Nach einer Nacht darüber schlafen und dem Lesen unzähliger Kommentare ist ein logisches Bild der Erklärung nicht in Sichtweite. Allerdings wird mir klarer aus welchen, vermeintlichen, Gründen J. Löw den Schritt der Ausbootung der drei Bayernspieler wählte.
Review: Müller, Hummels und Boateng wird per unangekündigtem Besuch das sofortige und endgültige Aus im Kader der deutschen Nationalmannschaft verkündet. Laut Berichten dauerte das Gespräch ca. 5 Minuten.
Was bewegt einen Nationaltrainer Löw zu einer solchen Entscheidung? Aus sportlicher Sicht, gerade in der Nachbetrachtung der WM in Russland, kann man diesen Schritt, oberflächlich betrachtet, nachvollziehen. Die Fragen die sich dann aber unweigerlich stellen sind doch eher auf die Endgültigkeit und den Zeitpunkt der Verkündung bezogen.
Wie gesagt, aus der sportlichen Nachbetrachtung der WM und ihrer Vorwochen und -Monate ist der Schritt der Nichtnominierung vollends nachvollziehbar. ABER, warum entziehe ich dem Team, gerade in der so wichtigen Innenverteidigung, jegliche Erfahrung? Warum verbannt man ein eingespieltes Duo, dass in Addition auch noch mit der 3. Top-Option, Süle, eingespielt ist? All das wohl wissend dass Innenverteidiger mit 30 im besten Fussballalter sind Warum nicht einfach für ein oder mehrere Spiele nicht-nominieren, oder mal den demonstrativen Bankplatz anbieten? Und dennoch, selbst wissend um die mageren Leistungen des Duos, wer ist denn, ausser Süle, sportlich gesehen die bessere Option? Ginter, Rüdiger, Tah? Ich persönlich sehe selbst im momentanen Stand der Dinge alle Optionen als schwächer.
Die Situation um T. Müller ist jedoch etwas schwieriger in der Betrachtung. Zum einen läuft er länger der Form hinterher und hat erschwerend, aus seiner Sicht, die stärkere Konkurrenz auf seiner Position. Allerdings hat Müller, sofern er wieder in Form käme, so seine Vorteile gegenüber einigen Konkurrenten. Müller ist variabel einsetzbar! Er kann auf rechts, hinter der Spitze, oder notfalls auch mal als Stürmer, aber auch eine 8 kann er. Gepaart mit seiner (internationalen) Erfahrung, so denke ich, könnte er von Nutzen sein im Nationalteam. Allerdings wie eingehend beschrieben wäre er, rein positionsbezogen, von diesem Trio wohl am ehesten zu ersetzen.
Bleiben die Fragen zur Endgültigkeit und des Zeitpunkts der Bekanntgabe.
Erstmal die Faktenlage. Hummels und Boateng sind beide 30 Jahre alt. Ergo bei der kommenden EM 31 und der WM 33 Jahre alt. Grundsätzlich, besonders für Innenverteidiger, wären beide Termine noch innerhalb ihres besten Spieleralters. Müller ist 29 Jahre alt und somit noch jünger als die beiden Erstgenannten. Einen endgültigen Cut aufgrund ihres Alters können wir also ausschliessen, ansonsten müssten diese Jungs - Neuer 32, Khedira 31, Reus 29, Kroos 29, Rudy 29, Gündoan 29, Hector 28 (wird im Mai 29) - das große Zittern bekommen und rein alterstechnisch gesehen wären dann Nico Schulz und Antonio Rüdiger mit 26 Jahren die alten Hasen.
Soweit so gut. Ohne lange um den heißen Brei herumreden zu wollen, J. Löw braucht Resultate. Er ist durch die verkorkste WM und deren Vorspiel(e) herber Kritik ausgesetzt gewesen, hat kaum noch öffentlichen Kredit und ist zudem bei den Fans relativ unbeliebt. Dem DFB versprach er den Umbruch und aufgrund des langen Zögerns einer WM Auswertung und der Inkonsequenz des Verbands ist jetzt ein immenser Handlungsdruck gegeben. Löw muss dieses Kuschel- und Wohlfühloasen Image loswerden und muss mit aller Macht einen Umbruch im Team einleiten.
