Im Stade Gerland hat man große Zeiten erlebt. Zwischen 2002 und 2008 gewann Olympique Lyon den Meistertitel in der französischen Ligue 1 ganze siebenmal in Folge und stellte damit einen neuen Ligarekord auf. Zu dieser Zeit gehörten Trainer wie Paul Le Guen, Gerrard Houllier und Alain Perrin. Seit 2008, als Girondins Bordeaux mit Spielern wie Chamakh oder Gourcuff die Dynastie Lyons durchbrach und den Titel holen konnte, wartet OL auf eine Meisterschaft. Der Verein musste immer wieder Spieler verkaufen und sie durch talentierte junge Kicker ersetzen, ein System, das anfangs nicht funktionierte. Doch beginnen wir ganz vorne, 2002.

Die Meisterjahre und die Kaderentwicklung

Die erste Meisterschaft gewann Olympique Lyon im Jahre 2002. Vor der Saison verstärkte man sich unter anderem mit Eric Carriere, Frederic Nee und Peguy Luyindula für knapp 30 Millionen Euro, nahm aber durch den Verkauf von Mittelstürmer Steve Marlet fast 20 Millionen ein. Eine Achse um Coupet im Tor, Edmilson und Brechet in der Abwehr, Juninho im Mittelfeld und unter anderem die jungen Luyindula und Govou im Sturm brachte Lyon den Erfolg. National holte man den Titel, in der Königsklasse schied man aber in der Gruppenphase aus, der Spielstil war nicht modern, brachte aber den Erfolg und die jungen Spieler waren für das Entwicklungspotenzial unabdingbar. Die Mannschaft wurde nur punktuell verstärkt, einige Spieler zog man aus der eigenen Jugend hoch und der Toptransfer zur Saison 2002/03 war Mahamadou Diarra, der für 4 Millionen aus Arnheim kam.

Lyon war angesagt in Frankreich, entwickelte sich gut unter Paul Le Guen und behielt in einem furiosen Meisterschaftskampf (von Platz 1 bis Platz 6 betrug der Abstand am Saisonende lediglich vier Punkte) die Nerven. International war dennoch wieder früh Schluss, nach dem Aus in der Königsklasse schied man auch direkt im UEFA-Pokal aus, was verbessert werden wollte. Paul Le Guen und sein Team entschlossen sich das Team weiter zu verstärken und das gestiegene Ansehen zu nutzen, um gute Spieler nach Lyon zu locken. Mit Innenverteidiger Brechet verlor man lediglich einen wichtigen Spieler, aber man holte sich Florent Malouda, Giovane Elber, Anthony Reveillere und den 20-jährigen Michael Essien für insgesamt 25 Millionen Euro.

Diese Investitionen trugen Früchte. Lyon spielte besser, dominanter, unberechenbarer. In der Liga wurde man wieder Meister, diesmal vor Paris und Monaco, man holte aber mehr Punkte als in der vergangenen Saison. Zudem kam man 2003/04 in der Königsklasse in das Viertelfinale und machte international mit konstanteren Leistungen auf sich aufmerksam, Lyon wurde beachtet und galt als heißes Eisen der französischen Liga. Zur Saison 2004/05 baute man die Mannschaft ein bisschen um, mit Carriere, Edmilson, Balmont und Luyindula gingen wichtige Spieler, einige junge wie Sartre oder Clerc wurden verliehen, dafür zog man Hatem Ben Arfa und Karim Benzema aus der eigenen Jugend zu den Profis hoch. Frau, Abidal, Nilmar und Cris sollten zudem die Verluste kompensieren. Lyon dominierte die Liga in der Saison, hatte am Ende 12 Punkte Vorsprung auf Lille und die Spielweise wurde immer besser, man arbeitete an den Feinheiten, spielte schöner, kombinierte besser, stand defensiv dazu stabiler. In der Königsklasse erreichte man außerdem wieder das Viertelfinale und stabilisierte sich also in der Elite Europas.

