Die 1.Runde im DFB-Pokal ist abgepfiffen, die nächste folgt Ende September. Aber, Moment, eine Partie geht heute noch mal in die Verlängerung. Und zwar hier als Blog bei Spox.com: Chemnitz – Hoffenheim!

Anpfiff im Stadion an der Gellertstraße ist um halb sechs. Etwa anderthalb Stunden vorher Probe im Innenraum, schon mal die Bedingungen checken und erste Eindrücke sammeln. Gemeinsam mit Kommentator Sascha Roos geht’s im dunkelblauen Anzug auf das Grün der Himmelblauen, direkt in die Arme des Platzwarts. Der braungebrannte Herr kommt freundlich und voller Vorfreude auf uns zu, wirkt aber auch ein bisschen aufgeregt. Wir loben den Platz, er schimpft auf die Sonne: "Bei den gelben Stellen hier an der Seitenlinie war nichts zu machen. Die Hitze…! Aber sonst, geht das denn so für Sie…?" Ein hoffnungsvoller, leicht ängstlicher Blick, in den fragenden Augen stecken gefühlte vier Wochen Vorbereitung – in seinem Fall AN dem Platz, nicht AUF. Man spürt, in dieser Sekunde entscheidet sich für ihn alles: weiterkommen oder ausscheiden, Anpfiff oder Abpfiff, DFB- oder Kreispokal. Keine Frage, dieser Mann lebt seinen Job – und ohne lange zu zögern geben wir den Platz deshalb frei. Auch ohne die verbrannten Stellen anzumahnen oder das vielleicht doch etwas zu hohe Gras. Jedoch nicht ohne den Hinweis, dass wir gar nicht die Herren Schiedsrichter sind, sondern nur Kommentator und Moderator…

Es darf also gespielt werden, allerdings nur bis sechs. Mehr Tore dürfen weder Gastgeber noch Gäste schießen, ein Hoffenheimer Kantersieg ist also nicht drin. So sieht es zumindest Rainald Berger, der Herr der Nummern an der Chemnitzer Anzeigetafel. Denn hier an der Gellertstraße werden die Tore noch von Hand erzielt bzw. an die Tafel gehängt. Und weil die Fußballnummernschilder so schwer sind, spielt Berger all seine langjährige Erfahrung aus und lässt die Tore sieben bis neun schön in der Sprecherkabine liegen. Etwa 80 Meter Luftlinie entfernt. "Sind mir zu schwer, will nicht so viel schleppen!" – Ja, aber was, wenn ihr nachher schön die Hoffenheimer abschießt, oder die euch? – "Dann muss ich laufen. Ist aber noch nie vorgekommen, seitdem ich das mache." Die sind cool, die Sachsen. Sagt sogar Gerd Schädlich noch mal im Interview vorm Spiel – übrigens mit Blick auf die Anzeigetafel.

Spätestens beim Elfmeterschießen sollte der sächsische Nummernboy besser aber vorher schon einmal für neue Zahlen gesorgt haben, würde sonst ein bisschen knapp. Doch genau darauf hofft ein Hoffenheimer: Busfahrer und Betreuer Mathias Bauer. Den treffe ich zu Beginn der 1.Halbzeit auf der Chemnitzer Toilette (- ja, ich weiß, blöder Zeitpunkt, als Reporter sollte man während des Spiels an einem andren Ort vor Ort sein, war aber diesmal vorher keine Zeit. Andrerseits hätte sich sonst auch nicht folgender Dialog abgespielt):

Jetzt, wo alles läuft, kann man endlich mal kurz Druck ablassen… - "Bei dir vielleicht, bei mir läuft noch nix: Anlasser kaputt, krieg den Bus nicht ans laufen…!" – Das heißt, du hoffst sicher auf ne Verlängerung?, frage ich ihn mit Blick auf die vielen Ölflecken in seinem 1899-Trikot. "Kann man so sagen. Warte jetzt erst mal auf nen neuen Anlasser, der Notdienst aus Leipzig ist unterwegs." So wie ich, wieder zurück ins Stadion, mit der Erklärung im Gepäck, weshalb Rangnicks Jungs einfach nicht das Tor treffen. Sie schießen absichtlich für ihren Busfahrer vorbei, damit der länger schrauben kann. Das nenn ich mal Teamgeist.

Und Teamwork, wie meine Pissoirgeschichte über die Redakteurin vor Ort in kurzer Zeit über den Hauptschaltraum in München zu Jan Henkel ins Studio kommt. Und in der Habzeitpause gleich wieder zurück zu mir ins Stadion: Live-Schalte Niedernolte, die etwas andere Begründung der Hoffenheimer Harmlosigkeit.

Busfahrer Bauer ohne Anlasser

Irgendwann haben sie dann ja doch noch getroffen, die Aufsteiger. Aber eigentlich nicht irgendwann. Sondern genau dann! Genau dann als der Motor wieder läuft. Kein Witz! Bestätigt sogar Notdienstmann Tobias Wagner aus Leipzig später am Premiere-Mikrofon. Der wahre Held der Hoffenheimer mit dem neuen Anlasser im Gepäck muss natürlich noch erklären, wie er die TSG vor der Verlängerung gerettet hat: "…und in dem Moment, wo der Motor wieder anspringt, liege ich unterm Bus und sehe, wie der Fahrer einen Luftsprung macht. Ich denke, er freut, dass der Motor wieder läuft. Aber dann merke ich, der springt ja hoch, weil seine Mannschaft ein Tor geschossen hat…"