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31.12.2011 um 19:07 Uhr
Rücktritt Neuner
Der Rücktritt von Magdalena Neuner

Die Folgen für den Biathlon. Sind die Beweggründe nachvollziehbar?

Zurück im wahren Leben

Von Henning Klefisch

Sie beendet ihre Karriere, in einem Alter, in dem andere noch nicht einmal richtig begonnen haben. Deutschlands bekannteste Biathletin Magdalena Neuner hat sich mit gerade einmal 24 Jahren dazu entschlossen, nach der Heim-WM 2012 in Ruhpolding ihre erfolgreiche Karriere zu beenden. Eine Nachricht, die nicht nur die Lauf- und Schiessartisten hierzulande in helle Aufregung versetzt hat. Auch andere Politiker, Sportler und viele Fans diskutierten kontrovers, den für viele überraschenden Rücktritt des smarten Blondschopfs, der bei genauerer Betrachtung gar nicht einmal so überraschend erscheint.


Die Karriere von Magdalena Neuner ist ein einziger Erfolgsweg. Sportlich und finanziell hat sie bereits mit Anfang 20 sämtliche deutsche Rekorde gesprengt und hat mit Mitte 20 schon mehr erlebt als andere in ihrer ganzen Karriere.
Auf allen Bühnen dieser Welt musste sie glänzen, nicht nur an der Strecke und am Schießstand. Häufig hörte man den Blondschopf mit den blauen Augen klagen: „Ich will mein Leben zurück."
Das Kerngebiet war der Biathlon, den sie bravourös meisterte. Rekorde sprengte sie vielfach.

Mit 26 Einzelmedaillen stellte sie neue Bestmarken in der Sportart und in Deutschland auf. Seit diesem Jahr ist sie mit zehn Gold- und drei Silbermedaillen die erfolgreichste Athletin bei Weltmeisterschaften. Nach dem Gewinn des Biathlon-Weltcups war sie 2007/08 die jüngste Siegerin seit Bestehen der internationalen Biathlon Union (IBU).
In der Saison 2009/10 war sie die erste deutsche Biathletin, die den Gesamtcup bereits zum zweiten Mal gewinnen konnte.
Der Olympiasieg 2010 in Vancouver in den Disziplinen Verfolgung und Massenstart war ein weiterer Meilenstein in der Karriere der gebürtigen Wallgauerin.
Mehr als zufrieden ist sie mit ihrer bisherigen Erfolgsbilanz: „Ich habe doch meine eigenen Ziele längst übertroffen."
Sportlich hat sie bereits in jungen Jahren historische Duftmarken gesetzt. Es bleibt die Frage, was sie noch alles erreichen möchte, anhand der wahren Erfolgsgeschichte bis dato.
Was auch Frauen-Bundestrainer Gerald Hönig bestätigt: „Wir verlieren eine Athletin, die nicht zu ersetzen ist. Das ist natürlich ein schwerer Schlag für uns, aber wir müssen das akzeptieren. Magdalena hat alles erreicht und nun andere Ziele."
Kleine Makel wie die verpassten Titel mit dem Olympischen Staffelgold oder der WM-Titel im schießlastigen Einzel fallen da nicht weiter ins Gewicht.

Da sportliche Erfolge meistens auch mediales Interesse nach sich zieht, musste sie vermehrt auch auf dem Laufsteg eine gute Figur abgeben, was ihr häufig auch gelang. Dabei konnte sie ihr prüdes, spießiges Image als brave Strickliesel im Dirndl mit Harfe und als „Everybody`s Darling" relativ zügig abstreifen.
Für das Dessouslabel „Mey" zeigte sich Neuner von ihrer verführerischen Seite. Bei der Promi-Kampagne „Me, myself und Mey" tauschte die Wallgauerin ihre Sportklamotten und posierte in sexy Unterwäsche.
Ein kompletter Stilwandel, den Neuner selbstbewusst kommentierte: „Ich wollte nur zeigen, dass ich nicht nur die kleine, süße Lena bin."

Auch an dieser privaten Geschichte abseits der Piste zeigt Neuner, dass sie erwachsen geworden ist, früh erwachsen, im Kopf vielleicht die Reife einer 30-jährigen besitzt.
Die Hoffnung ein selbstbestimmtes Leben zu führen ist dabei größer, als der Hunger nach weiteren Erfolgen. „Sportlich habe ich keine großen Ziele mehr, aber ich freue mich auf das Zusammenleben mit meinem Freund."
Mit ihrem Freund Zimmermeister Josef Holzer, mit dem sie seit Herbst 2009 liiert ist, hat sie Zukunftspläne: „Irgendwann spielt auch das Thema Familienplanung für mich eine Rolle."

