27.03.2011 um 16:37 Uhr
Ein einziges Missverständnis 2
Teil Eins
Um Punkt 9.01 landet die Swiss-Maschine LX 288 aus Zürich kommend am 10. Juni in Johannesburg. Das WM-Abenteuer beginnt. Mit an Bord auch Alex Frei, der Kapitän fiel fast die gesamte Rückrunde mit einem Armbruch aus und auch im letzten Training auf Schweizer Boden wälzte er sich nach einem Foul minutenlang auf dem Rasen. Für das erste Spiel gegen Spanien wird es wohl nicht reichen. Eren Derdiyok wird für ihn spielen. Die "Nati" reisst mit gemischten Gefühlen an den Kap. In den drei Spielen 2010 konnte man kein einziges gewinnen. Beim 1:1 gegen Weltmeister Italien spielte man gut, gegen Costa Rica und Uruguay verlor man kläglich vor heimischer Kulisse. Der Nationalmannschaft gibt man in der Heimat nur wenig Kredit. Schon gar nicht gegen Spanien. In Spiel Eins soll eine Kanterniederlage verhindert werden. Ottmar Hitzfeld, das weiss zu dem Zeitpunkt noch niemand, wird dabei auf eine Mauertaktik setzten, die ältere Semester an den legendären "Schweizer Riegel", eingeführt vom legendären Karl Rappan, erinnern wird.
Durban, 16. Juni 2010. Es geht los! Als letzte Mannschaft steigt die Schweiz in die WM ein. Erster Gegner, ausgerechnet Top-Favorit Spanien. Spielerisch hat die "Nati" keine Chance, das weiss Hitzfeld und stellt seine Mannschaft ultra-defensiv ein. Mit Erfolg. Zur Halbzeit steht es 0:0, Spanien ist klar die bessere Mannschaft, doch die ganz grossen Chancen sind ausgeblieben. Dann die 52. Minute: Benaglio mit einem weiten Abstoss, der Ball landet bei Derdiyok, der wird im Strafstoss umgerissen und vom Ball getrennt und Gelson Fernandes reagiert am schnellsten und trifft zum 1:0 für die Schweiz. Der Blick nennt es den "Vater aller Konter" und ein paar Minuten später trifft Derdiyok, neben Benaglio der beste Mann auf dem Feld, nur den Pfosten. Doch nach 95 Minuten ist es geschafft, der Coup gelungen, die Schweiz schlägt Spanien sensationell mit 1:0. Die Kritiker sind verstummt und die Schweiz plant schon für die Achtelfinals und von Platz Eins in der Gruppe. Dennoch nicht alle loben Hitzfeld in den Himmel, denn mit Fussball hatte dieses Mauern nur wenig am Hut, gegen die anderen Gegner Chile und Honduras wird man mit dieser Taktik nur wenig rausholen.
Fünf Tage später steht Spiel Nummer Zwei auf dem Programm: Chile heisst der Gegner und in einem Spiel arm an Höhepunkten, gibt es eine umstrittene Szene. Nach einer halben Stunde wird Valon Behrami nach einer angeblichen Tätlichkeit vom Schiedsrichter mit Rot unter die Dusche geschickt. Die Schweiz stellt wieder auf Mauern um, doch Chile gelingt es nach 75 Minuten das Bollwerk zu durchbrechen. Das Spiel endet 0:1, die Schweiz zurückgebunden, aber noch nicht draussen. Gegen den vermeintlich schwächsten Gegner Honduras reicht ein 2:0-Sieg um in die Achtelfinals vorzustossen. Eine machbare Aufgabe, doch wieder stellt Hitzfeld seine Mannschaft ungewohnt defensiv auf. Da auch Honduras darauf bedacht ist, zu null zu spielen, entwicklet sich das wohl langweiligste Spiel an der WM. 0:0 heisst es am Schluss die Schweiz ist draussen und das absolut verdient. Es ist das erste Mal, dass Hitzfeld in die Kritik gerät. Er, der vor zwei Jahren als Messias empfangen wurde, hat es in zwei Jahren nicht geschafft eine Mannschaft zu formen, die in der Lage ist ein Spiel zu gestalten und dementsprechend verunsichert und ängstlich wirkt.
