Mit dem Heynckes-System und Luhukay-Lieblingen soll es also gelingen: Hertha BSC will den Fahrstuhl verlassen und die Klasse halten. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass ein solch bescheidenes Ziel bei Hertha BSC nicht immer konsequent in die Köpfe der Beteiligten ankommt. Von diesem Standpunkt scheinen die allesamt abstiegskampferprobten Neuzugänge Sinn zu machen: Ob Alexander Baumjohann mit Kaiserslautern, Johannes van den Bergh (erfolglos) mit Fortuna Düsseldorf, oder Sebastian Langkamp und Hajime Hosogai mit dem FC Augsburg: Alle vier Neuzugänge kennen Abstiegskampf.
Trotzdem stellt sich in der 1.Bundesliga auch immer die Frage nach der Qualität der Mannschaft. Man kann gut und gerne behaupten, dass der sang und klanglose Abstieg 2010, der Hertha erst in den Fahrstuhl beförderte, auch daran lag, dass man nach den Abgängen von Schlüsselspielern wie Josip Simunic, Marko Pantelic oder Andriy Voronin nicht für qualitativ hochwertigen Ersatz gesorgt hat. Des weiteren verstärkte man den Kader auch nach dem Aufstieg ein Jahr später nur punktuell und wieder stand am Ende der Abstieg.
Vor dieser Saison kann man nicht unbedingt vermuten, dass der Kader qualitativ besser ist als der, der vor einem Jahr ein zweites Mal abstieg. Der Kader ist sogar nur minimal besser als der, der letzten Saison. Was aber mit den Neuzugängen geschaffen wurde, ist eine gewisse Breite im Kader. Jeder Stammspieler sollte relativ adäquat ersetzbar sein und der Konkurrenzkampf dürfte intensiv werden. Vor allem im Sturm und im offensiven Mittelfeld hat Luhukay zahlreiche Optionen. Falls er - wie in Heynckes' Bayern-System - mit nur einem echten Stürmer aufläuft, streiten sich hier mit Adrian Ramos, Pierre-Michel Lasogga, Sandro Wagner (der vielleicht noch abwandern könnte), Sami Allagui und Ben Sahar einige ordentliche Leute. Auch dass ein Spieler wie Änis Ben-Hatira nach seiner auskurierten Verletzungen im letzten Teil der Aufstiegssaison oft auf der Bank Platz nehmen musste, ist eigentlich ein gutes Zeichen für den Konkurrenzkampf.
Aber: Sollte es wirklich das Ziel einer Transferpolitik sein, mittelmäßige Bundesliga-Spieler adäquat ersetzbar zu machen? Reicht für die Bundesliga, dass wenn sich ein Marcel Ndjeng verletzt jetzt ein van den Bergh einspringen kann? Der wahre Unterschied zu vergangenen Jahren ist, dass es bei Hertha jetzt keinen klar besten Spieler gibt, keinen Star à la Raffael. Dass Ronny im Tempo der 2.Liga glänzen konnte und herausstach, sollte nicht überstrahlen, wie wenig er im Jahr zuvor in der Bundesliga der Mannschaft helfen konnte - trotz überragender Freistoßtechnik.
Es gilt trotzdem immernoch die Devise, die Ex-Trainer Markus Babbel vor einer ganzen Weile ausgerufen hat: Hertha BSC hat einige Spieler, die noch nicht am Ende ihrer Entwicklung sind. Um in der Bundesliga zu bestehen, müssen Spieler wie Lasogga, Baumjohann oder Ben-Hatira aber alsbald einen großen Qualitätssprung hinlegen, um herauszustechen aus der Masse an mittelmäßigen Bundesliga-Spielern und endlich auch den Kader in der Spitze besser zu machen. Anderen wie Niemeyer, Kluge oder Lustenberger dürfte dies nicht unbedingt zugetraut werden.
