Schauen Sie auch immer genau hin? Oder kann es auch mal vorkommen, dass ihnen ein Fehler unterläuft? Na also, keiner kann sich von dem Vorwurf freisprechen, nicht auch Fehler zu begehen, die auf Nicht-Genaues-Hinsehen beruhen. Aber auch so schwerwiegende, auch im Berufsleben? Es kommt wohl selten vor, dass ein Polizist vor einer Bank steht, einen maskierten Mann mit einem Beutel voller Geld rauslaufen sieht, der dann auch noch paar Scheine verliert und der Polizist nun doch nicht eingreift. "Ich hatte eine schlechte Position. Aus meinem Blickwinkel war das nicht zu erkennen." Es soll zwar schon vorgekommen sein, dass so mancher Chirurg das rechte Bein operierte, obwohl das Kreuz links war. Aber auch das kommt höchst selten vor. Oder haben sie bei IKEA schon mal das falsche Kind mitgenommen und ihrer Frau dann gesagt. "Das ging alles so schnell. Außerdem hatte ich keine Zeitlupe." Ein zweiwöchiger nächtlicher Aufenthalt auf dem Wohnzimmer-Sofa wäre wohl die mindeste Strafe.

Wenn Sie jenes oder dieses aber schon mal gemacht haben, haben Sie einen Rafati gebaut. Steht noch nicht im Duden, aber der gute Babak Rafati, seines Zeichens Schiedsrichter, arbeitet daran. Fast wöchentlich und mit einer unglaublichen Hartnäckigkeit ausgestattet. Das Komische ist nur, dass die Öffentlichkeit das alles mitbekommt, es aber kaum Konsequenzen für ihn gibt. Vielleicht fällt es nicht so auf, weil andere anscheinend das gleiche Ziel verfolgen. Do the Kircher ist ebenso auf dem Vormarsch, oder einen Meyer machen.

Dieses Wochenende war es sehr grausam. Fangen wir mit dem Derby vom Freitag an. Ein gewisser Herr Stark aus Ergolding brachte das S04-BVB-Kampfspiel halbwegs gut über die Bühne. Aber Herrn Boateng nicht mit der Roten Karte zu belegen, da gehört schon sehr viel Phantasie zu. Welches Foul muss erst passieren, damit Herr Stark es als grob qualifiziert? Wer mit beiden Beinen gestreckt auf den Körper des Gegners springt, muss runter. Da spielt die Anzahl der Tattoos eine sehr untergeordnete Rolle. Das müsste auch Herr Klopp begreifen, der sich mal bei Premiere für seine Patzigkeit entschuldigen sollte.

Nächstes Kapitel: Herr Kircher hätte sich wohl vor ein, zwei Jahren gedacht: "Was habe ich verbrochen, Wolfsburg gegen Hertha leiten zu müssen." Konnt ja keiner ahnen, dass es mal ein Spitzenspiel am 21. Spieltag sein würde und die Medien mal etwas genauer hinschauen würden. Mag man noch über das nicht gegebene Hertha-Tor zum 0:1 in der ersten Halbzeit ein wenig lächeln und zurückdenken, dass der gleiche Kircher Ende Januar den vom Angreifer verursachten Körperkontakt sofort als Foul deklarierte (Toni an Reinhardt). Aber der gleiche Kircher schaffte es, den nicht gerade schmächtigen Dzeko vom Vorwurf des Aufstützens freizusprechen, als der einfach auf den Rücken von Simunic stieg. Und als das noch nicht reichte, drückte er ihn auch noch runter - das 2:1 war geboren. D. Hoeneß dachte schon an die bevorstehende Nachtruhe des Herrn K. und war sich sicher, dass die nicht stattfinden würde.

