10.05.2010 um 23:59 Uhr
Muchas gracias Osorio y Pardo!
Wir schreiben den 1. Juli 2006. Abends stehen zwei Viertelfinale der WM an. England gegen Portugal und Brasilien gegen Frankreich. Zur gleichen Zeit ist der VfB Stuttgart schon wieder mitten in der Vorbereitung für die Saison 2006/07. Es soll eine ganz Besondere werden. Einen großen Anteil an der Meisterschaft werden die beiden Mexikaner Ricardo Osorio und Pavel Pardo haben. Die ersten, die je aus ihrem Heimatland in der Bundesliga spielen werden. Deren Verpflichtung wurde an jenem 1. Juli 2006 bekanntgegeben. Die meisten Fans fragten sich da wohl eher: "Ricardo Wer? Pavel Wer?". Der eine, Ricardo Osorio, wechselt vom Cruz Azul Mexiko City zum VfB, hat 43 Mal für die "El Tri" gespielt und war der zweitstärkste Abwehrspieler bei der WM 2006, nach Per Mertesacker. Der andere, Pavel Pardo, kommt von Club America Mexico City und hat 130 Länderspiele auf dem Buckel.
Doch bevor sie nach Stuttgart kamen, durften sie noch etwas im Urlaub weilen nachdem sie mit ihrer Nationalmannschaft im Achtelfinale an Argentinien in der Verlängerung gescheitert waren. Einen ersten Eindruck von ihnen konnte man sich dann am 10. Juli bei der Vorstellung machen. Und man ahnte schon, dass es etwas Besonderes mit beiden werden kann. Gleich 50 Pressevertreter und 8 Kamerateams waren dort, die Hälfte aus Mexiko. Pavel Pardo bewies sich auch gleich als sehr guter Hellseher: "Der VfB hat eine große Tradition und deshalb hoffe ich, dass wir erfolgreich sein werden. Ich weiß, dass Bayern München schon oft Meister wurde und das wollen wir in diesem Jahr verhindern."
Dabei spielte er eine herausragende Saison und ließ den als schwer ersetzbar geltenden Zvonomir Soldo in Vergessenheit geraten. Er machte seinem Spitzname "El Jefe" alle Ehre und hatte einen großen Anteil an der Meisterschaft. Unvergesslich bleibt sicherlich die Ecke gegen Cottbus, die er genau auf Thomas Hitzlsperger zielte und zum 1:1 – Ausgleich führte. Er konnte sich sehr schnell in das Team integrieren und war eine Stütze der Mannschaft, auch in den folgenden Jahren. Im Winter 2009 hatte er allerdings den Kampf um die 6er-Position mit Sami Khedira verloren und musste auf der Bank Platz nehmen. In der Winterpause entschied er sich dann nach 71 Bundesligaspielen und vier Toren zu seinem alten Verein Club America Mexico City zurückzukehren. Aus Dankbarkeit legte man ihm von Seiten des VfBs keine Steine in den Weg.
Doch wer ist eigentlich der andere, eher unscheinbar wirkende, Mexikaner mit dem Spitzname "El loquito" – "kleiner Verrückter"?
Ricardo Osorio wurde am 30. März 1980 in Huajuapan de León, einem kleinen Dorf im Süden des Landes. Sehr früh zog Osorios Vater mit der Familie nach Mexiko City um ihnen eine bessere Chance zu geben. Osorio spielte weiterhin auf der Straße Fußball. Eines Tages schwänzte er die Schule und spielte im Park Fußball. Dort wurde er von einem Vereinstrainer beobachtet und zum Training eingeladen. Die einzige Bedingung waren Fußballschuhe, für die seine Eltern von den Ersparnissen zusammenkratzen mussten. Seinen ersten Profivertrag unterschrieb er bei UNAM Pumas, doch er wurde nach einiger Zeit wegen Rückenproblemen aussortiert. Er versuchte es bei Cruz Azul Mexiko City und fuhr täglich zwei Stunden zum Training. Über das "Farm Team", bei dem er von einem früheren Trainer stark geformt wurde, schaffte er es in das erste Team von Cruz Azul Mexiko City, für die er 124 Spiele mache. Sein erstes Spiel in der Nationalmannschaft machte er 2003 in der Copa America gegen Brasilien. Auch bei der WM 20006 war er als Stammspieler dabei.