Dinge, die in den letzten Jahren deutlich zu kurz gekommen sind, seitdem sie im Jahr 2007 mit gerade einmal 19 Jahren an die Weltspitze des Biathlons torpediert ist.
Schon in ihrer Anfangszeit 2007, als sie dreimal Gold (Sprint, Verfolgung, Staffel) in Antholz holen konnte, hat sie zum ersten Mal die Schattenseiten ihrer Karriere hautnah zu spüren bekommen. Privatsphäre wurde zum Luxus. Alle wollten etwas von ihr. Die Ruhe, ihre Erfolge für sich zu verarbeiten, hatte sie nie so richtig. Der Burn-Out war damals sehr nahe. Das Gefühl der körperlichen und mentalen Überbelastung ein massives Problem, welches sie jetzt lösen möchte.
Die Faktoren, die sie förderten, vor allem aber forderten waren vielzählig.
Die Termin-Hatz, TV-Auftritte, Ehrungen, Sponsoren-Termine, Autogrammstunden, Fans, die sogar im Garten stehen.
Der Wunsch sich auf das Wesentliche zu fokussieren: „Eigentlich wäre es mir persönlich am liebsten, dass ich mich in Zukunft auf den Sport konzentrieren kann. Ich möchte den Kopf freihaben für die Wettkämpfe."
Neuner wollte es jedem Recht machen. Sich selber ließ sie dabei aber häufig auf der Strecke. Schon damals reifte intern die Überlegung, den Biathlonsport trotz aller Popularität oder gerade wegen der Popularität aufzugeben.
Auch wenn sie später zugab: „Ich habe schon das erste Mal über das Aufhören nachgedacht nach Olympia. Das ist jetzt schon zwei Jahre her. Da habe ich das erste Mal im Frühjahr den Gedanken gehabt, Mensch willst du das überhaupt noch?"
Am 7. Dezember 2011 trat sie schließlich vor die Presse und erklärte für viele unerwartet für einige unverständlich, für andere ungläubig ihren Rücktritt vom Biathlon im Februar 2012 nach der Heim-WM in Ruhpolding.
Auf dem Höhepunkt will sie abtreten. Logisch, dass sie in der Nähe ihres Geburtsortes mit dem WM-Titel von der großen Bühne abtreten möchte.
Ein Ziel, was ambitioniert und realistisch zugleich ist.
Auf der Pressekonferenz in Leogang (Österreich) erklärte sie ihre Beweggründe: „Zum einen sehne ich mich nach Normalität, nach ein wenig mehr Ruhe und danach, einfach mal die Dinge machen zu können, die ich in meinem Sportlerleben nie machen konnte; zum anderen bin ich sehr motiviert neue Dinge auszuprobieren."


Ob der gesamte Biathlon dadurch weniger attraktiv sein mag, bleibt dahingestellt. Es wird sicherlich so sein, dass mit dem Verlust des bekanntesten Gesichts ein Stück weit die Popularität zurückgehen wird. Das Leistungsniveau und auch die Vermarktungsmöglichkeiten der anderen deutschen Biathleten sind jedoch so ausreichend, dass nach einem kurzen Moment die Maschinerie Biathlonsport weiterlaufen wird. Der Sport ist nicht so personenabhängig. Vielmehr bietet der Rücktritt Neuners auch die Möglichkeit für andere Athleten aus dem mächtigen Schatten hervorzutreten und sich selbst zu positionieren.
Die Chance dafür ist größer als das Risiko.
Aufrufe: 3030 | Kommentare: 7 | Bewertungen: 7 | Erstellt:31.12.2011
ø 8.7
KOMMENTARE
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Schnumbi
09.01.2012 | 13:23 Uhr
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Schnumbi : 
09.01.2012 | 13:23 Uhr
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Schnumbi : 
schöner rückblick. ich hoffe sie bleibt dem sport in irgendeiner form erhalten.
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caput
09.01.2012 | 18:44 Uhr
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caput : 
09.01.2012 | 18:44 Uhr
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caput : 
Ich würde sagen sie hat alles richtig gemacht!
Mit 25 als erfolgreichste Biathletin abtreten ist schon nicht schlecht!
Ich fände es interessant, wenn sie sich mal eine Saison bei den Langläuferinnen versucht.
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ausLE
MODERATOR
09.01.2012 | 21:40 Uhr
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ausLE : 
09.01.2012 | 21:40 Uhr
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ausLE : 
erst das Gedicht und nun diese Zusammenfassung! Sehr schöner Rückblick. Kann ich der Lena nur alles Gute für die zukunft wünschen!
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Lombroso
11.01.2012 | 16:25 Uhr
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Lombroso : 
11.01.2012 | 16:25 Uhr
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Lombroso : 
"Das Leistungsniveau und auch die Vermarktungsmöglichkeiten der anderen deutschen Biathleten sind jedoch so ausreichend"

