Freitag

Wie schnell doch die Zeit verfliegt! Auf dem EuroSpeedway Lausitz findet bereits der vierte Lauf der diesjährigen DTM-Saison statt. Die Motorsport-Anlage, die pünktlich zur Jahrtausendwende eröffnet wurde und seitdem zum festen Bestandteil des DTM-Kalender gehört, befindet sich etwas mehr als 100 Kilometer südlich von Berlin und gilt daher als das Heimrennen vom Team RSC Mücke Motorsport und - kleine Notiz am Rande - auch meiner Wenigkeit.

Der Tag startet am frühen Morgen mit einem Flug von Stuttgart nach Dresden und einer anschließenden Shuttlefahrt zum Lausitzring. Allzu viel Zeit, um sich vor Ort einzufinden, bleibt mir nicht, denn an diesem Freitag stehen viele Termine auf der Agenda. Zu diesen zählt unter anderem ein Treffen von Gary Paffett und dessen Nachfolgern im ATS Formel 3 Cup. Paffett, Deutscher Formel 3 Cup-Champion 2002, erzählt den Nachwuchsrennfahrern von seinem Werdegang im Motorsport und beweist gleichzeitig Sinn für Humor. O-Ton des Briten: "Wenn ich euch sehe, komme ich mir richtig alt vor."

Anschließend widme ich mich primär einem Kamerateam vom TV-Sender KiKa, welches das gesamte Wochenende vor Ort ist, um den jugendlichen Protagonisten Kevin beim Team RSC Mücke Motorsport zu begleiten. Im Vorfeld des Rennwochenendes verbrachte er bereits drei Tage am Teamsitz des Berliner, um seinem Traum vom Motorsport nachgehen zu können. Von der Box aus verfolgen wir die Arbeitsabläufe der Mechaniker und Ingenieure, während Peter Mücke und Ralf Schumacher höchstpersönlich für jegliche Fragen zur Seite stehen.

Zwischenzeitlich begebe ich mich jedoch in die Team-Hospitality, denn am Abend steht ein Meet & Greet für 100 Fans auf dem Programm, welches via Facebook organisiert wurde. In lockerer Atmosphäre stehen sowohl die Fahrer als auch Teamverantwortlichen eine Stunde lang für Fotos und Fragen sowie Tischfußballpartien zur Verfügung.

Einen ähnlich großen Fanansturm erlebe ich bei einem Fotoshooting unserer Fahrer, das direkt vor der Hospitality stattfindet. Erneut bietet sich den Zuschauern eine Gelegenheit für Autogramme und Fotos, wobei den Fahrern dieses Mal weniger Zeit zur Verfügung steht, weil unmittelbar danach zum ersten Mal in dieser Saison - ein Roll-out durchgeführt wird. Insbesondere zur Freude unserer Rookies, wenngleich die Session mit 15 Minuten vergleichsweise kurz ausfällt.

Samstag

Deutlich länger fällt mein Schlaf in der Nacht von Freitag auf Samstag aus. Angesichts des Ablaufs am Vortag mag man es mir jedoch nachsehen.

Frisch und ausgeschlafen starte ich in den neuen Tag, der mit dem Freien Training beginnt. Von der Mücke-Box aus verfolge ich gemeinsam mit dem Kamerateam vom KiKa das Geschehen auf der Rennstrecke und knipse nebenbei noch ein Foto von Daniel Juncadellas Mercedes AMG C-Coupé, um es auf unserer Facebook-Seite online zu stellen. Im Gegensatz zu den Trainingsläufen in Brands Hatch und Spielberg verläuft die Session am Lausitzring deutlich positiver, indem sich fünf Mercedes innerhalb der Top 12 platzieren. Gar keine Frage, so ein Ergebnis gibt Auftrieb...

Ehe im Qualifying die Stunde der Wahrheit schlägt, wird zuerst das DTM-Renntaxi mit GoPro-Kameras versehen, denn für Kevin steht heute ein ganz besonderes Highlight auf dem Programm: Eine Mitfahrt als Beifahrer vom F1-Safety-Car-Piloten Bernd Mayländer. Ein breites Grinsen zeichnet sich auf meinem Gesicht ab, als Kevin nach drei Runden aus dem Wagen steigt und seine vor Aufregung zitternde Hand in die Kamera hält. Man muss keine Fähigkeiten als Hellseher aufweisen um vorherzusagen, dass er dieses Erlebnis so schnell nicht vergessen wird.