Während der Weltmeisterschaft schrieb Pep Guardiola in einer Kolumne in der spanischen Zeitung "El País" folgendes über Ricardo Osorio:
"Wir spielten gegen die Mannschaft von Osorio, Cruz Azul. … Ricardo Osorio war unübersehbar. Er spielte einfach perfekt. Wir sahen, dass er das Niveau hat in der spanischen Liga spielen zu können… Wir waren auf zukünftige Auftritte von ihm gespannt um zu sehen, ob unser erster Eindruck sich bestätigen würde.
Und dieser Auftritt kam dann bei der WM. Und wir bemerkten, dass wir uns getäuscht hatten. Osorio kann nicht nur in Spanien spielen. Er kann in Madrid oder Barcelona spielen. Er ist ein Großer, weil er die ganze WM grandios gespielt hat. Mit Talent in der Defensive und Offensive. Im Achtelfinale, zum Ende der Partie, spielte er gegen Tévez, hielt ihn stets auf der linken Seite, wissend, dass er gerne nach rechts zieht, das ist defensives Talent. Nach vorne zu spielen wie er es tat, ist offensives Talent. Und um in einer großen Liga wie in Spanien zu spielen zu wollen, braucht man diese beiden Sachen. Mit nur einer erreicht manchmal nichts."
Dass er dann in Stuttgart gelandet ist, war wohl Glück (oder das Können von Horst Heldt )
Auch er fand sich, genauso wie Pavel Pardo, sehr schnell in das Team ein und stand beim ersten Saisonspiel gegen Nürnberg in der Startelf. Im zweiten Saisonspiel fiel er allerdings etwas negativ auf als er in der 64. Minute die Rote Karte kassierte. In der weiteren Saison war er gesetzt auf der Position als rechter Verteidiger. Er durfte in 27 Spielen in der Bundesliga und in sechs Spielen im DFB-Pokal ran. Am Ende standen in seiner ersten Saison die Meisterschaft und der 2. Platz im DFB-Pokal zu buche.
Die beiden folgenden Saisons war er auch Stammspieler, wenn er auch aus diversen Gründen wie kleinere Verletzungen oder Länderspielreisen weniger Spiele machte. Zudem war er weiterhin Stammspieler der mexikanischen Nationalmannschaft und hat mit dem VfB im DFB-Pokal, UI-Cup, UEFA-Cup und der Champions League gespielt.
Doch dann kam diese Saison. Für seine Position wurde Stefano Celozzi vom Karlsruher SC verpflichtet und Christan Träsch konnte sich auch endgültig durchsetzen. Er verkündete gleich zu Beginn der Saison, dass er mit dem auslaufenden Vertrag den VfB verlassen wird. In der Saison hatte er auch immer wieder Pech mit Verletzungen. Gerade als er sich scheinbar durchgesetzt hat, zog er sich ein Muskelfaserriss im Spiel gegen den FC Bayern München zu. Sein nächstes Spiel machte er dann beim desaströsen 0-4 gegen Leverkusen. Die sollte auch für lange Zeit sein letztes Spiel werden. Erst 15 Spieltags später wurde er für drei Minuten gegen Mönchengladbach eingewechselt. Zum Ende seiner Stuttgarter Zeit durfte er nochmal die letzten drei Spiele von Beginn an spielen.
Der Höhepunkt dabei war sicherlich der sehr emotionale Abschied beim vorletzten Spiel. Dabei konnte man wirklich sehen, wie sehr er es genoss und ihm es schwer fiel zu gehen: "Es ist schwer bye zu sagen zu dieser großen Mannschaft, weil ich vier Jahre hier war und es einfach nur unglaublich war. Ich bin Teil von Stuttgart geworden und Stuttgart ein Teil von mir. Und ich habe entschieden, nie gegen den VfB anzutreten."
