Seit 65 Jahren im Verein, seit 41 Chef-Trainer
Schaafscheren
Es waren die Tage der Trainer-Granden: Mancini, Schaaf, Wollitz. Kein Tag verging ohne ein deutlich vernehmbares Winseln aus kontinentalen Coaching-Zonen.
Es begann in München. Die Bayern, Erster in allen Lebenslagen. Jupp Heynckes schloss sein Hintertürchen bis auf einen zwei Zentimeter dünnen Lichtkegel. Sir Alex Ferguson nahm sein Kaugummi aus dem Mund (wir berichteten), schritt erhaben durch ein Spalier. Roberto Mancini verlor den Cup gegen einen Absteiger, wurde zudem erbärmlicher Zweiter in der Meisterschaft und folgerichtig vom Hof gejagt. Man City und Man Cini, eine Ehe in Trümmern. Die vollständige Doku: In Kürze auf RTL II.
Dann der Donnerhall in Deutschland. Die Weser schwappte über. Der Pegel brachte sogar fest verwurzelte Eichen in Bedrängnis. Und den frisch eingepflanzten Eichin. Der profilierte Fußball-Manager wanderte hinaus auf den Osterdeich, schaute sich skeptisch um, sah die windigen Weiden und die zerstreute Schaafherde. Das war zu viel für den Mann, der lange Jahre von flinken Haien verwöhnt wurde. Er musste handeln. Behauptet er. Glaubt er?
Thomas Schaaf, seit 65 Jahren im Verein, seit 41 Chef-Trainer, verlässt Werder Bremen. Sofort und - natürlich - einvernehmlich. Ein Berufs-Beben, das erst sacken musste, bevor man es begriff. Ich las die Neuigkeit aufmerksam, las sie noch einmal, versicherte mich, ob ich wirklich lesen und verstehen könne, wenigstens in Einzelschritten, händigte mir die Bestätigung aus - und kapierte doch nichts.
Wer hat Bremen da verlassen? Thomas Schaaf? DER Thomas Schaaf? Der mit dem kongenialen Allofs im Schlepptau, der über Pizarro, Ailton, Micoud, Klose, Diego, Özil den Zauberstab kreisen ließ, der dreimal Pokalsieger und einmal Meister wurde, der nüchtern-launige Interviews gab, dabei immer kultiger wurde, und der in der Champions Leauge gegen Madrid, Turin, Barcelona glorreiche Fußball-Feste zelebrieren durfte?
Oder der Thomas Schaaf mit dem eigenartigen Eichin im Kreuz, über den Charisteas, Carlos Alberto, Silvestre, Wesley, Arnautovic, Elia den Stab brachen, der den Europapokal dreimal nur vom Hörensagen kannte und mehr als einmal in Abstiegsnöte geriet, der stereotyp-abgeschlaffte Interviews gab, dabei immer mürrischer wurde, und der in der Champions League gegen Lyon, Famagusta, Panathinaikos deftige Blamagen ertragen musste?
Wer? Der? Bremen.
1999 bis 2013. So viel Zeit. Zum Gewinnen, zum Verlieren. Zum Aufbauen, zum Einreißen. Zum Entwickeln, zum Stagnieren. Zeit, um eine Institution zu werden und Zeit, um am Denkmal zu rütteln. Zeit, um Zeit zu vergeuden und Zeit, um Zeit zu finden. Für etwas Neues. Oder, wie beim HSV, um in diesen 14 Jahren 14 Trainer zu installieren und zu verschleißen.
Der Pathos mündet in Panik: Als Thomas Schaaf am 11. Mai 1999 zum ersten Mal auf der rautenförmigen Trainerbank Platz nahm, war der FC Bayern München bereits Meister, stand im Endspiel der UEFA Champions League und hatte das Pokalfinale erreicht. Als Thomas Schaaf am 11. Mai 2013 zum letzten Mal auf der rautenförmigen Trainerbank Platz nahm, ist der FC Bayern München bereits Meister, steht im Endspiel der UEFA Champions Leauge und hat das Pokalfinale erreicht.