Im Sommer 2005 ging Michael Essien nach Chelsea, dafür kassierte Lyon 38 Millionen Euro. Dieses Geld wurde umgehend investiert, man verpflichtete unter anderem Fred, Tiago, John Carew und Benoit Pedretti, die Mannschaft wurde in Sachen Qualität und Quantität verstärkt und Gerrard Houllier und sein Team hatten am Saisonende ganze 15 Punkte Vorsprung vor Girondins Bordeaux und degradierten eine ganze Liga zu Statisten. In der Königsklasse wollte man mehr, scheiterte aber wieder im Viertelfinale.

Der Kader hatte offenbar noch 1-2 Schwachstellen und das Gefälle zwischen Ligue 1 und Champions League war offenbar noch zu hoch. Außerdem musste man mit Diarra im zweiten Jahr in Folge einen Top-6er ziehen lassen, er wechselte für 26 Millionen Euro zu Real Madrid. Squillaci, Alou Diarra, Jeremy Toulalan und Kim Källström sollten das Mittelfeld stabilisieren, mehr Dynamik in das Spiel bringen und für mehr Rotationsmöglichkeiten sorgen, zudem zog man den jungen Loic Remy in die erste Mannschaft. Die Dominanz in der Liga wurde noch größer, man hatte am Ende 17 (!) Punkte Vorsprung auf Olympique Marseille, scheiterte in der Königsklasse aber erneut früh, diesmal im Achtelfinale. Gerrard Houllier musste gehen, Alain Perrin sollte das Team in der Königsklasse auf Kurs bringen. Diarra, Tiago, Abidal und Malouda verließen den Klub, Lyon nahm durch diese vier Verkäufe allein knapp 60 Millionen Euro ein, allerdings waren die Lücken, die diese Spieler hinterließen nur schwer zu stopfen. Grosso, Keita, Bodmer und Delgado waren die prominentesten Neuverpflichtungen, Lyon wurde natürlich wieder Meister, aber in der Königsklasse war erneut im Achtelfinale Schluss, die Fortschritte auf internationaler Ebene waren eigentlich kaum vorhanden.

Diese Stagnation auf internationaler Ebene hatte zur Folge, dass Squillaci nach Spanien wechselte (Sevilla) - zudem verließen Remy, Baros und Ben Arfa den Verein. Lyon reagierte, Tafer, Grenier, Pied, Gassama wurden in die erste Mannschaft geholt, der talentierte Pjanic aus Metz verpflichtet und mit Mensah konnte man neue Qualität für die Abwehr holen. Zudem kamen Makoun und Ederson für das Mittelfeld und mit Lloris ein begabter Torhüter. Doch 2009 wurde man erstmals nicht Meister, sondern nur Dritter und auch in der Champions League ging es nicht voran. Die vielen Spielerverkäufe wurden als Grund ausgemacht, zudem floppten einige der teuren Neuzugänge.

Benzema wechselte 2009/10 zu Real Madrid, zudem verließ Juninho den Klub. Lyon geriet in einen Kaufrausch, Lovren, Gomis, Cissokho, Bastos und Lopez wurden für insgesamt 80 Millionen Euro gekauft und erfüllten nicht alle Erwartungen. In der Liga wurde man Zweiter hinter Marseille, der Rückstand betrug 6 Punkte, allerdings schlug man sich in der Champions League sehr gut, warf Real Madrid raus und scheiterte letztlich im Halbfinale am FC Bayern München. Man dachte, die Basis sei geschaffen und die neuen, teilweise fertigen Spieler wären die Lösung des Problems. Doch viel wichtiger war, dass man unter anderem Gonalons und Lacazette aus der eigenen Jugend einbinden konnte. 2010 konnte man nur noch Gourcuff und Briand für Lyon begeistern, viele große Namen wollten nicht kommen, in der Königsklasse gab es das Aus erneut im Achtelfinale, in der Liga wurde man wieder nur Dritter. Man wollte die Saison schnell abhaken, geriet aber finanziell etwas in Nöten, man konnte nicht mehr die großen Spieler verpflichten und mit Toulalan und Pjanic gingen zwei weitere Leistungsträger von Bord. Die Situation war schwierig und junge Spieler mussten immer mehr leisten um den Verein in der Spitzenregion der Tabelle zu halten. Als man zur Saison 12/13 Källström, Cissokho und auch Lloris verkaufen musste, begriffen alle im Verein, dass man das Jugendkonzept aufrechterhalten muss und sich stärker auf die Integration von Spielern aus der eigenen Jugend konzentrieren muss.

