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18.01.2013 um 15:31 Uhr
Nie wieder Gehaltsverzicht...
So, jetzt hat es mich auch erwischt, ich fühle mich doch tatsächlich genötigt, selbst einen Blog zu verfassen.

Mein Anliegen ist dabei relativ simpel; persönlich störe ich mich wenig an inflationärer Berichterstattung wie z.b. im aktuellen Fall mit Pep Guardiola. Wegen mir darf gern jede Website pro Tag 12 Artikel mit vermeintlich neuen Informationen dazu einstellen, ich muß sie ja nicht lesen, wenn's mich nervt; und ich muß mich auch nicht an Mutmaßungen dazu beteiligen, ob jetzt Raul, Berti Vogts oder doch der Papst höchststelbst der neue Co-Trainer sein wird, oder mir schon jetzt den Kopf über die Aufstellung der neuen Saison zermartern, weil ich verzweifelt nach Lösungen dafür suche, wie man denn nur aus Götze, C. Ronaldo, Messi, Falcao und Aguero eine offensive 3-er Reihe machen soll, jetzt, wo sie alle wegen Pep unverzüglich zu Bayern kommen wollen.

Sportjournalismus sollte natürlich im Kern seriös sein, aber darüber hinaus ist es zum großen Teil auch einfach Unterhaltung. Es geht hier nicht um staatstragende Angelegenheiten, sondern um das FußballSPIEL. Ich finde, das muß man nicht immer alles so furchtbar ernst nehmen. All die Gerüchte, Mutmaßungen, manchmal auch Absurditäten, sind doch letztlich Teil des Gesamterlebnisses und gehören auch irgendwie dazu.

Fußball ist der weltweit beliebteste Sport, und als vermarktbares Unterhaltungsprodukt ein Milliardengeschäft. Die Millionengehälter von Spielern oder auch Trainern mag man als Normalverdiener unanständig finden, wenn man will, mir persönlich sind sie relativ wurscht. Wenn diese Summen mit den Fußball erwirtschaftet werden, halte ich es für marktgerecht und fair, die Protagonisten entsprechend zu entlohnen. Solange also die Vereine selbst dieses Geld erwirtschaften und es dann in dieser Form in den Kader investieren, ist das - jedenfalls nach meinem persönlichen Weltbild - vollkommen okay.

Dennoch stolpere ich in der jüngeren Vergangenheit andauernd über eine Formulierung, bei der mir wirklich der Kamm schwillt, und damit komme ich, nach langem Anlauf, auch endlich zum Punkt:
Ich möchte bitte niemals wieder im Zusammenhang mit dem Transfer eines Trainers oder Spielers lesen oder hören müssen, der Trainer X oder Spieler Y habe "auf viel Geld verzichtet", um den Wechsel zu Verein Z möglich zu machen. Diese Formulierung ist nicht nur überaus zynisch gegenüber jedem Menschen, der für ein normales Gehalt einen normalen Beruf ausübt, sondern auch in ziemlich genau 100% der Fälle absolut unzutreffend. Ich warte auf den Tag, an dem der erste Hilfsfond für von freiwilligem Gehaltsverzicht geschädigte Fußballprofis ausgerufen wird, die neuesten Mitglieder in diesem illustren Kreis wären dann wohl Pep Guardiola, Javi Martinez, Nuri Sahin und Kaka.

Man sollte diesen Menschen ihr Gehalt nicht neiden, wenn sie mit ihrem Talent und Beruf dieses Einkommen erzielen könnte, dann seien sie ausdrücklich dazu beglückwünscht. Aber das Wort "Verzicht" in Verbindungen mit ihren Einkünften ist schlicht und einfach unanständig.

Ein Pep Guardiola sucht sich natürlich seinen Verein nicht allein nach der besten Verdienstmöglichkeit aus, sondern ebenso nach sportlicher Perspektive, Arbeitsbedingungen, Lebensqualität etc.; wenn er dabei zum Ergebnis kommt, dass er beim FC Bayern besser aufgehoben ist als bei ManCity, Chelsea oder wem auch immer, dann ist das eben so. Da muß sich Uli Hoeneß nicht vor ein Mikrophon stellen und der Öffentlichkeit erzählen, er hätte anderswo auch das Doppelte verdienen können, und damit den Eindruck erwecken, Herr Guardiola würde sich quasi aus Liebe zum FCB aufopfern, indem er sich bereit erklärt, für das zugegeben sehr schmale Gehalt von kolportierten 17 Mio brutto/Jahr zu unterschreiben.

Javi Martinez hätte möglicherweise bei einem Club in England (noch) mehr verdienen können als in München, auch das mag stimmen. Die Situation war aber nunmal so, dass Javi sofort zu einem Topclub wollte, und er eine festgeschriebene Ablösesumme im Vertrag hatte, die kein Verein ausser dem FC Bayern zu zahlen bereit war. Wenn er, um seinen persönlichen Wunsch zum sofortigen Vereinswechsel erfüllen zu können, bereit war, sich mit dem nur 4-fachen Gehalt zu bescheiden, das er ansonsten in Bilbao verdient hätte, so ist auch hier das Wort "Verzicht" absolut und total daneben.