Ausreichend, nicht mehr und nicht weniger
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REDisfaction
19.03.2012 | 20:09 Uhr
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19.03.2012 | 20:09 Uhr
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Erstmal sei gesagt, dass es ein sehr schöner Blog ist und du meiner Meinung nach den kern gut getroffen hast. Sie wollte letzten endes doch nur Sport machen. Auch wenn sie zum Star wurde und oft genug den Zirkus mitgemacht hat, so hat mn doch schon früher gemerkt, dass es ihr nie darum ging; teilweise erschien es ihr gar lästig. Hier gehe ich vollkommen konform mit dem geschriebenen.
Einzig mit dem letzten Absatz habe ich so meine Probleme. Denn anders als du, denke ich nicht, dass es so reibungslos weitergehen wird. Ich will mich aussschließlich auf den Frauenbereich konzentrieren, weil da doch differenziert werden sollte. Lena war DIE herausragende Athletin - sagst du ja selbst - und das nicht nur im dt. Team, sondern in der Weltspitze. Und durch ihren Charme und ihre besonnene Art war sie eben auch in einem ganz speziellen Rahmen medienwirksamer. Und das um ein vielfaches mehr, als alle anderen dt Athletinnen. Im Moment sieht es ja auch nicht danach aus, dass im Kader eine bei ist, die auch nur annähernd ähnliche Erfolge feiern könnte, bzw überhaupt ein Wörtchenum Siege mitreden kann. Henkel hat - so denke ich - ihren Zenit überschritten, sie kann läuferisch einfach nicht mehr mithalten ( war ja eh nie ihre Stärke),dann sind da Hildebrand und Döll, die zumeist Probleme haben überhaupt Weltcuppunkte zu sammeln. Wer bleibt also? Tina Bachmann hat in dieser Saison einige male bewiesen, dass sie es kann, aber ihr fehlt die Konstanz, um in die absolute Weltspitze vorzudringen. Zu guter letzt wäre da noch Miri Gössner, die medial gesehen sicher nen sehr ähnlichen Weg einschlagen könnte ( allerdings kommt es mir auch ab und an so vor, als würde sie ihre Frohnatur nur spielen/natürlich rein subjektiv), jedoch was die sportlichen Leistungen angeht muss bei mal der Knoten platzen, wenn es was mit einer großen Karriere werden soll. Im Moment sieht es eher danach aus, dass die Biathletinnen in den nächsten Jahren nich viel holen werden
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KuhBauer
20.03.2012 | 08:59 Uhr
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KuhBauer : 
20.03.2012 | 08:59 Uhr
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KuhBauer : 
Sehr schöner Bericht über die Lena. War dieses Jahr zum 9. mal in Ruhpolding und von daher verfolge ich den Sport schon relativ lange. Einerseits stimmt es schon, dass wohl erstmal - aus dem deutschen Lager - niemand die Lücke füllen wird. Andererseits hat man das auch schon damals gesagt, als eine Apel oder Diesel aufgehört haben. Genauso wie bei den Herren als ein Luck, Fischer oder Gross gegangen sind. Auch dort sind ein paar Knoten geplatzt (Birnbacher in diesem Jahr) und neue aussichtsreiche Kandidaten hinzugekommen (Pfeifer).
Wie es jetzt bei den Damen aussieht... da muss ich RED erstmal zustimmen. Da müssen schon noch ein paar Knoten platzen. Könnte mir da durchaus vorstellen, dass die nächste Saison bei den Damen erstmal einen Dämpfer bekommt. Aber was heisst schon "Dämpfer"? Man sollte jetzt nicht erwarten, dass irgendeine Andere in die Bresche springt und ein Saisonsieg nach dem Anderen holt. Das wird sowieso nicht passieren. Lena war einzigartig. Da muss man einfach realistisch bleiben.
Was ich viel interessanter finde ist die Beobachtung der Fanentwicklung. Als ich vor gut 12 Jahren zum ersten mal in Ruhpolding war, konnte man an Renntagen noch bequem aussuchen wo man steht, jetzt stand man selbst an der Strecke 4 Std. vor Beginn schon in Reihe 2
Also ich werde auch weiterhin relativ zuversichtlich den Sport verfolgen, weil bisher immer, egal ob bei den Frauen oder bei den Männern, Talente nachgekommen sind.
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Lassie
20.03.2012 | 10:23 Uhr
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Lassie : @ KuhBauer
20.03.2012 | 10:23 Uhr
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Lassie : @ KuhBauer
9 Jahre Ruhpolding und den Arnd nennst du Pfeifer?
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