.2013 | 14:34 Uhr
1
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AgeMD : 
04.04.2013 | 14:34 Uhr
0
AgeMD : 
Ein wirklich toller Blog! Kurze, klare Sätze, viel Inhalt, Bravo!

Einziger Wermutstropfen:
Leider hast Du nach "Doch wo hört Ethik auf und wo fängt Wettkampf an?" nicht aufgehört... Bis dahin wunderbar nüchtern und emotionslos. Das Plädoyer pro Vettel hätte m.E. nicht not getan, da von der bis dahin wirklich sehr gut gewahrten Neutralität etwas zu Gunsten der Vettel-Seite abgerückt wird.

Deshalb (nur) 9/10!
1
RBFriese
05.04.2013 | 09:08 Uhr
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RBFriese : 
05.04.2013 | 09:08 Uhr
0
RBFriese : 
Vielen Dank für die gute Bewertung und die konstruktive Kritik.
Wie schon erwähnt ist es ja aber auch wirklich schwer, sich bei dem Thema nicht auf eine Seite zu schlagen, aber ich bin eigentlich stets um Neutralität bemüht...
Ist auf jeden Fall sehr nett, mal eine Meinung zum Geschriebenen zu bekommen... ;)
Bin ja noch neu hier.
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