Täglich um 19.47 Uhr stellen Millionen Deutsche ihr privates Leben voll und ganz in den Dienst der besseren Welt, sie schauen sich in absoluter Begeisterung die ach so schöne, kaputte, dabei auf Hochglanz oder eben Schmutz und Elend, getrimmte Welt einiger GZSZ-Laiendarsteller an. Wirklich total super, was da für Dinge passieren. Mal wird ein Hund überfahren, im nächsten Moment macht der Pizzabäcker Toni spontan der nebenan eingezogenen Haarstylistin Chantal (aus dem finsteren Ostteil des Landes in das Mekka der Haarkünste, also Köln, gezogen) den Antrag, während zwei Häuser weiter ein Schusswechsel zwischen Thais das Gesamtbild auffrischt. Wir alle sind Fans dieser niemals langweilig werdenden "Und täglich grüßt das Murmeltier"-Shows. Wer sich davon nun freispricht, hat nie die Never Ending Story seines Lieblingsvereins via spox-Newsticker verfolgt. Wer kann das schon von sich selbst behaupten?

Reader's Digest
In herrlicher Gleichartigkeit kopieren große Zeitungsverlage die neuesten DPA-Meldungen und Interviews bekannter Sportwochenblätter, verlocken mit großen Überschriften und kleinem Inhalt, verzaubern uns alle mit ihren Meinungen und Deutungen. Auflistungen der nächsten Transfercoups und Planspiele auf Bibelschulniveau, um auch dem letzten Holzfäller aus dem Schwarzwald klar zu machen, dass das Leben nunmal voller Faszination ist. Natürlich ist das nicht nur im Sport, speziell Fußball, so oder in der Art zu praktizieren, aber diesen Bogen möchte ich nicht überspannen, weshalb hier weiter im Hexenkessel gerührt wird.
Diese sich niemals auch nur annähernd wiederholenden Retourkutschen sind nichts als schlechte Lückenfüller. Wer einen Bärenhunger auf Informationskeulen hat, kann getrost den Chefkoch vermöbeln, weil auch in den nächsten vier Wochen nicht mehr passieren wird als das übliche Blabla. Es ist einfach der größte Spaß geworden, dass sich jeder Pseudo-Vorstandsfuzzi zu Wort meldet und klarstellt, was schon glasklar war, bevor die jeweilige Person überhaupt mit dem Verseuchen dieses Informationssumpfes angefangen hat. Ich zünde deshalb für jeden sinnlos beigetragenen Satz dieser Meute eine Kerze auf dem Grab der Vernunft an.

Hast du schon gehört?
Dieses Trauerspiel ist den meisten Verfolgern des Pseudo-Journalismus erst dann bewusst, wenn die x-te Sportbild gekauft wurde, weil mal wieder auf der Titelseite groß und bunt vom nächsten Transfercoup geschwärmt wird, den man dann in Form eines Zweiseiters wie lauwarme Suppe zu schlürfen hat, nur um dann feststellen zu müssen, dass soviel dran ist wie an Hauptgerichten in Edelrestaurants. Diese Häppchen machen schon lange keinen ausgewachsenen Fußballfanatiker mehr satt, sie stillen nicht mal ansatzweise den Heißhunger, den uns Medien durch gut gewählte News und Geschichten injizieren. Traurig ist ebenfalls, dass dieses Phantom sich wie eine Droge verbreitet, die, wie könnte es anders sein, extrem abhängig macht. Nahezu jedes Forum quellt über, wenn Wenige weniges sagen, um aus wenig viel zu interpretieren, bedarf es dann nicht viel mehr als einige Fans zweier Vereine, die sich in Diskussionen biblischen Ausmaßes vertiefen, um dann nach langen, von Bans und Beleidigungen geprägten Kleinkriegsdialogen feststellen zu müssen, dass das eigentliche Thema komplett verpennt wurde. Es könnte so schön sein, wenn denn wirklich etwas passieren würde, in diesem oft genannten Sommerloch / Transferfenster.

Be careful - Lesen auf eigene Gefahr
Ohne die Lust und den Reiz des flammenden Infernos an Neuigkeiten wäre diese Szene schon verdientermaßen dahingerafft wie Eurodance und Schlaghosen (für Männer). Weil dem leider nicht so ist, hängt der Patient weiterhin am Tropf und wartet auf die nächste Transferverdachtsfusion, die leider auf Placebo-Basis rumdümpelt. Die talentierten Journalisten berichten im gerade akuten Sommerloch von Dingen am Rande des Ballsports oder gönnen sich und ihren Lesern etwas frisches, gutes und unverbrauchtes, was leider in den seltensten Fällen auch als solches wahr- bzw. angenommen wird. Deshalb tragen alle Fans des eigentlichen Sports in diesen Monaten, die auch abseits der Gerüchteküche und TV-Film-Wiederholungsorgien nur durch Hitze und leicht bekleidete Frauen in der Innenstadt glänzen, Trauerflor und Trikots aus den 90er Jahren. Ja, es ist wirklich traurig. Man könnte fast den Mut verlieren, am Elend der sich immer wieder in den Pausen zwischen der nächsten Runde Pils aufwärmenden Kneipendiskussionen eigenständig vernichten, um Hilfe schreien, mit ConfedCup und U21-Europameisterschaft notversorgt werden...
Oder man geht einfach raus und spielt mit den Jungs eine Runde Fußball.


In diesem Sinne,

tobzzzzn