Bleibt noch das Vertrauen in den Trainer: Jos Luhukay hat seine Lieblingsspieler bekommen und dürfte sein System in Berlin weiter stabilisieren. Dass dies nicht unbedingt auf technisch hochwertigen Offensivfußball ausgelegt ist, zeigen auch seine Arbeit in Gladbach und in Augsburg - aber v.a. die Art und Weise wie Hertha in der 2.Liga agiert hat: Nie wirklich mitreißend und aufregend, aber diszipliniert und geduldig. Und bis auf Baumjohann passen die Neuzugänge in dieses Konzept. Daher bleibt zu hoffen, dass das taktische Genie des Trainers die fehlende Qualität wettmacht. Trotzdem kennen Hertha-Fans nur allzu gut die Nachteile eines Trainers, der mit seinen ehemaligen Spielern versucht mit seinem Spielsystem fehlende Klasse zu kompensieren: Favre holte in seinen anderthalb Jahren bei Hertha auch fast nur seine ehemaligen Spieler und verzichtete nach einem guten Jahr auch auf einen Qualitätsschub vom Transfermarkt...
erst einmal danke für deine Kritik. Es geht ja darum, hier eine Diskussion zu führen.
Natürlich ist es mir nicht entgangen, dass die Finanzen nicht die ganz großen Transfers mehr möglich machen und dass die Rhetorik bei Hertha momentan sehr für Läuterung spricht, was die Akzeptanz des Abstiegskampfs angeht.
Mir ging es aber vor allem darum, dass bei Hertha viel von der Breite des Kaders geredet wird und die Transferpolitik - wie gesagt bis auf Baumjohann - darauf abziehlte, Positionen "abzusichern".
Mir wäre es aber z.Bsp. lieber gewesen, dass man statt mit Langkamp den sechsten Innenverteidiger (Lusti, Brooks, Maik, Hubnik, Jango) oder statt mit van den Bergh den 5.Außenverteidiger (Holland, Kobi, Pekarik, Ndjeng, Schulz) oder sogar einem der 6 Stürmer (bei einem 1 Stürmer System!) vielleicht sich ein, zwei Spieler geholt, die die Mannschaft auch wirklich BESSER MACHEN.
Auf dem Markt waren z.Bsp. Spieler wie Kacar, Leitner, Holzhauser, die uns glaub ich eher weitergeholen hätten.
Nochmal: Die Kritik ist einfach, dass die Mannschaft nicht besser ist als letztes Jahr. Den einzigen Lichtblick ist - wie gesagt - Baumjohann, aber der muss auch noch besser werden.
Daher gilt: Kein Schwarzmalen, aber Leute wie Ben-Hatira, Lasogga oder Baumjohann müssen eine sehr gute Saison spielen und auch mal ein Spiel allein gewinnen, damit man sich von den anderen mittelmäßigen Teams, die gegen den Abstieg spielen, absetzen kann - was, wie du schon gesagt hast, auf jeden Fall möglich sein sollte.
Daher ist der Kurs ein einzig wahre und richtige, auf ablösefreie Spieler zu setzen und keine - nicht vorhandenen - Millionenbeträge auszugeben! Wer würde uns die überhaupt geben und wenn ja, zu welchen Konditionen.
Luhukay war Preetz Glücksgriff und seine letzte Patrone. Der Trainer hat ein gute Händchen, was die Zusammenstellung und die Stimmung der Mannschaft angeht.
Ich denke wir haben uns, den Umständen entsprechend verstärkt und können mit 6-8 Mannschaften mithalten. Ob es reicht, bleibt abzuwarten, aber die Chancen sind ganz gut.
Mannschaften wie Braunschweig, Bremen, Mainz, Hannover sehe ich nicht viel! stärker aufgestellt. Dazu kommt die ein oder anderen negative Überraschung - wie z.B. der HSC oder andere.
Warten wir es ab wie die Start sein wird und wie Luhukay die Stimmung der Mannschaft steuern kann. Ich glaube wir schaffen es.
Und nur zur Info für alle die den Berliner immer Größenwahn unterstellen, der sollte das heutige Interview in der Berliner Morgenpost lesen oder einfach mal bei immmerhertha.de vorbeischauen. Dort glaubt niemand, dass wir mehr als nur gegen den Abstieg spielen!