Spätsommer 2010. Die WM ist abgehackt,der Fokus liegt auf die beginnende EM-Quali-Kampagne. In der EM-Quali-Gruppe mit England, Bulgarien, Wales und Montenegro ist Platz Zwei Pflicht. Zwei Freundschaftsspiel gegen Österreich und Australien (Sieg und Remis) hatte man bestritten und wiedereinmal zwei dürftige Leistungen geboten. Dazu kammen gleich im ersten Spiel die Three Lions in die Schweiz. Das Spiel verlor man mit 1:3 England war schlicht und einfach besser. Die Enttäuschung hielt sich in Grenzen, mit einer Niederlage gegen England hatte man rechnen müssen.
Einen Monat später hiess der Gegner Montenegro. Ein Sieg war Pflicht, doch die "Nati" einmal mehr orientierunglos. 0:1 eine Niederlage, die schmerzte, der EM-Zug schon fast abgefahren. Montenegro dagegen weiter im Hoch, mit dem dritten Sieg im dritten Spiel. Drei Tage später schlug man Wales dann mit 4:1 es war wieder kein gutes Spiel, doch diesmal fielen die Tore. Die Minimalchance zurück ins Rennen zu kommen wurde gewahrt.
Gestern nun das endgültige Endspiel gegen Bulgarien. Das Spiel erinnerte an die Auftritte gegen Honduras oder Montenegro, lahm, ideenlos, demotiviert. Das 0:0 gegen qualitativ schwache dafür mit Herz kämpfende Bulgaren die logische Konsequenz. Die EM 2012, das steht seit gestern Abend so gut wie fest, wird ohne die Schweiz von statten gehen. Und auf Ottmar Hitzfeld dürften schwierige Monate zukommen. Zwar hat er mit dem Blick, genauso wie im Verband viele Fürsprecher, die dafür sorgten, dass der Vertrag vor ein paar Wochen vorzeitig bis 2014 verlängert wurde, doch die restlichen Zeitungen schlagen seit gestern auf ihn ein.
Der Tenor ist (fast) überall der selbe: Die Verlängerung kam zu früh und überstürzt, Hitzfeld erreicht die Mannschaft nicht (mehr), in seiner Amtszeit hat er die Nati nicht nach vorne gebracht und die (schon nie gross vorhandene) Spielkultur wurde fast vollkommen zerstört. Ein Neuanfang, da sind sich alle einig muss her. Und zwar mit oder ohne Hitzfeld. Die restliche EM-Kampagne sollte dafür genutzt werden junge Spieler im Hinblick für die WM 2014 einzubauen und auch als Probezeit für Hitzfeld dienen. Den Eins ist klar, gibt es keine klare Leistungssteigerung in den nächsten Spielen, ist Ottmar Hitzfeld als Nationaltrainer nicht mehr tragbar, sei er noch so gut befreundet mit dem Blick-CEO, ein idealer Werbeträger für den grössten Sponsor des Verbands oder habe er noch so viele Titel als Klubtrainer gewonnen. Was zählt sind die Resultate und stimmen diese nicht, so muss gehandelt werden - auch bei einem Ottmar Hitzfeld.
Um Punkt 9.01 landet die Swiss-Maschine LX 288 aus Zürich kommend am 10. Juni in Johannesburg. Das WM-Abenteuer beginnt. Mit an Bord auch Alex Frei, der Kapitän fiel fast die gesamte Rückrunde mit einem Armbruch aus und auch im letzten Training auf Schweizer Boden wälzte er sich nach einem Foul minutenlang auf dem Rasen. Für das erste Spiel gegen Spanien wird es wohl nicht reichen. Eren Derdiyok wird für ihn spielen. Die "Nati" reisst mit gemischten Gefühlen an den Kap. In den drei Spielen 2010 konnte man kein einziges gewinnen. Beim 1:1 gegen Weltmeister Italien spielte man gut, gegen Costa Rica und Uruguay verlor man kläglich vor heimischer Kulisse. Der Nationalmannschaft gibt man in der Heimat nur wenig Kredit. Schon gar nicht gegen Spanien. In Spiel Eins soll eine Kanterniederlage verhindert werden. Ottmar Hitzfeld, das weiss zu dem Zeitpunkt noch niemand, wird dabei auf eine Mauertaktik setzten, die ältere Semester an den legendären "Schweizer Riegel", eingeführt vom legendären Karl Rappan, erinnern wird.