Wenn ein Nuri Sahin es in Madrid und Liverpool nicht in die Mannschaft schafft und nach 1 1/2 Jahren zurück zu Dortmund flüchtet, dann möchte ich nicht hören, wie toll es ist, dass er bereit ist, auf Gehalt zu verzichten. Er ist, nennen wir's mal beim Namen, bei Real ordentlich auf die Schnauze gefallen. Zugegeben auch sicher zum Teil durch Verletzungspech, aber auch das gehört nunmal zum Fußball. Er hat's dort nicht geschafft, und flieht nach kürzester Zeit zurück nach Hause. Wenn man ihm dort nur 3,5 Mio/Jahr gibt statt der 5 Mio, die er bei Real bekommen hätte, so erkenne ich auch hier keine Opferbereitschaft des Spielers, sondern lediglich, dass er eine Chance ergreift, aus seiner momentanen Karriere-Sackgasse wieder herauszukommen. Gleiches gilt für Kaka, sollte er denn tatsächlich zurück zum AC Milan gehen.

Um das ganz klar zu sagen, nichts daran finde ich anstössig. Jeder der Genannten tut einfach das, was er für seine Karriere für das beste hält, er trifft die Entscheidungen, die er für sich selbst für richtig hält. Nichts anderes tut auch jeder von uns in seinem ganz normalen, vergleichsweise unglamourösen Berufsleben.
Abstossend finde ich lediglich, was daraus gemacht wird, diese Heuchelei von angeblicher Opferbereitschaft, Liebe zum Verein, was auch immer, dieses ganze Getue sollte man sich bitte sparen.

Sahin's angebliche Vereinsliebe hätte man dann preisen können, wenn er das Angebot von Real abgelehnt hätte, um beim BVB zu bleiben. Und Martinez angebliche Opferbereitschaft hätte dann eine Thema sein können, wenn Real, ManU oder Barca bereit gewesen wären, seine Ablösesumme in Bilbao auf den Tisch zu legen. Und bei Guardiola wäre die Entscheidung für Bayern dann ein großes Thema, wenn ManCity, Milan oder Chelsea seriös geführte Fußballvereine wären und sportlich tatsächlich eine bessere Perspektive bieten könnten. Es ist doch keine Heldentat, der Verlockung zu widerstehen, sich von irgendwelchen Scheichs oder Oligarchen mit Fantastillionen EUR zukübeln zu lassen, und stattdessen lieber beim vermutlich wirtschaftlich gesündesten Club in ganz Europa, der obendrein auch noch von Menschen geführt wird, die auch tatsächlich etwas von Fußball verstehen, für nur 17 Mio zu arbeiten. Oder für 8, 10 oder 12, ob die Zahl nun stimmt ist ja völlig wurscht.

In jedem Falle verdient jeder der Genannten eine Riesenmenge Geld, weit mehr, als irgendwer zum Leben bräuchte. Und, wie gesagt, es sei jedem von ihnen von Herzen gegönnt.
Ich will einfach nur nichts mehr von "Verzicht" in diesem Zusammenhang lesen müssen, und ich könnte mir vorstellen, da bin ich nicht der Einzige.

Aufrufe: 1879 | Kommentare: 8 | Bewertungen: 10 | Erstellt:18.01.2013
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KOMMENTARE
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entsetzt
21.01.2013 | 15:48 Uhr
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entsetzt : 10
21.01.2013 | 15:48 Uhr
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entsetzt : 10
Sehr gut geschrieben. Sticht heraus aus dem Blog-einerlei (im Verhältnis zu dem was sonst hier oft mit 10 punkten bewertet wird, müsste das hier die skala sprengen - allerdings halte ich jenen maßstab für überzogen). Vielleicht weil du keiner von denen bist, die darauf geil sind, für ihre eitlen kleingeistigen Zeilen etwas Beifall und Schulterklopfen zu ernten, unter lauter Leuten, unter denen das "eine Hand wäscht die andere" Selbstverständlichkeitswert besitzt. "der beste Autor wird der sein, welcher sich schämt, bloß 'Schriftsteller' zu sein".

Recht hast du ausserdem auch.
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Bleca
21.01.2013 | 15:53 Uhr
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Bleca : 
21.01.2013 | 15:53 Uhr
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Bleca : 
TOP!

habe vor einer minute grad unter einen artikel meinen unmut über kaka und die diesbezügliche berichterstattung abgelassen und jetzt seh ich den blog von dir.

freut mich, dass das thema aufgegriffen wurde und auch die art und weise sagt mir zu.

thumbs up.
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Cicatriz
21.01.2013 | 16:13 Uhr
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Cicatriz : 
21.01.2013 | 16:13 Uhr
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Cicatriz : 
Ich verstehe dein Problem nicht, natürlich verzichtet jede der von dir genannten Personen zu Gunsten anderer Faktoren auf Geld.