1999 starben sie den Sekundentod von Camp Nou - gegen Manchester, gegen Ferguson. Danach unterlagen sie im Elfmeterschießen von Berlin - gegen Bremen, gegen Schaaf. Ich will keine bösen Geister beschwören, allein aus Eigeninteresse. Aber sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.
Scholl und Effenberg, vielleicht Babbel, sicherlich Matthäus, jedenfalls 99er Protagonisten, haben den Bremer Stadtmusikanten schon ihre Initiativbewerbugen gesandt. Auf dass sie ein wenig Krach für ihre Klienten machen. Noch so ein Wink. Mit dem ganzen Zaun. Und zu allem Schlamassel beendete David Beckham just an diesem Donnerstag seine Glitzer-Glamour-Posh-Spice-Karriere. Becks, weiland Eckenschütze der Nachspielzeit. Es schaudert mich...
Dem skrupellosen Schaafscheren fielen im Übrigen weitere Star-Trainer zum Opfer. Rafa Benitez holte mit Chelsea die Europa League, gefeuert wird er trotzdem. Wohltuend unkompliziert ist die Sachlage bei Claus-Dieter Wollitz: Zunächst den Aufstieg in die zweite Liga verpasst, dann den Vorstand in den verbalen Schwitzkasten geklemmt und dabei auch noch so ungeschickt gewesen, sich von einem der vier anwesenden Fans heimlich filmen zu lassen. Die Netzgemeinde war erquickt. Und Wollitz seinen Job los. Der VfL Osnabrück sucht also einen neuen Trainer. Signore Mancini, Señor Benitez, Herr Schaaf - das Rennen ist eröffnet.
Bildquelle: spox.com
Es begann in München. Die Bayern, Erster in allen Lebenslagen. Jupp Heynckes schloss sein Hintertürchen bis auf einen zwei Zentimeter dünnen Lichtkegel. Sir Alex Ferguson nahm sein Kaugummi aus dem Mund (wir berichteten), schritt erhaben durch ein Spalier. Roberto Mancini verlor den Cup gegen einen Absteiger, wurde zudem erbärmlicher Zweiter in der Meisterschaft und folgerichtig vom Hof gejagt. Man City und Man Cini, eine Ehe in Trümmern. Die vollständige Doku: In Kürze auf RTL II.
Dann der Donnerhall in Deutschland. Die Weser schwappte über. Der Pegel brachte sogar fest verwurzelte Eichen in Bedrängnis. Und den frisch eingepflanzten Eichin. Der profilierte Fußball-Manager wanderte hinaus auf den Osterdeich, schaute sich skeptisch um, sah die windigen Weiden und die zerstreute Schaafherde. Das war zu viel für den Mann, der lange Jahre von flinken Haien verwöhnt wurde. Er musste handeln. Behauptet er. Glaubt er?
Thomas Schaaf, seit 65 Jahren im Verein, seit 41 Chef-Trainer, verlässt Werder Bremen. Sofort und - natürlich - einvernehmlich. Ein Berufs-Beben, das erst sacken musste, bevor man es begriff. Ich las die Neuigkeit aufmerksam, las sie noch einmal, versicherte mich, ob ich wirklich lesen und verstehen könne, wenigstens in Einzelschritten, händigte mir die Bestätigung aus - und kapierte doch nichts.
Wer hat Bremen da verlassen? Thomas Schaaf? DER Thomas Schaaf? Der mit dem kongenialen Allofs im Schlepptau, der über Pizarro, Ailton, Micoud, Klose, Diego, Özil den Zauberstab kreisen ließ, der dreimal Pokalsieger und einmal Meister wurde, der nüchtern-launige Interviews gab, dabei immer kultiger wurde, und der in der Champions Leauge gegen Madrid, Turin, Barcelona glorreiche Fußball-Feste zelebrieren durfte?
Oder der Thomas Schaaf mit dem eigenartigen Eichin im Kreuz, über den Charisteas, Carlos Alberto, Silvestre, Wesley, Arnautovic, Elia den Stab brachen, der den Europapokal dreimal nur vom Hörensagen kannte und mehr als einmal in Abstiegsnöte geriet, der stereotyp-abgeschlaffte Interviews gab, dabei immer mürrischer wurde, und der in der Champions League gegen Lyon, Famagusta, Panathinaikos deftige Blamagen ertragen musste?