Durban, 16. Juni 2010. Es geht los! Als letzte Mannschaft steigt die Schweiz in die WM ein. Erster Gegner, ausgerechnet Top-Favorit Spanien. Spielerisch hat die "Nati" keine Chance, das weiss Hitzfeld und stellt seine Mannschaft ultra-defensiv ein. Mit Erfolg. Zur Halbzeit steht es 0:0, Spanien ist klar die bessere Mannschaft, doch die ganz grossen Chancen sind ausgeblieben. Dann die 52. Minute: Benaglio mit einem weiten Abstoss, der Ball landet bei Derdiyok, der wird im Strafstoss umgerissen und vom Ball getrennt und Gelson Fernandes reagiert am schnellsten und trifft zum 1:0 für die Schweiz. Der Blick nennt es den "Vater aller Konter" und ein paar Minuten später trifft Derdiyok, neben Benaglio der beste Mann auf dem Feld, nur den Pfosten. Doch nach 95 Minuten ist es geschafft, der Coup gelungen, die Schweiz schlägt Spanien sensationell mit 1:0. Die Kritiker sind verstummt und die Schweiz plant schon für die Achtelfinals und von Platz Eins in der Gruppe. Dennoch nicht alle loben Hitzfeld in den Himmel, denn mit Fussball hatte dieses Mauern nur wenig am Hut, gegen die anderen Gegner Chile und Honduras wird man mit dieser Taktik nur wenig rausholen.
Fünf Tage später steht Spiel Nummer Zwei auf dem Programm: Chile heisst der Gegner und in einem Spiel arm an Höhepunkten, gibt es eine umstrittene Szene. Nach einer halben Stunde wird Valon Behrami nach einer angeblichen Tätlichkeit vom Schiedsrichter mit Rot unter die Dusche geschickt. Die Schweiz stellt wieder auf Mauern um, doch Chile gelingt es nach 75 Minuten das Bollwerk zu durchbrechen. Das Spiel endet 0:1, die Schweiz zurückgebunden, aber noch nicht draussen. Gegen den vermeintlich schwächsten Gegner Honduras reicht ein 2:0-Sieg um in die Achtelfinals vorzustossen. Eine machbare Aufgabe, doch wieder stellt Hitzfeld seine Mannschaft ungewohnt defensiv auf. Da auch Honduras darauf bedacht ist, zu null zu spielen, entwicklet sich das wohl langweiligste Spiel an der WM. 0:0 heisst es am Schluss die Schweiz ist draussen und das absolut verdient. Es ist das erste Mal, dass Hitzfeld in die Kritik gerät. Er, der vor zwei Jahren als Messias empfangen wurde, hat es in zwei Jahren nicht geschafft eine Mannschaft zu formen, die in der Lage ist ein Spiel zu gestalten und dementsprechend verunsichert und ängstlich wirkt.
Spätsommer 2010. Die WM ist abgehackt,der Fokus liegt auf die beginnende EM-Quali-Kampagne. In der EM-Quali-Gruppe mit England, Bulgarien, Wales und Montenegro ist Platz Zwei Pflicht. Zwei Freundschaftsspiel gegen Österreich und Australien (Sieg und Remis) hatte man bestritten und wiedereinmal zwei dürftige Leistungen geboten. Dazu kammen gleich im ersten Spiel die Three Lions in die Schweiz. Das Spiel verlor man mit 1:3 England war schlicht und einfach besser. Die Enttäuschung hielt sich in Grenzen, mit einer Niederlage gegen England hatte man rechnen müssen.
Einen Monat später hiess der Gegner Montenegro. Ein Sieg war Pflicht, doch die "Nati" einmal mehr orientierunglos. 0:1 eine Niederlage, die schmerzte, der EM-Zug schon fast abgefahren. Montenegro dagegen weiter im Hoch, mit dem dritten Sieg im dritten Spiel. Drei Tage später schlug man Wales dann mit 4:1 es war wieder kein gutes Spiel, doch diesmal fielen die Tore. Die Minimalchance zurück ins Rennen zu kommen wurde gewahrt.
