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05.01.2012 um 20:25 Uhr
Ein Problem des Jugendfußballs
Nachdem ich mich in meinem letztem Blog (Teil1, Teil2) zum Jugendfußball mit der Struktur des Jugendfußballs im Amateurbereich befasst habe, möchte ich mich nun mit der Rolle der Eltern in diesem Bereich befassen.

Vorteile
Ich denke die Vorteile der Eltern im Jugendbereich sind klar. Ohne sie wäre es nicht möglich Auswärtsspiele bei Vereinen zu bestreiten, die nicht in der gleichen Stadt liegen und nicht mit dem Fahrrad erreicht werden können. Außerdem erleichtern sie dem Trainer viele Sachen. Beispielsweise unterstützen sie beim Aufbau des Spielfeldes am Spieltag, sprich bei den jüngeren Altersklassen Tore tragen, Hütchen aufbauen etc.
Auch beim Ausfüllen des Spielberichtes, als Aufpassperson bei einer Mannschaftsfahrt oder beim Organisieren von Weihnachtsfeiern etc sind sie eine große Hilfe.


Doch obwohl ich der Meinung bin, dass ohne die Unterstützung der Eltern der Jugendfußball in der heutigen Form nicht möglich wäre, so bin ich dennoch der Meinung, dass es mindestens einen großen Nachteil gibt, den ich hier aufzeigen möchte.

Nachteil
Der von mir gemeinte Nachteil ist das Verhalten der Eltern (meistens Väter) während des Spiels. Der kleine Max Mustermann (zwischen 6 und 14 Jahre alt) kann häufig spielen wie er will, Papa ist nie zufrieden.
Ist die Mannschaft am Verlieren, dann liegt es häufig einzig und alleine an der Leistung des einzigen Sohnes. Obwohl viele Väter ansonsten über eine gewisse Ahnung vom Fußball verfügen, wird die Leistung des eigenen Nachwuchses nicht objektiv, sondern subjektiv gesehen. Und zwar nicht so wie der Papa-Trainer seinen Sohn oft als den besten Spieler der Truppe sieht, sondern so, dass er nie gut genug spielen kann.
Häufig ist Papa selbst mit der Leistung des Sohnemannes unzufrieden, wenn die Mannschaft gewinnt und der eigene Sohn überragend spielt. Dann werden schlicht zwei, drei schwächere Szenen (Fehlpass, taktisches Fehlverhalten, vergebene Chance usw.) zur Reflektion des ganzen Spieles herangezogen. Und nicht nur zur Reflektion, nein, sie führen auch zu "Brüllanfällen" an der Seitenlinie...In diese wenigen schwächeren Szenen wird sich dann so reingesteigert, dass Max Mustermann nach dem Spiel wirklich der Überzeugung ist, dass er schwach gespielt hat.

Folge
Zwar kann der Trainer Max nach dem Spiel dann erzählen, wie er wirklich gespielt hat, doch nach ca. 3 Spielen ist dann ein Punkt erreicht, wo Max seine Leistung nicht mehr realistisch einschätzen kann, da der Trainer anders als der Vater über diese denkt.
Nach wenigen weiteren Spielen kommt dann irgendwann der Punkt, an dem Max glaubt, dass Papa die Leistung richtig einschätzt, da dieser es ihm nicht nur Samstags und beim Training eintrichtern kann, sondern ihm das jeden Tag vorhält. Um sich davon nicht beeinflussen zu lassen, sind Kinder natürlich vom Kopf her noch lange nicht weit genug.
Diese Beeinflussung führt dann dazu, dass Max sich vor den nächsten Spielen sehr unter Druck setzt und unbedingt Papa beeinflussen möchte. In der Regel geht dies daneben, da der große Druck häufig zur Leistungsminderung führt. Dieses führt dann zu einer Abwärtsspirale, aus der es schwierig ist herauszukommen.

Nicht häufig verliert der Amateurfußball deshalb vielversprechende Talente, die dann irgendwann mit dem Fußballspielen aufhören, obwohl sie den Fußball eigentlich lieben. Es kommt aber dann zu einem Punkt, wo die Kinder sich zwischen dem Fußball und dem psychischen Befinden entscheiden müssen. Es ist ja wirklich so, dass Papa und Max nicht nur nach dem Spiel/Training über die anscheinend schlechte Leistung reden, sondern es wird jeden Tag darauf eingegangen. Die Diskussionen greifen irgendwann auf den Alltag zurück und die Kinder fühlen einen großen Druck, der diese sehr belastet.

