Mit seiner Erfahrung und beängstigend stoischen Ruhe hat er den abstiegsgefährdeten VfB Stuttgart vor dem zweiten Untergang in die Zweitklassigkeit bewahrt und dafür gesorgt, dass die Schwaben weiterhin die Bundesliga bereichern dürfen. Aber zuvor hatte Huub Stevens wenig Grund zur Freude...
Der 60-jährige Holländer startete die Saison 2013/14 beim Traditionsverein aus Thessaloniki, PAOK. Dort galt er als Hoffnungsträger und viele waren guten Mutes endlich wieder mal, nach 1976 und 1985, den griechischen Meistertitel in Makedonien besichtigen zu können, da Spieler wie Stoch, Tzavellas, Lucas oder Ninis im Sommer die Mannschaft verstärkten. Zudem hob Vereinspräsident, Ivan Savvidis, die Messlatte ziemlich hoch und verursachte eine riesengroße Euphorie im Umfeld des Clubs. Zwar scheiterte die Stevens - Truppe Ende August nur knapp an den FC Schalke 04 in der Champions League Qualifikation, aber spätestens nach dem 0:4 Debakel bei Olympiakos Piräus am 11. Spieltag brannte die Hüte lichterloh bei den schwarz - weißen. Die Bindung zwischen Trainer und Team schien gebrochen zu sein und von Harmonie, sowie Zusammenhalt im Spiel der Nordgriechen, war kaum noch was zu spüren.
PAOK konnte sich nach dem Piräus - Spiel nicht mehr einfangen, sodass die vorzeitige Kündigung des Holländers auf dem Programm stand. Der emotionslose Auftritt gegen den Dauermeister und großen Erzrivalen brachte einen herben Knick in der ohnehin schon angespannten Gemütslage der Thessaloniker. Spieler wie zum Beispiel Miroslav Stoch, der stark begann, verloren jegliches Selbstvertrauen, wobei Stevens nach ganz schwachen Leistungen alles schön redete. Die Truppe wirkte von Spiel zu Spiel unkonzentrierter, verunsichert und des öfteren völlig von der Rolle. Sogar bei Siege konnte man keineswegs überzeugen und die zahlreichen fanatischen Fans fingen an zu... knurren. Einige Spieler verstanden sich gar nicht mehr mit den Trainer. Jedes Wochenende stand eine stark veränderte Startformation auf dem Rasen, was der Mannschaft nicht zugute kam. Obwohl man im heimischen "Toumpa Stadion" einen neuen Rekord aufstellte (16 Siege, 1 Unentschieden), entpuppte sich die Mannschaft als extrem auswärtsschwach (5 Siege, 5 Unentschieden, 7 Niederlagen).
Stevens, Stoch und die Problematik
Am 02.03.2014 zog Ivan Savvidis die Reißleine und löste den Vertrag des Holländers auf. PAOK führte in Heraklion gegen eine extrem schwache Ergotelis Truppe mit 2:0, doch in der Schlussphase musste man sich mit einem 2:2 Unentschieden begnügen. Letztendlich erwies sich der Schritt sich von Huub Stevens zu trennen als richtig, da die Mannschaft befreiter aufspielte. Vor allem der slowakische Nationalspieler, Miroslav Stoch, blühte wieder auf und fand zu seiner alten guten Form. Der 24-jährige offensive Mittelfeldspieler verstand sich überhaupt nicht mit Stevens. Anfang Februar beim Auswärtsspiel in Chania gab es richtig viel Zoff zwischen den beiden. PAOK lag mit 1:2 hinten, als Stoch in der 76. Minute den Ball absichtlich nicht kontrollierte, sodass das Spiel unterbrochen werden konnte. Grund dafür sorgte eine Verletzung eines Gegenspielers, wobei Stoch sich für ein fair-play entschieden hatte. Stevens sah die ganze Situation anders und schimpfte wild gegen seinen Spieler. Der Slowake wollte anfangs noch erklären, doch danach schrie er in Richtung seines Trainers: "Fuck off"! Der Spieler wurde für seine Beschimpfung und Respektlosigkeit gegenüber dem Trainer vereinsintern bestraft und sein Verhältnis mit Stevens erreichte einen neuen Tiefpunkt.
Beim Europa League Spiel in Lissabon gegen Benfica, wechselte der Holländer Stoch zu Beginn des zweiten Durchgangs ein, nur um ihn wieder in der 83. Minute auszuwechseln. Die Griechen unterlagen am Ende klar mit 3:0 und zogen mit zwei Niederlagen den kürzeren, doch dieser Wechsel sorgte für reichlichen Gesprächsstoff in Thessaloniki. Der quirlige Slowake wirkte ratlos bei seiner Auswechslung und den Tränen nahe. Stevens versuchte ihn zu umarmen, doch der Spieler wich ihn gekonnt aus um in die Katakomben zu verschwinden.
Seitdem Huub Stevens nicht mehr die sportliche Leitung bei PAOK führt, drehte Miroslav Stoch deutlich auf und entwickelte sich zum absoluten Leistungsträger. Die Mannschaft eliminierte sogar im Pokal - Halbfinale Olympiakos Piräus und erreichte somit nach 2003 das Endspiel. Dort unterlag man zwar überraschend klar Panathinaikos Athen mit 1:4 (0:1), aber man hatte in der ersten Halbzeit gleich 3 hochwertige Chancen sich eine bessere Ausgangslage zu verschaffen. Dennoch wirkte die Mannschaft geschlossener als zuvor mit Stevens.
Allerdings hatte der erfahrene Coach nicht viel Zeit eine schlagkräftige Truppe zu formen. Die Mentalität beim Verein wurde Stevens zum Verhängnis. Man wollte zu schnell zu vieles in kürzester Zeit. Ausserdem, hielt der Vereinspräsident sein Versprechen, viele teure Transfers zu holen, nicht ein. Somit musste sich der Trainer in der Winter - Transferperiode mit Leihspieler (Danny Hoesen, Juan Insaurralde) abfinden, oder sogar mit formschwache Ex - Stars (Hedwiges Maduro). Ausser den israelischen Ausnahmespieler, Bibras Natcho, wurde die Truppe nicht sonderlich verstärkt. Insgesamt holte Ivan Savvidis 19 neue Akteure binnen zwei Transferperioden. Um ein neues Team zu formen braucht man viel Zeit und unermüdliches Vertrauen. Beides wurden Huub Stevens nicht gegeben, aber auch der Holländer zeigte den Fahden in der Kabine mit seiner Art verloren zu haben. Im Nachhinein erwies sich die Trennung im beidigen Interesse als gute Lösung. Huub Stevens fand sein spätes Glück in Stuttgart und PAOK wird sich nach den Play - off Spielen anderweit orientieren müssen und sich mal wieder auf Trainersuche zu begeben.