Im Anschluss an die Renntaxifahrt beginnt bereits das Qualifying. Und was soll ich zu meinem Empfinden nach Ablauf der knapp 70 Minuten sagen? Erleichterung? Genugtuung? Freude? Vermutlich alles zusammen. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Performance im Qualifying ein Schwachpunkt, umso größer ist - sicherlich nicht nur - mein Erstaunen über die Pole Position von Christian Vietoris und den zweiten Platz von Gary Paffett. Das starke Mannschaftsergebnis mit Robert Wickens auf P4, Roberto Merhi auf P9, Pascal Wehrlein auf P11 und Daniel Juncadella auf P15 lässt die Freude umso größer ausfallen.

Entsprechend gelöst ist die Stimmung bei der Veranstaltung Meet the Drivers. Unter großem Jubel und Applaus stellen sich die Fahrer den Fans für Autogramme, Fotos und Fragen zur Verfügung. Selbstverständlich sind neben den Fahrern auch die restlichen Teammitglieder auffällig gut gelaunt. Kein Wunder, die Ausgangslage für das Rennen könnte kaum besser sein...

Sonntag

Trotz aller Freude über das Ergebnis im Qualifying ist nichtsdestotrotz eine gewisse Zurückhaltung auszumachen, denn erst heute geht es um die Punkte. Zu viele Faktoren können einem einen Strich durch die Rechnung machen: Technische Ausfälle, Kollisionen oder auch verpatzte Boxenstopps. Um zumindest letzteres möglichst zu vermeiden, üben die Teams am frühen Sonntagmorgen vor den Augen der anwesenden Fans in der Boxengasse insgesamt eine halbe Stunde lang die in diesem Zusammenhang anfallenden Abläufe. Kaum zu glauben, dass der Reifenwechsel in bis zu knapp drei Sekunden erfolgt. Meinen persönliche "Bestzeit" verschweige ich besser an dieser Stelle...

Ehe es zur Startaufstellung geht, versammeln sich die Pressesprecher von Mercedes, Audi und BMW sowie zwei Vertreter der ARD in unserer Hospitality, um den Programmablauf vor dem Start zu besprechen. Das ist unter anderem deshalb wichtig, um den jeweils benötigten Fahrer zum richtigen Zeitpunkt am Fahrzeug parat zu haben, wenn ARD-Moderator Claus Lufen und Experte Manuel Reuter zum Interview bitten.

Meine Arbeit während des Startprozederes fällt nicht nur wegen der vielen Menschen auf der Starting Grid hektischer als sonst aus, sondern vor allem wegen der Sprints zwischen der Startaufstellung und dem Media Center, um dort per WLAN Nachrichten und Fotos posten zu können. Das mobile Internet - ebenso das Handynetz - erweist sich zu diesem Zeitpunkt stets als komplett unbrauchbar. Gleiches gilt für die Phase unmittelbar vor und nach dem Rennen, wobei es in diesem Fall noch einen Tick stressiger wird, weil die Statements der Fahrer aufgezeichnet und anschließend möglichst schnell abgetippt werden müssen.

Selten habe ich diesen Aufwand umso freudiger auf mich genommen, denn das Rennen wird wie erhofft zum großen Triumph: Mit Gary Paffett, der den Lauf vor Audi-Pilot Mike Rockenfeller gewinnt, und Christian Vietoris sichern sich gleich zwei Mercedes-Fahrer einen Platz auf dem Podium! Robert Wickens beendet das Rennen wie im Qualifying auf P4, während sich Daniel Juncadella gegenüber seiner Startposition um gleich sieben Plätze verbessert und als Sechster seine Zähler in der DTM einfährt. Auch Robert Merhi kann sich als Zehnter einen Punkt sichern. Weniger glücklich verläuft das Rennen für den Jüngsten im Bunde, Pascal Wehrlein, dessen Fahrzeug beim Start stark beschädigt wurde.

Nachdem die obligatorischen Pressetermine absolviert sind, wird die Musik in der Hospitality zur Feier des Tages laut aufgedreht und die Fahrer - stellvertretend für das gesamt Team - der Reihe nach mit großem Applaus bedacht sowie die an diesem Tag gewonnen Pokale für alle gut sichtbar ausgestellt.

So fühlt es sich also an, wenn man ein DTM-Rennen gewinnt und mittendrin sein kann: Einfach nur - mit Verlaub gesagt - GEIL! Damit ist mein persönlicher Bann gebrochen, denn bei meinen vorherigen sechs DTM-Rennen gab es keinen Sieg zu feiern. An dieses Gefühl könnte ich mich glatt gewöhnen...

Zumal das kommende Rennen am Norisring unter anderem aus zwei Gründen eine Menge verspricht: Zum einen steht das 25-jährige Jubiläum anlässlich des Werksengagements von Mercedes-Benz in der DTM an und zum anderen gewann Mercedes gleich zehn der letzten elf Rennen auf dem legendären Stadtkurs in Nürnberg...