Rafael van der Vaart leitet den Angriff wunderbar ein. Mit einem kleinen Dribbling an der Außenlinie lässt er gleich 3 Gegenspieler alt aussehen, bevor er den Ball in die Mitte zu Kaká spielt, der den Ball garnicht erst annimmt sondern direkt über die verdutzen Gegenspieler in den Lauf von Cristiano Ronaldo hebt. Der portugiesische Superstar, oft als Egoist verkannt, läuft alleine auf den Strafraum zu, während der Torwart entscheidet, alles zu riskieren. Im Angesicht des auf ihn zustürmenden Schlussmannes schiebt Ronaldo den Ball mit einem Grinsen im Gesicht per No-look-Pass in die Mitte zum besser postierten Karim Benzema, der den Ball mit vollem Risiko unter die Latte des verwaisten Tores zimmert.
(und so ähnlich jetzt auch gemacht xDkuckst du)

So gesehen im Spiel Real Madrid gegen FC Barcelona, allerdings nicht am Samstag im echten Clasico der beiden besten spanischen Mannschaften sondern bei mir daheim, ja, genau, hier bei mir, auf meinem Monitor, in der Fußballsimulation FIFA 10 von EA SPORTS. Jahrelang musste man sich die besten Spieler in mühsamer Kleinarbeit zusammensuchen und einzeln für horrende Summen verpflichten, um mit der selbst kreierten Auswahl die gegnerischen Mannschaften unabhängig von der Schwierigkeitsstufe reihenweise alt aussehen zu lassen. Doch dieses Jahr sollte alles anders kommen: Real Madrid, vollkommen im Sinne der FIFA-Spieler, entschloss sich schon vor der Saison eine der schlagkräftigsten Truppen der letzten Jahre in Europa zusammenzukaufen und verpflichtete in einem Transferrausch Kaká, Karim Benzema, Cristiano Ronaldo und auch noch andere, eine neue goldene Ära mit neuen "Galaktischen" sollte folgen.

Und tatsächlich: nach 31 Spieltagen weist Real 19 Punkte Vorsprung auf das Drittplatzierte Valencia auf, hat bereits 83 Tore erzielt und eine Tordifferenz von 55."Was für eine Bilanz,bitte?", mag man sich denken. Die Maschine läuft also, ganz wie in FIFA, oder? Nunja, fast. Denn ein gewisser FC Barcelona spielt eine praktisch identisch gute Saison, gewann jedoch beide Spiele gegen Real in überzeugender Weise und steht deshalb verdient an der Tabellenspitze.

Und auch die Protagonisten der zumindest in der Liga außerordentlich starken Saison sind andere:
Beispielsweise sitzt ein Karim Benzema meist 90 Minuten auf der Bank, ebenso wie ein formschwacher Kaká. Stattdessen brilliert im Sturm mit Gonzalo Higuain ein junger Argentinier, dem man schon vorgeworfen hatte, sich trotz zweifellos großen Anlangen nicht bei Real hatte durchsetzen können. Mit 24 Treffern steht er momentan auf dem zweiten Platz in der spanischen Torjägerliste, weit vor seinen Kollegen von Real Madrid, und trotz einer brillanten Saison hinter seinem Landsmann Lionel Messi - natürlich vom FC Barcelona.

Eine nicht zu erklärende 0:4-Pleite im Pokalhinspiel bei Drittligist Alcórón, sowie eine phasenweise inflationäre Verschwendung von Großchancen im Rückspiel der Champions League gegen Olympique Lyon dürften nun einen weiteren Real Trainer den Kopf kosten. Und das alles trotz einer wirklich überragenden Saison, die lediglich von einigen Aussetzern in wichtigen Spielen gestört wurde.
Selbst gegen Barca überzeugte die Mannschaft mit intelligentem Pressing, einziug 2 Geistesblitze von Xavi und das eigene Unvermögen vor dem Tor kosteten gegen Barca einen Sieg und die Saisonpunkte 78-80.

Doch gerade diese wichtigen Spiele gewinnt nicht jeder Trainer mit jedem Team, der Verein muss dem Trainer mehr Zeit geben ein praktisch komplett neu formiertes Team zu einer Einheit, zu einer funktionierenden Maschine zu formen. Und was bringt es da nach der halben Saison darüber nachzudenken im Sommer den Trainer zu wechseln? Außer einem erheblichen Autoritätsverlust des Coaches der Mannschaft gegenüber wohl nichts. Kurzfristiger Erfolg ist nicht planbar, egal mit welchen finanziellen Mitteln, das sollte sich die Führungsriege von Real Madrid einmal überlegen und die Controller einmal für ein paar Stunden zur Seite legen.

Denn diese Mannschaft hat Perspektive, und wenn der Verein es schafft in Trainer- und Personalpolitik Kontinuität zu bringen, dann steht einer neuen Ära der Galaktischen wirklich nicht mehr viel im Weg.