Gestern nun das endgültige Endspiel gegen Bulgarien. Das Spiel erinnerte an die Auftritte gegen Honduras oder Montenegro, lahm, ideenlos, demotiviert. Das 0:0 gegen qualitativ schwache dafür mit Herz kämpfende Bulgaren die logische Konsequenz. Die EM 2012, das steht seit gestern Abend so gut wie fest, wird ohne die Schweiz von statten gehen. Und auf Ottmar Hitzfeld dürften schwierige Monate zukommen. Zwar hat er mit dem Blick, genauso wie im Verband viele Fürsprecher, die dafür sorgten, dass der Vertrag vor ein paar Wochen vorzeitig bis 2014 verlängert wurde, doch die restlichen Zeitungen schlagen seit gestern auf ihn ein.
Der Tenor ist (fast) überall der selbe: Die Verlängerung kam zu früh und überstürzt, Hitzfeld erreicht die Mannschaft nicht (mehr), in seiner Amtszeit hat er die Nati nicht nach vorne gebracht und die (schon nie gross vorhandene) Spielkultur wurde fast vollkommen zerstört. Ein Neuanfang, da sind sich alle einig muss her. Und zwar mit oder ohne Hitzfeld. Die restliche EM-Kampagne sollte dafür genutzt werden junge Spieler im Hinblick für die WM 2014 einzubauen und auch als Probezeit für Hitzfeld dienen. Den Eins ist klar, gibt es keine klare Leistungssteigerung in den nächsten Spielen, ist Ottmar Hitzfeld als Nationaltrainer nicht mehr tragbar, sei er noch so gut befreundet mit dem Blick-CEO, ein idealer Werbeträger für den grössten Sponsor des Verbands oder habe er noch so viele Titel als Klubtrainer gewonnen. Was zählt sind die Resultate und stimmen diese nicht, so muss gehandelt werden - auch bei einem Ottmar Hitzfeld.
Aufrufe: 2981 | Kommentare: 13 | Bewertungen: 10 | Erstellt:27.03.2011
ø 5.9
KOMMENTARE
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28.03.2011 | 20:32 Uhr
-1
1Freund :
Klar darf man EM- und WM-Teilnahmen nicht als Selbstverständlichkeit betrachten und dementsprechend immer fordern, aber, wenn man ganz nüchtern das eigentliche Potenzial der Mannschaft analysiert, so muss Platz zwei in der Gruppe Pflicht sein. Hitzfeld darf und muss man hinterfragen. In seiner nun knapp zweieinhalbjähriger Amtszeit, hat die Nati kein einziges überzeugendes Spiel gezeigt, der Sieg gegen Spanien war eine Mauertaktik, die, wie im Blog erwähnt, die Bezeichnung Fussball fast nicht mehr verdiente.
Über den Basler Block darf man diskutieren, aber man darf nicht vergessen, dass Stürmer ohne brauchbare Bälle halt auch nichts ausrichten können und da muss man halt die Zentrale um Inler in Frage stellen.
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29.03.2011 | 20:16 Uhr
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Ich erinnere mich an Hodgson in dem Zusammenhang. Das war ein guter Trainer, der aus der damaligen Mannschaft viel herausgeholt hat und dennoch dafür kritisiert wurde. Weil man sich mehr von ihm versprochen hatte. Ich denke, man hätte seinerzeit mit Hodgson womöglich sehr viel erreichen können, wenn man ihm mehr Raum und vor allem auch mehr Zeit gegeben hätte.
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Grundsätzlich ist für die Nati jedes Spiel ein Grundsatzspiel, bei dem man sich reinhängen muss, egal, wie der Gegner heisst. Das Beispiel Luxemburg zeigt, dass man's nicht leicht nehmen kann gegen einen solchen Gegner anzutreten. Natürlich kann immer irgendwas schiefgehen, allen Anstrengungen zum Trotz - aber anstrengen muss man sich.
Eine EM-Teilnahme und eine WM-Teilnahme sind per se bereits ein Erfolg, und keine Selbstverständichkeit. Man hat in letzter Zeit allerdings dazu geneigt, diese Selbstverständlichkeit anzunehmen und bekommt dafür jetzt gerade die Quittung. Es bleibt die Hoffnung, dass es etwa nutzt, doch ich bezweifle es.