Um ein Formel 1 Rennen zu veranstalten bedarf es Regeln.
Die Bestimmungen der FIA dienen dabei zu allererst der Sicherheit.
Zweitwichtigster Punkt ist das Gewährleisten der Chancengleichheit.
Und dann gilt es noch, die Veranstaltungen möglichst spannend für Zuschauer und Sponsoren zu halten.

All das betrifft auch die Bestimmung der Reifenwahl. Und um letzteres zu erfüllen einigten sich Rennleitung, die Teams und die Reifenhersteller vor der Saison darauf, eine möglichst schnell abbauende Reifenmischung ins Rennen zu schicken, um das Taktieren rund um richtig gezeiteten Boxenstopp auf ein Höchstmaß an Spannung zu treiben.

Dieses Vorhaben darf man wohl schon jetzt als gelungen bezeichnen und den bisherigen Höhepunkt des gewollten Reifenpokers erreichte der Grand Prix von China in Shanghai am vergangenen Sonntag.

Um das Ergebnis einmal vorweg zu nehmen,
gewonnen hat kurz Soft, Medium, Medium, relativ kurz Medium
vor kurz Soft, Medium, relativ kurz Medium, relativ lang Medium
und kurz Soft, Medium, relativ kurz Medium, relativ lang Medium.
Auf Platz 4 landete etwas länger Medium, Medium, sehr lang Medium, kurz Soft,
vor relativ lang Medium, sehr lang Medium, kurz Soft.

Doch der Reihe nach.

Schon vom Erlischen der Startlichter an stellte sich vor allem eine Frage: Wann kommen die ersten an die Box, um sich der weichen Reifenmischung zu entledigen, denen der Ruf einer kurzen Lebensdauer voraus ist? Der Fokus lag dabei vor allem auf den ersten 7 der Startaufstellung, schließlich hatten dahinter Button, Vettel und Hülkenberg extra auf eine gezeitete Runde im Q3 am Samstag verzichten, um auf der härteren Mischung losfahren zu können.

Es war schließlich Mark Webber, der die Boxengasse zuerst anfuhr und zwar schon in der ersten Runde. Der Australier, der seinen Boliden im Qualifying abgestellt hatte, weil im das Benzin ausgegangen war, musste deswegen vom Ende des Feldes starten und hatte mit seinem frühen Reifenwechsel ohnehin nichts zu verlieren.

Der Rest der auf den weichen Gummis Gestarteten kam wie erwartet ab der Runde 6 zum Wechsel, wo hingegen Vettel auf der Medium-Mischung bis Runde 14, Button gar bis Runde 23 draußen bleiben konnte.

Den ersten Aufreger des Rennens lieferten die beiden Force India Piloten, die sich beim Kämpfen um die ersten Kurven berührten. Glücklicherweise ohne Konsequenzen. Doch das Pech, welches dem Team schon beim Grand Prix von Malaysia anhaftete, ließ Adrian Sutil auch in China nicht los. In Runde 5 fuhr der Sauber von Esteban Gutierrez dem Deutschen ins Heck. Zwar schaffte er es noch an die Box, den ramponierten Heckflügel war jedoch nicht mehr zu helfen. Das bedeutete den zweiten Ausfall im dritten Rennen für Sutil, der nach seinem Comeback bisher eine so hoffnungsvolle Leistung auf die Strecke gebracht hatte.

Eine Kollision provozierte auch Mark Webber, der in Runde 15 innen an Jean-Eric Vergne vorbeiziehen wollte. Mit solch einem Manöver konnte der Toro Rosso Pilot wohl nicht rechnen und Webber beschädigte sich seine Front so sehr, dass er zu einem Wechsel des Flügels gezwungen war. Ein Boxenstopp, der Konsequenzen hatte. Denn der gleichzeitig vorgenommene Reifenwechsel ging nicht bei allen vier Gummis reibungslos über die Bühne.
Schon in der darauffolgende Runde deutete sich ein lockerer, hinterer Reifen am Red Bull an, der sich schließlich löste und an Webber vorbei rollte. Damit war auch für ihn das Rennen zu Ende.

Kimi Räikönnen hatte mittlerweile eine Begegnung mir dem McLaren von Sergio Perez, die ihm ebenfalls einen beschädigten Frontflügel, sowie ein Loch in der Nase des Lotus bescherte. Ungewöhnlicherweise entschied sich das Team jedoch gegen einen Nasenwechsel. Der Finne verlor dadurch zwar ein paar Hundertstel Sekunden pro Runde, schaffte es aber umso beeindruckender noch auf Platz 2 das Rennen zu beenden.

Die Zielflagge zu sehen blieb ein frommer Wunsch für Mercedes Fahrer Nico Rosberg. Eine Beschädigung am Stabilisator zwang ihn in der 23. Runde das Auto in der Box abzustellen.

An der Spitze des Feldes taktierte man sich jedoch erfolgreich durch den dritten WM-Lauf.
Als bester Taktiker stellte sich dabei Fernando Alonso heraus, der am Ende mit großem Abstand vor dem aerodynamisch beeinträchtigten Räikönnen ins Ziel fuhr.
Lewis Hamilton fuhr, nachdem er von der Pole Position gestartet war, in den ersten Runden auf den weichen Reifen jedoch keine Chance hatte seine Position zu verteidigen, einen zufrieden stellenden dritten Platz nach Hause.
Sebastian Vettel, der auf einer umgekehrten Reifenwahl unterwegs war als die ersten drei, machte es in der aller letzten Runde noch einmal spannend, indem er die über zehn sekündige Lücke zu Hamilton schließen konnte. Nur zwei, drei Kurven hätten ihm für ein Überholmanöver wohl noch gefehlt.
Daniel Ricciardo konnte sein starkes Qualifikations-Ergebnis mit einem 7. Platz im Rennen bestätigen.

Im Gedächtnis wird einem vom Grand Prix von China erneut größtenteils die Reifendiskussion bleiben, die immerhin schon so intensiv besprochen wurde, dass die Rennleitung nun ernsthaft über eine Änderung der Reifenmischung, sowie der bereitstehenden Reifenanzahl pro Wochenende nachdenkt. Mit einer Umgestaltung des betreffenden Regelwerks kann aber frühestens beim Grand Prix von Spanien gerechnet werden.