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21.06.2012 um 02:13 Uhr
Nicolas, der trotzige Gallier 2
Ihn persönlich wundert das wenig: "Jetzt, wo ich die Bälle so bekomme, wie ich sie haben will, läuft es gut. Das zeigt, dass ich mit meiner Kritik nicht ganz so falsch lag". Und der Präsident Sanz äußert sich euphorisch und erleichtert: "Real hat sein Geld nicht verschwendet. Anelka hat uns ins Finale gebracht, er wird an niemanden verkauft." Wenige Wochen später wechselt er dennoch zu Paris Saint-Germain. Mit dem neuen Eigentümer Canal im Hintergrund demonstriert man kaufmännischen Scharfsinn indem man einen selbst ausgebildeten Spieler, den man dreieinhalb Jahre zuvor praktisch gratis ziehen lassen „musste", für 32,5 Mio Euro zurückholt.

Nicolas als Legionär

Daheim im Dorf ist es auch nicht besser. Paris will das Team verjüngen und investiert Unsummen in Anelka, Peter Luccin und Stéphane Dalmat. Die Rechnung geht nicht auf und der Superstar fühlt sich unwohl im Rampenlicht. Mit seinem neuen alten Trainer Fernandez gibt es ständig Scharmützel, so dass die satirische Puppensendung „Les Guignols" die Kurz-Soap „Nico et Luis" ins Leben ruft. Nach eineinhalb Jahren ist wieder Schluss und die Europareise nimmt nun erst recht an Fahrt auf. Auf geht es nach Liverpool. Auf Leihbasis startet er neu durch und zeigt, dass er sich auf englischem Rasen am wohlsten fühlt. Trotz vielversprechender Leistung verzichtet Liverpools Trainer Houllier auf die 29-Mio-Kaufoption, sehr zum Verdruss Anelkas, der bereit war erheblich Gehaltseinbußen hinzunehmen. Nächste Station: Manchester City. Während er mit dem Trainer Kevin Keegan besser zurechtkommt, kommt es zum Eklat mit dem französischen Nationalcoach Jacques Santini. Der Querulant sieht nicht ein, warum er trotz guter Leistungen nur „Ersatzmann eines Ersatzmannes" ist, als Santini ihn für den verletzten Govou nachnominiert. Soetwas geht natürlich nicht, besonders wenn man über sich selbst sagt, dass man sich „als einen der besten Stürmer der Welt sieht" und durch Keegan zu einem kompletteren Spieler geworden ist. Wieder einmal streikt er, verkündet seinen endgültigen Abschied und ist nur zu einer Rückkehr bereit, wenn Santini vor ihm „kniend" um Verzeihung bittet. Eine weitere Steilvorlage für die Medien. Nach zweieinhalb Jahren ist auch bei den Citizens Schluss. Anelka will wieder bei einem großen Club spielen, der Verein braucht in der Prä-Scheich-Zeit dringend Geld. Am Ende wird es Fenerbahce Istanbul. Er wird als Star willkommen geheißen und gewinnt gleich die Meisterschaft, was ihm endlich wieder die Teilnahme an der Champions League ermöglicht. Außerdem beruft ihn Domenech wieder zurück in die französische Nationalelf. Zwischenzeitlich hatte er sich bei Santini entschuldigt. Doch auch in Istanbul bleibt er nicht lang und wechselt wieder zurück nach England zu den wenig glamourösen Bolton Wanderers bei denen er nach Anlaufschwierigkeiten durchstartet um endlich von einem Spitzenklub ins Visier genommen zu werden. Nach eineinhalb Jahren bei Bolton findet Roman Abramowitch Gefallen an dem, als Diva verschrienen, Spieler.



Inclassable - Birdy X (Song über seine Karriere)

Nicolas und der „Silberkessel"

Zu Arsenal-Zeiten hatte er seine Motivation bereits eindrucksvoll erklärt und damit durchaus auch angeeckt. „Die Welt des Profisports ist ein Dschungel und je höher du kommst, desto schlimmer wird es. Es ist Zeit mit dem Reden über Loyalität zu einem Trikot aufzuhören! All das ist, bis auf das National-Dress, vorbei. Das einzige was mich interessiert ist zu gewinnen, Mediallen zu sammeln und mich zu verbessern bis ich der Beste bin!" So viele sind es nach über zehn Jahren Karriere im Januar 2008 noch nicht geworden. Da kommt Chelsea gerade recht. Zunächst gekauft um die Ausfälle des Afrika Cups zu kompensieren, muss er schnell merken, dass der Konkurrenzkampf erheblich größer ist. Eine Situation, an die sich Anelka nach Jahren des „Alleinunterhalters" in seinen Vereinen erst gewöhnen muss. Chelsea kommt gleich im ersten Jahr ins CL-Finale gegen Manchester United, Im Elfmeterschießen verschießt er den entscheidenden Elfmeter. Anelka Schuld an der Niederlage? Nicht für ihn! Stattdessen wird dem Trainer Avram Grant kurzerhand erklärt, dass er keinen Spieler im Elfmeterschießen schießen lassen kann, der erst 15 Minuten vor Schluss in die Partie kam und keine wirkliche Aktion hatte. Der Trainer geht, Anelka bleibt und wird auch dank einer Verletzung Drogbas Stammstürmer und Torschützenkönig der Premier League. 2010 gewinnt er letztere zum zweiten Mal in seiner Karriere und holt erneut das Double.

Kampf der Häuptlinge

Mit solchen Leistungen wird auch Domenech hellhörig und nominiert ihn regelmäßig für die „Bleus". Er wird auch an der WM 2010 teilnehmen und ist als Stürmer gesetzt. Bereits im Frühjahr schlägt Anelka allerdings Alarm und ergreift als einer der wenigen Spieler nach dem katastrophalen Testspiel gegen Spanien das Wort. Gehört wird er freilich nicht und so nimmt das Unheil seinen Lauf bis zur mittlerweile berühmten Halbzeit im Vorrundenmatch gegen Mexiko. Einen Tag später titelt die französische Sportzeitung L’Équipe mit den sinngemäßen Worten „... dich in den Arsch, dreckiger Hurensohn!". Worte die Anelka vehement abstreitet: „Das sind nicht meine Wort gewesen. Meine Worte werde ich für mich behalten. Ich werde mich nicht für die Worte in den Medien entschuldigen, da sie nicht wahr sind." Er habe sich nur den Anweisungen des Trainers widersetzt, nur vorne zu bleiben, da er so gar keine Bälle bekäme. Nichtsdestotrotz ist der „Streit um Nicolas" der Startschuss zur Prügelei des gesamten Dorfes. Es geht zwar nicht klassisch-gallisch um die Frische des Fisches oder die Form des Hinkelsteins, aber um angebliche Neider, Gruppenbildung, Wut, mangelnder Mannschaftsgeist. Im Nachhinein wird Anelka zu einer Sperre von 18 Spielen bei den „Bleus" verdonnert. Als waschechter Diplomat, der er ist verkündet er beim Urteil, dass er sich „totgelacht" hat und die Verbandsfunktionäre Clowns seien. Da er bereits vor der WM Domenech seinen Rücktritt verkündet hatte, kann man die entspannt-provokative Reaktion verstehen. Er brauche die Nationalmannschaft nicht, da er jedes Wochenende in einem blauen Trikot auflaufe. Deeskalation geht anders und vor allem ohne Anelka. Er für seinen Teil wäre abgereist, wenn „Evra oder Abidal gefeuert wären worden".

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Aufrufe: 3268 | Kommentare: 0 | Bewertungen: 3 | Erstellt:21.06.2012
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