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02.08.2011 um 12:29 Uhr
Justice for the 96! Teil II
Fans wollen helfen - Polizei verhindert
Der längst eingebrochene Zaun verhindert eine noch höhere Opferzahl. Die Rivalität zwischen den beiden Traditionsvereinen spielte schon längst keine Rolle mehr. Nottingham-Fans rissen auch ihre Zäune ein, um den Liverpool-Fans zu helfen. Man benutzte Werbebtafeln am Spielfeldrand um die Verletzten bzw. Toten aus dem Stadion zu schaffen. Und jetzt das Unglaublichste für mich der ganzen Geschichte: Die Polizei verhinderte dies, indem sie eine Kette bildeten, weil man befürchtete, dass am großen Stadionausgang die beiden Fanhälften wieder aufeinandertreffen würden. Heute weiß man, dass diese Einschätzung völlig unbegründet war. Nochmal zur Verdeutlichung: Zu diesem Zeitpunkt gibt es noch keine Krankenwagen oder sonstiges Medizinisches Personal im Stadion. Die waren nämlich damit beschäftigt, erstmal ins Stadion zu kommen.

Die Verletzten werden endlich versorgt
Als man dann die verschlossenen Tore für die Rettungsfahrzeuge öffnen konnte, wurde auch den ersten Fans geholfen. Zwischen toten, verletzten, schockierten und verzweifelten Fans versuchen die Rettungskräfte erstmal einen Weg zu den Opfern zu finden. Nachdem man dann diese ins Krankenhaus einliefern konnte, wird den ersten Fans erstmal klar, was in der letzten Stunde passiert ist. Trauernde Anhänger beider Vereinesind zunächst schockiert. Bis heute hat man sich noch nicht ganz erholt zu diesem Drama. In den Tagen werden erste Opferzahlen bekannt: 94 Tote, 730 Verletzte, davon 300 schwer. Die meist noch Jugendlichen füllen sämtliche Kliniken in der Umgebung von Sheffield.



Opferzahl steigt auf 96
Eine Woche nach dem Unglück stirbt der 14jährige Lee Nicol im Klinikum von Sheffield. 4 Jahre nach der Katastrophe stirbt das letzte Opfer. Ein zum Zeitpunkt des Spiels vollkommen gesunder 18-Jähriger stirbt aufgrund schwerster Hirnschädigungen, die ihn nie wieder haben aufwachen lassen.

Die Medien - Ich verbessere: Eine Zeitung
Über vier Millionen Menschen lesen am 19. April 1989 die wohl unverschämteste Schlagzeile der britischen Zeitungsgeschichte. Unter "The Truth" will die Tageszeitung "The Sun", vergleichbar mit der "Bild", die letzten Geheimnisse preisgeben. Ein Originalauszug:

GATES OF HELL – THE TRUTH
Some fans picked pockets of victims
Some fans urinated on the brave cops
Some fans beat up PC giving life kiss


Übersetzt:
Die ganze Wahrheit.
Einige Fans raubten den Opfern die Geldbörsen.
Fans urinierten auf helfende Polizisten.
Einige Fans prügelten auf helfende Polizisten ein.


Das Original

Dass dies nicht der Wahrheit entsprach, muss ich euch denke ich nicht erzählen. Unfassbar: Der Autor hat sich bis heute nicht entschuldigt. Die Zeitung entschuldigt sich erst 15 Jahre später auf einer kompletten Seite ihrer Ausgabe für ihre Falschmeldung, wie sie selbst zugeben. Die Empörung über "The Truth" war damals wie heute rießengroß. Die Verkaufszahlen an der Merseyside sinken von 400.000 auf 12.000. Die Organisation "Justice for the 96", die ihren Hauptsitz gegenüber vom Anfield Stadion haben, kämpfen noch heute für Gerechtigkeit für die 96 und helfen den Hinterbliebenen der Opfer. Dort gibt es auch folgender Aufkleber:



Euch kann ich nur bitten, falls ihr nach England reist, diese Zeitung nicht zu kaufen.

Das berühmteste Opfer
Als das berühmteste Opfer des Hillsborough-Dramas zählt der Jüngste unter ihnen: der 10-Jährige Jon-Paul. Er ist glühender Reds-Fan. Sein Cousin, ebenfalls begeisterter Liverpool-Fan, war damals nicht im Stadion. Er sagt heute, dass Jon-Paul genauso mitgefiebert hat bei Spielen wie er. Ihm widmet er seine gesamte Fußball-Karriere. Sein Cousin streift sich heute bei jedem Spiel die Kapitänsbinde über, sein Name ist Steven Gerrard.