Wer? Der? Bremen.
1999 bis 2013. So viel Zeit. Zum Gewinnen, zum Verlieren. Zum Aufbauen, zum Einreißen. Zum Entwickeln, zum Stagnieren. Zeit, um eine Institution zu werden und Zeit, um am Denkmal zu rütteln. Zeit, um Zeit zu vergeuden und Zeit, um Zeit zu finden. Für etwas Neues. Oder, wie beim HSV, um in diesen 14 Jahren 14 Trainer zu installieren und zu verschleißen.
Der Pathos mündet in Panik: Als Thomas Schaaf am 11. Mai 1999 zum ersten Mal auf der rautenförmigen Trainerbank Platz nahm, war der FC Bayern München bereits Meister, stand im Endspiel der UEFA Champions League und hatte das Pokalfinale erreicht. Als Thomas Schaaf am 11. Mai 2013 zum letzten Mal auf der rautenförmigen Trainerbank Platz nahm, ist der FC Bayern München bereits Meister, steht im Endspiel der UEFA Champions Leauge und hat das Pokalfinale erreicht.
1999 starben sie den Sekundentod von Camp Nou - gegen Manchester, gegen Ferguson. Danach unterlagen sie im Elfmeterschießen von Berlin - gegen Bremen, gegen Schaaf. Ich will keine bösen Geister beschwören, allein aus Eigeninteresse. Aber sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.
Scholl und Effenberg, vielleicht Babbel, sicherlich Matthäus, jedenfalls 99er Protagonisten, haben den Bremer Stadtmusikanten schon ihre Initiativbewerbugen gesandt. Auf dass sie ein wenig Krach für ihre Klienten machen. Noch so ein Wink. Mit dem ganzen Zaun. Und zu allem Schlamassel beendete David Beckham just an diesem Donnerstag seine Glitzer-Glamour-Posh-Spice-Karriere. Becks, weiland Eckenschütze der Nachspielzeit. Es schaudert mich...
Dem skrupellosen Schaafscheren fielen im Übrigen weitere Star-Trainer zum Opfer. Rafa Benitez holte mit Chelsea die Europa League, gefeuert wird er trotzdem. Wohltuend unkompliziert ist die Sachlage bei Claus-Dieter Wollitz: Zunächst den Aufstieg in die zweite Liga verpasst, dann den Vorstand in den verbalen Schwitzkasten geklemmt und dabei auch noch so ungeschickt gewesen, sich von einem der vier anwesenden Fans heimlich filmen zu lassen. Die Netzgemeinde war erquickt. Und Wollitz seinen Job los. Der VfL Osnabrück sucht also einen neuen Trainer. Signore Mancini, Señor Benitez, Herr Schaaf - das Rennen ist eröffnet.
Bildquelle: spox.com
ø 9.8
KOMMENTARE
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16.05.2013 | 18:22 Uhr
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Schnumbi :
@ Roy: gang ganz große Klasse.
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16.05.2013 | 19:43 Uhr
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16.05.2013 | 20:16 Uhr
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ausLE :
wiedermal ein schöner Abschiedsblog. Ist Dir gut gelungen.
Und der 99iger Vergleich, nicht schlecht. Als Bayernfan sollte man also auf 2 Tore in der Nachspielzeit wetten, um wenigstens einmal am Abend als Sieger hervor zu gehen
Einen 10ner hast Du schon mal
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20.05.2013 | 09:54 Uhr
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Jake_mit :
Hi Roy,schön geschrieben, aber eine kleine inhaltliche Anmerkung:
- die Schaafherde wurde drei mal Pokalsieger ('99, '04, '09) und nicht zweimal - ausser du willst die 99er Sieg nicht mitzählen lassen, da hat er ja "nur" im Finale gecoacht.
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20.05.2013 | 10:37 Uhr
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du hast natürlich vollkommen Recht. Mein Fehler, danke für die Korrektur
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