Ab einem gewissen Alter sehen sie dann, wie sie diese Situation lösen können. Diese wäre dann das Beenden der Fußballlaufbahn.

Meine Sicht der Dinge
Ich persönlich finde es immer sehr erschreckend, wenn Eltern so mit ihren Kindern umgehen. Es ist wirklich so, dass dies ausgerechnet bei den talentiertesten Kindern der Fall ist. Dies soll natürlich nicht heißen, dass die weniger talentierten Kinder weniger wert sind!
Erschreckend ist, dass mit diesen Elternteilen über die Problematik gesprochen werden kann und diese auch ihr Fehlverhalten zugeben und versuchen sich zu bessern. Dies ist jedoch in einem Großteil der Fälle nicht der Fall.
Das die Kinder und deren Leistung unter diesem Druck leiden ist alleine schon daran zu erkennen, dass Max bei den Spielen, bei denen Papa nicht da ist besser spielt, als bei denen, bei denen er da ist.
Ich hoffe, dass mit der Zeit die Eltern einsehen, dass sie ihrem Kind mehr schaden als nutzen, wenn sie ihn dauernd kritisieren. Letztendlich möchten doch alle, dass das Kind die bestmögliche Leistung bringt und vor allem Spaß am Spielen hat!

Wenn Max seine Laufbahn beendet, ist doch niemandem geholfen.
Der Trainer ist unglücklich, da er einen Spieler verliert. Dabei spielt das Leistungsvermögen keine Rolle, da ein guter Trainer über jeden Spieler seiner Mannschaft froh ist, zumindest keinen Spieler verlieren möchte.
Der Vater ist unglücklich, da er ja anscheinend großes Interesse daran hat, dass sein Sohn Fußball spielt. Dieses Erlebnis würde er ja sonst auch verlieren.
Der Spieler (und er ist in diesem Fall der Wichtigste) ist unglücklich, da er vor die Wahl zwischen dem guten Verhältnis zum Vater und seinem großen Hobby dem Fußball gestellt wird.

So ich hoffe, dass der hier Anklang findet.

Aufrufe: 3836 | Kommentare: 7 | Bewertungen: 4 | Erstellt:05.01.2012
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KOMMENTARE
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TuB1904
05.01.2012 | 20:26 Uhr
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TuB1904 : 
05.01.2012 | 20:26 Uhr
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TuB1904 : 
Über Kommentare und Bewertungen freue ich mich
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DieZecke
05.01.2012 | 23:13 Uhr
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DieZecke : 
05.01.2012 | 23:13 Uhr
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DieZecke : 
Endlich mal wieder ein lesenswerter Blog und nicht eine (sinnentleerte) Liste der größten Fußballer oder die Vorstellung von Quasi-Talenten oder Geheimtipps, die aber in Wirklichkeit jeder kennt.

Leider kann man diese Eltern in fast jedem Kreisklassenspiel beobachten. Einziger Freiraum sind nach meiner Beobachtung Schulturniere oder Spiele der Schulmannschaft, weil die Pöbel-Eltern dort wohl von der großen Anzahl an Lehrern abgeschreckt werden.
Väter wie der von deinem Max M. nerven nebenbei ja nicht nur ihr Kind, sondern auch die große Masse der anderen (halbwegs vernünftigen) Eltern, Trainer und Schiedsrichter. Sehr gelungen das ganze!
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TuB1904
05.01.2012 | 23:46 Uhr
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TuB1904 : 
05.01.2012 | 23:46 Uhr
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TuB1904 : 
@dieZecke: Danke. Stimme die da voll und ganz zu, es nervt auch die anderen. Dabei würde ich mit jedoch auch mal wünschen, dass diese sich untereinander mal ein wenig "erziehen", sprich die schwarzen Schaafe auch noch einmal ansprechen. Auch wenn es wohl in 9 von 10 Fällen nichts hilft, in dem einen Fall der hilft ist es eine große Sache.

Wenn noch mehrere das Thema interessieren würde, könnte ich noch etwas über die sogenannte Fair-Play-Liga schreiben, die bei uns zumindest was die kleinsten angeht Abhilfe schaffen soll.
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TuB1904
06.01.2012 | 00:20 Uhr
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TuB1904 : 
06.01.2012 | 00:20 Uhr
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TuB1904 : 
@poohdini: Da hast du recht, es gibt zweifelsohne auch jede Menge Eltern die davon ausgehen, dass ihr Kind am besten ist. Diese wissen entweder alles besser als der Trainer oder werden sogar selber Trainer, um dafür sorgen zu können, dass ihr Kind auch am häufigsten spielt. Wenn die Mannschaft gewinnt, lag es nur am eigenen Kind, sollte sie. Erliegen, dann natürlich nur an allen anderen.