Die drei jetzt geschassten Spieler standen allesamt stark in der Kritik und das teils schon vor der WM, aber eben ganz besonders seit der WM in Russland. Natürlich weiss das auch der Bundestrainer und wähnte sich in einer trügerischen Sicherheit mit dem getanen Schritt.
Aber, alle drei waren auch vor Allem in der Team-Hierarchie ganz oben. Langjährige Nationalspieler allesamt, Weltmeister, Deutsche Meister, Pokalsieger und auch Champions League Sieger (ausser Hummels) und die Sprachrohre und Lautsprecher des Teams, intern als auch extern. Ein (wunder) Punkt dem sich der Stab der Mannschaft nun entledigt hat, aber zu welchem Preis? Jetzt müssen die Brandts, Rüdigers und Tahs funktionieren. Passiert das wird Löw für seinen Umbruch und seine Stärke gefeiert, wenn nicht ja dann hat er jetzt die Ausrede des Umbruchs der noch etwas Zeit brauche. Ich hoffe dann fragt jemand nach ob der Schritt auch so radikal nötig war und ob es keine andere Möglichkeit hätte gegeben.
Was uns nun unweigerlich zur Frage des Termins führt. Warum jetzt? Zum Einen stehen zwei Länderspiele an (Serbien und Holland) und zum anderen stehen momentan wichtige andere Termine an. Ich bin felsenfest der Meinung dass der unpassende Termin aufgrund der entscheidenden anstehenden Spiele, was die Bayernführung auch monierte, explizit so gewählt wurde. Eben gerade durch diese wichtigen Spiele in der Bundesliga und der Champions League gerät natürlich die Ausbootung schnell in die zweite und dritte Reihe der News. Gerade der ausnahmsweise spannende Titelkampf in der Meisterschaft könnte dazu beitragen. Allerdings nur wenn die Neuen im Nationalteam funktionieren und sich die drei ausgebooteten nicht extremst positiv inspiriert sehen ihre Leistungen nun erst recht zu verbessern. Das würde sich aber Herr Löw wahrscheinlich auch wieder als seinen Verdienst ans Revers heften.
Schlussendlich bleibt die Situation interessant, aber ich komme nicht umhin dem Team um und in vorderster Front Jogi Löw selbst eine grosse Portion Eigennutz zu attestieren und muss als persönliche Note auch noch anmerken das die Eier, Kante, Entschlossenheit im Umbruch die Löw angeschrieben wurden, gerade hier in den Kommentaren für mich nicht ersichtlich sind. Ich sehe eher das Gegenteil, ein weiterer feiger Schritt eines inkonsequenten Bundestrainers der NIE personell eine Linie in sein Team bekam. Ein Leistungsprinzip und auch eine klare strategische Aufstellung lies er oft genug vermissen und nun verteufelt er das was er erschuf. Meiner persönlichen Meinung nach kann Löw niemals der Dirigent des Umbruchs sein. Er in aller erster Front hätte einmal Eier, Stärke, Rückgrat und Stil beweisen können, indem er nach der Russland WM die Konsequenzen seines Handelns zieht und zurücktritt. Dies jedoch hat er in seiner ganz eigenen feigen Weise verstreichen lassen und zog sich zwei Monate aus der Öffentlichkeit zurück, um dann mit einer halb-garen Analyse seinen und die Köpfe seiner Gönner und engsten Vertrauten zu retten.
Bleibt für mich Unverständnis zu äussern, den drei (bis jetzt) Betroffenen zu danken und viel Glück für die Zukunft zu wünschen und meine Abneigung gegen das derzeitige Handeln des DFB durch meine Absenz zu würdigen.
Sport frei,
Mac