Abgesehen von Sahin wurde das bei keinem dieser Mensch irgendwoe in die Nähe von "Vereinsliebe" geschoben, Peps Manager sagte sogar expllizit, dass bayern das beste Paket geboten habe und Javi gab quasi das gleiche zu Protokoll.

auf etwas zu verzichten bedeutet, dass man etwas nicht in anspruch nimmt, was man hat, oder hätte haben können und genau das ist der fall, dass man dafür etwas anderes erhält, macht das ganze nicht weniger wert...
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Schnumbi
21.01.2013 | 16:15 Uhr
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Schnumbi : 
21.01.2013 | 16:15 Uhr
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Schnumbi : 
Gefällt mir äußerst gut.!
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Gotti1963
21.01.2013 | 16:19 Uhr
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Gotti1963 : 
21.01.2013 | 16:19 Uhr
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Gotti1963 : 
Gut aufbereitetes Thema!
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jorgo86
21.01.2013 | 16:36 Uhr
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jorgo86 : Jein
21.01.2013 | 16:36 Uhr
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jorgo86 : Jein
Interessante Sicht. Finde aber, ähnlich wie glaube ich Cicatritz, dass man das nicht alles über einen Kamm scheren darf.

Bei Spielern wie Sahin oder Kaka, die eher einen sportlichen Rückschritt mit einem Vereinswechsel machen, weil es im aktuellen Verein nicht klappt, ist der sog. "Verzicht" kein freiwilliger, sondern ein erzwungener! Das gesunkene Gehalt entspricht dann dem gesunkenen Marktwert.

Bei Pep sehe ich es etwas anders. Er hatte alle Chancen auf gleichem sportlichen Niveau, mehr Geld zu kriegen.

Klar, die Struktur, Tradition etc. ist bei den meisten gehandelten schlechter, aber das Problem ist doch, dass die meisten Spieler oder Trainer bei ihrer Entscheidung das nicht beachten - sonst würden Vereine wie Hoffenheim oder Wolfsburg gar keine Spieler auf Bundesliganiveau ;)

Das wirklich gemeinsame an allen Situation ist: Dass es als etwas außergewöhnliches wenn man weniger Geld, gegen ein besseres Gesamtpaket tauscht. Und das zeigt eher, wie traurig das ganze Business teilweise ist.
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allesfußball
21.01.2013 | 17:57 Uhr
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21.01.2013 | 17:57 Uhr
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frag doch mal bei Kacar oder de Camargo nach...oder seinerzeit Albert Streit...ein wenig länger drüber nachdenken und mir fielen reichlich Profis ein, die in eben jenem Karriereloch oder besagter Sackgasse sich dafür entscheiden das liebe Geld zu nehmen und eben nicht auf Millionen und ich benutze das Wort ausdrücklich, zu verzichten...!
und ich will gar nicht wie selbstverständlich erwähnen, wie verwerflich ich das finde...! Aber Profifußball hat nun mal auch ein Geschäft...eines das vor allem von heute auf morgen vorbei sein kann...auch wenn viele der besagten Leute schon lange ausgesorgt haben sollten...! Ich finde es trotzdem schön zu sehen, dass Spieler bereit sind Abstriche zu machen, sei es um ihre Karriere voran zu bringen oder ihrem herzen zu folgen...! Das dann immer noch keiner von denen mit Eiern bezahlt wird ist doch wohl auch klar...! Aber es gibt schlimmeres als bei Real Madrid auf der Bank zu sitzen und längst nicht alle Trainer wären dem soliden Konzept von Bayern erlegen und hätten sich stattdessen für einen englischen Club entschieden...! Oder warum ist es wohl eine solche Sensation, dass bayern den begehrtesten Trainer der Welt nach Deutschland locken konnte...!? Die Selbstverständlichkeit bleibt, dass sich auch Trainer gerne das Geld von Scheichen und Oligarchen in den Rachen werfen lassen...! Jegliche Abweichung von der Regel finde ich da durchaus eine Erwähnung wert...!!
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Jazz
21.01.2013 | 19:28 Uhr
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Jazz : 
21.01.2013 | 19:28 Uhr
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Jazz : 
ganz nice, gut zu lesen.

halben abzug für die Adam-und-Eva-Einleitung, eineinhalb, weil du sprachlich zwar sicher bist, aber inhaltlich mehr auf dein eigenes Gefühl eingehst, als darauf, welcher Gedanke hinter deiner Motivation steht. was wär denn eine beispiel für eine angebrachte formulierung?

übrigens hab ich heute früh auf Knäckebrot verzichtet.
und auf Wildschwein.. und auf Müsli.. und auf Hummus.. Lachs.. Kokain.. Erdnüsse..
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