Liebe Fußballfreunde,
mit Verwunderung und Bedauern habe ich in den letzten Wochen und Monaten die Kritik rund um die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar vernommen. Leider war ich in letzter Zeit durch die Organisation der Weltfußballerwahl und diverse Bordellbesuche sehr beschäftigt, so dass ich mich erst jetzt an Euch wenden kann, um zu den teilweise absurden Vorwürfen Stellung zu nehmen.
Die Vergabe der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2022 an Katar war ein Fehler.
Das Lieblingsargument der Kritiker, dass jedoch völlig haltlos ist. An wen, liebe Freunde der FIFA, hätten wir das Turnier denn sonst vergeben sollen? Drei der vier Mitbewerber - Japan, Südkorea und die USA - haben wir vor nicht allzu langer Zeit im Rahmen der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft besucht und dabei deren Fußballkultur bereits angezapft, wovon wir bis heute profitieren. Es musste darum gehen, neue Fußballkulturen zu erschließen, noch größere Fußballkulturen. Denn diese sind es, die die FIFA zu dem gemacht haben, was sie heute ist und, noch wichtiger, mich zu dem gemacht haben, was ich heute bin.
Wir hatten also die Wahl zwischen Katar und Australien. Bei zwei gleichwertigen Bewerbern entscheidet die FIFA schon seit Beginn meiner Amtszeit per Münzwurf, und den haben die Araber einfach deutlich gewonnen.
Und obwohl es in der heutigen Zeit völlig normal ist, wichtige Fragen nach diesem Prinzip zu klären, werden wir für unsere Entscheidung andauernd kritisiert. Diese Haltung zeugt von einer Ignoranz und Engstirnigkeit, der wir bei der FIFA energisch entgegentreten.
Um dies zu verdeutlichen, haben wir auf unserer Homepage einige Reaktionen auf die Vergabe der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2022 an Katar gesammelt. Dort kann es jeder nachlesen: Ob Scheich Mohammad bin Hamad Al-Thani, S.H. Scheich Hamad bin Khalifa Al-Thani oder S.E. Scheich Saud bin Abdulrahman Al-Thani, keiner von Ihnen verliert auch nur ein negatives Wort über die Vergabe der Weltmeisterschaft.
Ehrlichere und vertrauenswürdigere Testimonials kann ich mir nicht vorstellen. Denn, Hand aufs Herz, liebe Fußballfreunde: Wer von Euch hat sich jemals vor dem Einschlafen gedacht: Mein Tag wäre heute sehr schön gewesen, wenn mich dieser Scheich nicht angelogen hätte?
Die Vergabe der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2022 erfolgte aus rein finanziellen Gründen.
Eine Unterstellung, über die ich nur müde lächeln kann. Erstens, weil sie so hanebüchen ist, zweitens, weil ich sie plausibel entkräften kann. Wer sich mit Fußball beschäftigt, hat doch in letzter Zeit mitbekommen, dass aus FIFA-Kreisen ständig neue und widersprüchliche Aussagen getätigt werden, was den Termin der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2022 angeht. Und wie kann man das anders erklären als mit der Tatsache, dass in meinem Verband keiner auch nur die geringste Ahnung von diesem Land hat?
Und nun frage ich Euch, liebe Freunde: Könnt ihr Euch ernsthaft vorstellen, dass in einer von mir geführten Organisation jemand überleben kann, der sich mit einem potentiellen Geldgeber nicht eingehend beschäftigt? Dass ich so überleben kann?
Nein, es sind andere Gründe, die Entscheidung beeinflusst haben. Ich kann nicht in die Köpfe der anderen Verantwortlichen schauen und in diesem Fall nur für mich selbst sprechen: Mich hatten sie in dem Moment, als der Scheich mich als teuren Freund bezeichnet hat. Ich bin halt auch nur ein Mensch, wenn auch ein sehr reicher.
Den Kritikern möchte ich für die Zukunft ans Herz legen: Haltet Euch zurück! Bei uns sitzen so viele senile Menschen in leitenden Positionen, dass unsere Ahnungslosigkeit niemals ausgeschöpft sein wird.
Die Arbeitsbedingungen in Katar sind unzumutbar.
Ich habe es schon mal gesagt, liebe Freunde des runden Leders, und ich sage es nochmal: In jedem Land der Welt kann es passieren, dass es Todesfälle auf Baustellen gibt, insbesondere auf WM-Baustellen. Mit Katar hat das Ganze also nichts zu tun, viel mehr mit der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2022 an sich! Wozu also die ganze Aufregung?
Und dann diese Berichte über Arbeiter, die wie Sklaven behandelt werden. Völlig an den Haaren herbeigezogen! Ich habe extra Franz Beckenbauer nach Doha geschickt, und ratet mal, was er mir erzählt hat: "Ich habe noch keinen einzigen Sklaven in Katar gesehen. Ich weiß nicht, woher diese Berichte kommen. Ich war schon oft in Katar und habe deshalb ein anderes Bild, das glaube ich realistischer ist."
Na also. Wenn es diese Sklaven geben würde, hätte man sie ihm doch als Erstes gezeigt. Schließlich gehört es spätestens seit ...s KZ-Führungen für Churchill unter Staatsmännern zum guten Ton, Gästen zuerst die Bereiche zu zeigen, in denen es noch nicht rund läuft.
Ihr seht also, dass hier in den Medien Vieles zu negativ dargestellt wird. Die WM in Katar wird prima, und wer weiß, vielleicht bin ich dann noch am Leben, um mit Euch zu feiern!
Liebe Grüße,
Sepp Blatter