Der Taylor-Report
Nach der Katastrophe folgten natürlich Nachuntersuchungen. Geleitet wurden diese von Peter Taylor, ein Innnenpolitiker und hohes Tier im englischen Rechtssystem. In seinem Bericht unterstreicht er das komplette Versagen der Polizei. Infrage gestellt wurde auch das Hillsborough Stadion, welches mit 5 Sternen ausgezeichnet worden war und als halbfinal-tauglich galt. Es waren zu wenig Drehkreuze für das Halbfinale angebracht worden. So staute sich die Menge vor diesen hochmodernen Einrichtungen. Festgestellt wurde auch, dass weder Alkohol noch Randale eine Rolle spielten. Die Fans untereinander waren komplett friedlich. Keine Prügelei oder ähnliches, was ja die Sun als "The Truth" verkaufen wollte. Darüber hinaus fehlten die Block-Stewards, nette Herren, die für jeden Block zugeteilt sind und dort für Ordnung sorgen. Jeder englische Stadionbesucher kennt sie. Doch diese Leute fehlten am Katastrophen-Tag. Sie wurden ganz einfach vergessen, was für die super Planung dieses Halbfinals spricht. Keine Stehplätze mehr, keine Zäune mehr, die das Spielfeld von den Zuschauern trennen und ein striktes Alkoholverbot in englischen Stadien waren weitere Maßnahmen. Gerade das Alkoholverbot sorgte für Aufregung in Liverpool. Nicht weil wegen dem Alkohol an sich, sondern einfach, weil man die 96 in ein falsches Licht gerückt sieht.

An der Anfield Road gibt es seitdem eine Gedenktafel, an der jeden Tag frische Blumen und Fanschals aus aller Welt niedergelegt werde. Steven Gerrard läuft hier oft vorbei und bekreuzigt sich.


Bis heute wird in einer Schweigeminute vor dem Spiel am Jahrestag der Hillsborough-Katastrophe an die Opfer gedacht.

Oft gibt es noch Aktionen der Fans, da bis heute noch niemand die Verantwortung übernahm. So auch im FA-Cup-Spiel gegen Arsenal London:



In diesem Sinne:
JFT 96!
YNWA

Gruppe: Justice for the 96!
Aufrufe: 5623 | Kommentare: 7 | Bewertungen: 9 | Erstellt:02.08.2011
ø 10.0
KOMMENTARE
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Red_Scouser
02.08.2011 | 13:45 Uhr
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02.08.2011 | 13:45 Uhr
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Einfach nur traurig, wie weit manche Medien gehen, um die Absatzzahlen zu steigern...
Aber ich muss sagen, Respekt für die Evertonsupporter, die sich ebenfalls am Boykott beteiligt haben. Es gibt einfach Dinge die über jeder noch so großen Rivalität stehen.
YNWA!
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M3RN
02.08.2011 | 14:32 Uhr
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M3RN : 
02.08.2011 | 14:32 Uhr
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M3RN : 
Ein sehr guter Blog über ein Thema was ganz tief in der Liverpool-Geschichte verankert ist.
Vor allem für mich als Duisburger stark nachzuvollziehen (Loveparade) war zwar nicht selber dort aber als Stadtbewohner wird man häufig davon verfolgt.
Auch sonst hat es mich echt geschockt, dass (laut Wikipedia) der Redakteur der verantwortlich ist für den Artikel sich nicht nur "noch nicht" entschuldigt hat sondern gesagt hat:"Ich habe damals nichts bereut und bereue heute immer noch nichts."
Das ist für mich der Gipfel der Unverschämtheit, ich finde es unglaublich aus solchen Geschichten noch seinen persönlichen Profit zu schlage, evtl als karriereschub oder ähnliches.

10 punkte übrigens
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skrtel37
02.08.2011 | 16:30 Uhr
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skrtel37 : 
02.08.2011 | 16:30 Uhr
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skrtel37 : 
Starker Blog 8Gerrard8.

Du hast einer der dunkelsten Tage des Fußballs nochmal gut aufgegriffen und zusammengefasst.
Find auch dass jeder erfahren sollte, was wirklich damals in Hillsborough geschah.

10 Points

YNWA!!
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8Gerrard8
02.08.2011 | 16:57 Uhr
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8Gerrard8 : 
02.08.2011 | 16:57 Uhr
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8Gerrard8 : 
Das haben z. B. spätere Untersuchungen oder Anhörungen von Polizisten ergeben. Auch die Aussage von den Fans, die damals dabei waren und um ihr Überleben gekämpft haben. Gerade die Leute, die beinahe gestorben sind, sind besonders empört, da sie sich nach diesem Ereignis auch noch so etwas anhören müssen.

Zusatzinfo: Nach dieser Katastrophe wurde das Liverpool Logo um zwei Flammen auf der Seite und den Schriftzug "You'll never wakl alone" erweitert.

In diesem Sinne: YNWA
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Antimadrista92
02.08.2011 | 17:49 Uhr
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02.08.2011 | 17:49 Uhr
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normalerweise sagt man ja nach einem richtig guten blog, dass es spaß gemacht hat ihn zu lesen, nur kann man das bei diesem blog nicht wirklich sagen, da das einfach eine schrekliche sache war. der blog ist aber naürlich top -> 10P

die aktion von der sun war aber ja mal verdammt erbärmlich. wenn ich mal nach england gehe zum fussball gucken, werde ich sie mir mit sicherheit nicht kaufen (finde den guardian eh besser^^).

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MADRID
02.08.2011 | 18:05 Uhr
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MADRID : 
02.08.2011 | 18:05 Uhr
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MADRID : 
Starker Blog

zu The Sun braucht man nicht viel sagen...ein drecksblatt!
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Flokke
02.08.2011 | 19:45 Uhr
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Flokke : 
02.08.2011 | 19:45 Uhr
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Flokke : 
Du hast die Tragödie wirklich gut und verständnisvoll zusammengefasst!
Danke dafür!

YNWA!
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