Vielen Dank für außergewöhnliche Jahre beim VfB Stuttgart
Doch bevor sie nach Stuttgart kamen, durften sie noch etwas im Urlaub weilen nachdem sie mit ihrer Nationalmannschaft im Achtelfinale an Argentinien in der Verlängerung gescheitert waren. Einen ersten Eindruck von ihnen konnte man sich dann am 10. Juli bei der Vorstellung machen. Und man ahnte schon, dass es etwas Besonderes mit beiden werden kann. Gleich 50 Pressevertreter und 8 Kamerateams waren dort, die Hälfte aus Mexiko. Pavel Pardo bewies sich auch gleich als sehr guter Hellseher: "Der VfB hat eine große Tradition und deshalb hoffe ich, dass wir erfolgreich sein werden. Ich weiß, dass Bayern München schon oft Meister wurde und das wollen wir in diesem Jahr verhindern."
Dabei spielte er eine herausragende Saison und ließ den als schwer ersetzbar geltenden Zvonomir Soldo in Vergessenheit geraten. Er machte seinem Spitzname "El Jefe" alle Ehre und hatte einen großen Anteil an der Meisterschaft. Unvergesslich bleibt sicherlich die Ecke gegen Cottbus, die er genau auf Thomas Hitzlsperger zielte und zum 1:1 – Ausgleich führte. Er konnte sich sehr schnell in das Team integrieren und war eine Stütze der Mannschaft, auch in den folgenden Jahren. Im Winter 2009 hatte er allerdings den Kampf um die 6er-Position mit Sami Khedira verloren und musste auf der Bank Platz nehmen. In der Winterpause entschied er sich dann nach 71 Bundesligaspielen und vier Toren zu seinem alten Verein Club America Mexico City zurückzukehren. Aus Dankbarkeit legte man ihm von Seiten des VfBs keine Steine in den Weg.
Doch wer ist eigentlich der andere, eher unscheinbar wirkende, Mexikaner mit dem Spitzname "El loquito" – "kleiner Verrückter"?
Ricardo Osorio wurde am 30. März 1980 in Huajuapan de León, einem kleinen Dorf im Süden des Landes. Sehr früh zog Osorios Vater mit der Familie nach Mexiko City um ihnen eine bessere Chance zu geben. Osorio spielte weiterhin auf der Straße Fußball. Eines Tages schwänzte er die Schule und spielte im Park Fußball. Dort wurde er von einem Vereinstrainer beobachtet und zum Training eingeladen. Die einzige Bedingung waren Fußballschuhe, für die seine Eltern von den Ersparnissen zusammenkratzen mussten. Seinen ersten Profivertrag unterschrieb er bei UNAM Pumas, doch er wurde nach einiger Zeit wegen Rückenproblemen aussortiert. Er versuchte es bei Cruz Azul Mexiko City und fuhr täglich zwei Stunden zum Training. Über das "Farm Team", bei dem er von einem früheren Trainer stark geformt wurde, schaffte er es in das erste Team von Cruz Azul Mexiko City, für die er 124 Spiele mache. Sein erstes Spiel in der Nationalmannschaft machte er 2003 in der Copa America gegen Brasilien. Auch bei der WM 20006 war er als Stammspieler dabei.
Während der Weltmeisterschaft schrieb Pep Guardiola in einer Kolumne in der spanischen Zeitung "El País" folgendes über Ricardo Osorio:
"Wir spielten gegen die Mannschaft von Osorio, Cruz Azul. … Ricardo Osorio war unübersehbar. Er spielte einfach perfekt. Wir sahen, dass er das Niveau hat in der spanischen Liga spielen zu können… Wir waren auf zukünftige Auftritte von ihm gespannt um zu sehen, ob unser erster Eindruck sich bestätigen würde.
Und dieser Auftritt kam dann bei der WM. Und wir bemerkten, dass wir uns getäuscht hatten. Osorio kann nicht nur in Spanien spielen. Er kann in Madrid oder Barcelona spielen. Er ist ein Großer, weil er die ganze WM grandios gespielt hat. Mit Talent in der Defensive und Offensive. Im Achtelfinale, zum Ende der Partie, spielte er gegen Tévez, hielt ihn stets auf der linken Seite, wissend, dass er gerne nach rechts zieht, das ist defensives Talent. Nach vorne zu spielen wie er es tat, ist offensives Talent. Und um in einer großen Liga wie in Spanien zu spielen zu wollen, braucht man diese beiden Sachen. Mit nur einer erreicht manchmal nichts."