Die letzten 2 Jahre/der Stand heute

2013/14 gab es viele junge Spieler, die man in die erste Mannschaft geholt hat. Sarr, Bahlouli, Fekir, Labidi, N'Jie wurden nicht nur zu den Profis geholt, sondern auch mit dem nötigen Vertrauen ausgestattet, sie alle waren Bestandteil der jungen Generation, die mit Umtiti, Benzia und Lacazette weitere prominente Vertreter hatte. Lyon wurde zwar nur Fünfter, spielte aber ehrlichen Fußball, holte aus den vorhandenen Mitteln einiges heraus und baute auf das Konzept. Grundsätzlich gibt es in Frankreich viele Teams, die auf junge Talente bauen - besonders im Hinblick auf die Europameisterschaft 2016.

Lyon hat einen Vorteil gegenüber anderen Teams, bei Olympique kann man sich zurzeit ohne den großen Druck entwickeln. Es ist nicht schlimm, wenn man Fehler macht, man spielt trotzdem, man muss nur alles geben und sich entsprechend entwickeln. Vor dieser Saison verstärkte man sich mit Rose und Jallet nur punktuell, legte mehr Wert auf die Weiterentwicklung der vorhandenen Spieler und genau das war der richtige Weg. Lyon spielt furiosen Fußball, ist offensiv variabel, hat mit Lacazette einen überragenden Stürmer und führt nicht ohne Grund die Tabelle in der französischen Ligue 1 an. Man ist Konstanz, kann mit dem guten Kader variabel rotieren und punktet einfach besser als die anderen Teams in Frankreich. Vielleicht entsteht aus diesen jungen Spielern eine neue Generation, die OL wieder auf den Thron hebt. Vielleicht ist die Spielweise von Lyon in dieser Saison einfach der von anderen Titelkandidaten überlegen, vielleicht ist es auch die Euphorie, die wieder vorherrschend ist. In jedem Fall ist Lyon wieder ein heißer Kandidat auf die Meisterschaft und hat einige Spitzentalente in der Mannschaft.

Die größten Talente

Samuel Umtiti (22, Verteidigung, links & innen) ist mit seinen 1,81m prädestiniert um sowohl im Abwehrzentrum, als auch auf der linken Seite zu spielen. Er spielt für die französische U21-Nationalmannschaft und spielt seit 2011 für die erste Mannschaft von Lyon. Er spielt robust, ist trotzdem schnell und stark im Antritt und zudem sehr dynamisch. Er weiß, wann er gefährliche Situationen klären muss und wann er den kurzen Pass oder die lange Spieleröffnung suchen muss. Der in Kamerun geborene Umtiti gehört mit Digne, Laporte, Varane und Zouma zu einer jungen Generation an hochveranlagten Verteidigern in Frankreich.

Nabik Fekir (21, offensives Mittelfeld) ist ein eleganter Spieler, der durch seine herausragende Technik und Spielintelligenz besticht. Er ersetzt den verletzten Clement Grenier und macht seine Sache fantastisch. Fekir wurde in Lyon geboren und hat algerische Vorfahren, seit 2013 spielt er für die erste Mannschaft und in dieser Saison konnte er in 20 Ligaspielen überragende 15 Scorerpunkte sammeln. Der Vertrag des Offensivspielers läuft noch bis 2019 und einige Klubs sollen angeblich bereits interessiert sein. Alexandre Lacazette (23, Angriff) ist im Prinzip kein Talent mehr, sondern DER Star im Team von Olympique. Seit 2009 hat er einen Profivertrag, er konnte schon früh auf sich aufmerksam machen, aber in dieser Saison funktioniert er erstmals derart überragend. In allen Wettbewerben kommt der schnelle und abschlussstarke Stürmer auf 29 Pflichtspiele, dabei schoss er 25 Treffer und bereitete sieben weitere vor. Sein Antritt ist stark, seine Technik auffällig, dazu verfügt er über eine brillante Spielintelligenz und er kann mit beiden Füßen torgefährlich werden. Diverse Topklubs haben ihn auf seiner Liste, müssten aber auch über 30 Millionen Euro bezahlen, um sich seine Dienste zu sichern.

Manuel (@talentfrei92)

Bild: Olympique Lyon von Unbekannt
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