Aber ich denke, dass jeder genügend dieser Leute kennt und wollte mich nur mit der anderen Seite von "Problemeltern" befassen. Wer selber nicht wirklich was mit dem Jugendfußball zu tun hat, wird sich sicherlich denken, dass es Eltern gibt, die du beschreibst. Doch, ob jeder der nicht wirklich was damit zu tun hat sich auch die andere Seite so vorstellt, weiß ich nicht.

Mit dem was du sagst, hast du aber natürlich absolut recht.
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Meike32
10.01.2012 | 22:43 Uhr
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Meike32 : 
10.01.2012 | 22:43 Uhr
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Meike32 : 
Schöner Blog!

Letztlich ist das ein zentrales Thema, das hoffentlich immer mehr Bedeutung bekommen wird. Denn es ist nicht nur ein Thema im Fußballbereich, sondern trifft auf fast alle Sportarten zu.
Ich kenne es z.B. aus dem Reitstall. Ich habe jahrelang Unterricht gegeben und bin so mit beiden Fällen der "Problemeltern" in Kontakt gekommen.

Und leider wird es ja immer auf dem Rücken der Kinder ausgetragen. Auf die Kinder, bei denen die Eltern immer alles besser wissen und ständig diskutieren wollen, hat man irgendwann als Trainer einfach keine Lust mehr.
Und die Kinder, bei denen die Eltern nur die Fehler sehen, stehen irgendwann so unter Druck, dass sie überfordert sind und keine Leistung mehr bringen können.

Im Stall haben wir damals mehrere Informationsveranstaltungen für die Eltern gemacht, bei der einmal auch eine Kinderpsychologin gesprochen und den Eltern erklärt hat, was sie eigentlich mit ihrem Verhalten bewirken.

Das hat, bis auf ein paar beratungsresistente Ausnahmen, sehr gut funktioniert und solche Veranstaltungen wünsche ich mir gerade im Jugendbereich unabhängig von den Sportarten häufiger.
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taneu
11.01.2012 | 10:51 Uhr
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taneu : 
11.01.2012 | 10:51 Uhr
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taneu : 
In der Bewertung der angesprochenen Dinge gebe ich dir Recht. Allerdings empfinde ich die Anzahl der "lauten Eltern" tendenziell sinkend. Das liegt hoffentlich daran, dass auch die Trainer hier Einfluss nehmen. Bei uns sprechen die Trainer mit den Eltern und sagen: "Klappe halter, wenn es um fußballerische Dinge geht, sonst Platzverweis" Wenn also der Papa denkt sein Sohn wäre als Stürmer besser obwohl er als Verteidiger eingesetzt wird und ihn ständig auffordert mit nach vorne zu gehen wird er höflich gebeten sich zu entfernen.

Noch schlimmer finde ich Eltern, die Gegenspieler und Schiedsrichter beschimpfen. Dieses Verhalten empfinde ich als tendenziell ansteigend. Leider.
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VerrückteKiste
12.01.2012 | 23:15 Uhr
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12.01.2012 | 23:15 Uhr
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Seh ich wie taneu.. die Pöbel-Eltern sind das Schlimmste!
Ist alles schön, richtig und gut, dass sie jedes mal mit dabei sind, die Kinder fahren, Sachen waschen und das kleine Team lautstark unterstützen.
Aber den Schiedsrichter, die gegnerischen Trainer, Eltern, und Betreuer vollzumotzen ist das "Vorletzte". Das Allerletzte sind nämlich jene Eltern, die auch vor den 7-8 jährigen gegnerischen Kids nicht halt machen. Unfassbar!

Das im Blog beschriebene übertriebene Kritisieren der eigenen Kinder habe ich selbst noch nicht erlebt, kann daher dazu auch nix groß sagen. Außer vielleicht, dass es ziemlich erschreckend ist solch (über)fordernde Eltern zu haben.
Die sollen sich lieber wie Roland Kroos mit seinen Kindern zu Extraschichten aufm Sportplatz einfinden, natürlich nur solange die Kids Spaß dran haben. Eine zusätzliche Förderung würden die Kids sicher willkommen heißen, wenn sie den Traum verfolgen wollen Profi-Fußballer zu werden.
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