Dass er dann in Stuttgart gelandet ist, war wohl Glück (oder das Können von Horst Heldt )
Auch er fand sich, genauso wie Pavel Pardo, sehr schnell in das Team ein und stand beim ersten Saisonspiel gegen Nürnberg in der Startelf. Im zweiten Saisonspiel fiel er allerdings etwas negativ auf als er in der 64. Minute die Rote Karte kassierte. In der weiteren Saison war er gesetzt auf der Position als rechter Verteidiger. Er durfte in 27 Spielen in der Bundesliga und in sechs Spielen im DFB-Pokal ran. Am Ende standen in seiner ersten Saison die Meisterschaft und der 2. Platz im DFB-Pokal zu buche.
Die beiden folgenden Saisons war er auch Stammspieler, wenn er auch aus diversen Gründen wie kleinere Verletzungen oder Länderspielreisen weniger Spiele machte. Zudem war er weiterhin Stammspieler der mexikanischen Nationalmannschaft und hat mit dem VfB im DFB-Pokal, UI-Cup, UEFA-Cup und der Champions League gespielt.
Doch dann kam diese Saison. Für seine Position wurde Stefano Celozzi vom Karlsruher SC verpflichtet und Christan Träsch konnte sich auch endgültig durchsetzen. Er verkündete gleich zu Beginn der Saison, dass er mit dem auslaufenden Vertrag den VfB verlassen wird. In der Saison hatte er auch immer wieder Pech mit Verletzungen. Gerade als er sich scheinbar durchgesetzt hat, zog er sich ein Muskelfaserriss im Spiel gegen den FC Bayern München zu. Sein nächstes Spiel machte er dann beim desaströsen 0-4 gegen Leverkusen. Die sollte auch für lange Zeit sein letztes Spiel werden. Erst 15 Spieltags später wurde er für drei Minuten gegen Mönchengladbach eingewechselt. Zum Ende seiner Stuttgarter Zeit durfte er nochmal die letzten drei Spiele von Beginn an spielen.
Der Höhepunkt dabei war sicherlich der sehr emotionale Abschied beim vorletzten Spiel. Dabei konnte man wirklich sehen, wie sehr er es genoss und ihm es schwer fiel zu gehen: "Es ist schwer bye zu sagen zu dieser großen Mannschaft, weil ich vier Jahre hier war und es einfach nur unglaublich war. Ich bin Teil von Stuttgart geworden und Stuttgart ein Teil von mir. Und ich habe entschieden, nie gegen den VfB anzutreten."
Vielen Dank für außergewöhnliche Jahre beim VfB Stuttgart
Aufrufe: 7692 | Kommentare: 14 | Bewertungen: 31 | Erstellt:10.05.2010
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KOMMENTARE
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13.05.2010 | 12:08 Uhr
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Danke für die geile Zeit in Stuttgart.
Ricardo, du wirst genau wie Pavel immer ein Platz in unseren herzen haben
Adios
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21.05.2010 | 05:48 Uhr
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manu_SVW11 : @FCBikini
also ich wohne derzeit( noch) seit 3 jahern hier(puebla) und hab auch familie ueber das ganze land verteilt... und alle kennen nur den "grossen" vfb... ... ueberhaupt wenn leute mitkriegen das du was mit deutschland zu tun hast ist immer die erste frage.. " biste vfb fan???"wenns hochkommt haben meine aeltesten cousins mal etwas vages vom Fc Bayern gehoert aber richtig kennen tun ihn nur wirklich fusbalkunidge... und das auch nur als ein konstrukt von geruechten und vagen vorstellungen...
vor allem im rahmen des grossen cl finals merkt man doch seehr deutlich wie sehr die bl hier unterschaetzt und vernachlaessigt wird...( miener meinung nach zu unrecht ... denn italien ist ( hoffentlich sehr) bald aufgeholt...)
die komentare im vorfeld des finals sind hier alle vom typ her.. wie hoch verliert der fcb.. wie konnten die ueberhaupt ins finale kommen etc..etc...etc...( tlw. sogar etwas spoettisch mMn...)
aber gut....soweit halt meine erfahrungen... ich weis ja nicht wie lange du hier ( wo?) verbringst?
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@Jasi: Toll geschrieben, ich finde auch, es sollte mehr Mexikaner in der BuLi geben. Aber die verdienen in Mexiko halt genauso viel wie hier, wenn nicht sogar mehr...