Wenn es danach ging, muss Herr Wagner schon oft von Samstag auf Sonntag wachgelegen haben. Er war nun wahrlich schon genug damit bestraft, nach Bielefeld zu müssen. Der Gegner hieß Bochum und keiner von uns wird es jemals erleben, dass dieses Spiel am 21. Spieltag ein Spitzenspiel sein wird. Aber auch bei so einem Spiel kriegt es Wagner hin, Akzente zu setzen. Die Klimowicz-Ampelkarte war okay. Dass er den ersten VfL-Elfer nach elf Minuten nicht sieht, passiert auch mal dem zweitschlechtesten Schiri. Eilhoffs Attacke an Epallé nicht zu ahnden, Respekt! Das kommt dem Ikea-Vergehen schon sehr nahe. Das Schöne ist, dass sich Wagner an schlaflose Nächte gewöhnt haben sollte.
Am Sonntag zeigte auch mal wieder Herr Meyer eindrucksvoll, welche Fähigkeiten er hat und welche nicht. Zu seiner besseren Eigenschaft gehört zweifelsfrei, mit den Spielern zu reden und einen vernünftigen Umgang zu pflegen. Auch verdiente sich Meyer ein Lob in der 90. Minute, als er den wiederholten Hinfaller von Jarolim nicht belohnte, sondern auf Freistoß für Bayer entschied. Doch was Meyer nicht kann, ist eindeutig das Erkennen von Fouls in wichtigen Szenen. Der Benjamin fand den Henrique anscheinend so nett, dass er ihn gar nicht gehen lassen wollte. Er zog, zerrte, klammerte und als Henrique immer noch weg wollte, zog er ihn ganz zu Boden. Das Ganze muss vor den Augen Meyers passiert sein, weil der Ball in diesen Bereich kam. Mehr Elfmeter wegen Ziehens geht eigentlich nicht. Aber Meyer schien dafür den Benjamin umso mehr zu mögen. Denn der durfte von dem 2:1 gleich doppelt foulen, ohne dass es geahndet wurde.

Die Krone gebührt an diesem Spieltag nichtsdestotrotz dem lieben netten Herrn Rafati. Er schaffte es, an einem Tag Polizist und Chirurg zu sein, und danach zu Ikea zu fahren. Die vielen Fehlentscheidungen im Beurteilen von Zweikämpfen außerhalb des Strafraums wollen wir mal unter dem Teppich gekehrt sehen (Klose oder Vucicevic). Versprochen! Vor dem eigentlichen 1:0 durch Klose lag er ja schon bedeutend daneben. Klose geht in den Strafraum, wird kurz gehalten, er fällt und kann nicht mehr an den Pass kommen. Schwer zu sehen, möge man sagen, wenn Rafati nicht genau zwei Meter dahintergestanden hätte und dazu mit freier Sicht ausgestattet. Dass mit der Sicht mag man vielleicht bei dem anderen Elfmeter an Donovan gelten lassen. Aber gute zehn Meter vom Tatort entfernt, befand sich der Assistent, mit freier Sicht ausgestattet. Nee, lieber nicht winken, ist ja nicht meine Aufgabe, war ja nicht Abseits. Der Höhepunkt der Blindheit ereignete sich in der 14. Minute. Flanke Oddo, McKenna verlängert unglücklich und Klose vollendet. Kein Kölner protestiert, warum auch, der Ball war ja deutlich hinter der Linie. Aber da hatte jemand eine Idee. Der Assi hob die Fahne. Möchte er auch mal ins Fernsehen? So oft es nur geht am Samstag und auch sonntags. Das kann man den Enkeln ja noch erzählen. Zumindest deutete er seinem Chef an, dass die Verlängerung von einem Bayern-Spieler gekommen war. Wenn er schon so genau hingeschaut hatte, hätte ihm auffallen müssen, dass es Podolski gewesen wäre. Und der gewinnt kein Kopfduell. Nicht in Köln, gegen Köln, für Bayern, für Deutschland, macht er einfach nicht. Zumal er zwei Meter von McKenna entfernt war. Spätestens hier hätte Rafati sagen müssen, das spreche ich nochmals ab, da der Poldi ja gar nicht am Ball war. Habe ich doch gesehen. Äh, hat er wohl nicht, das Polizisten-Prinzip eben. Dieses Vergehen sollte eigentlich eine schlaflose Woche bedeuten.

Es ist müßig zu diskutieren, ob S04 in Überzahl gewonnen, Bochum eine 2:0-Führung aus der Hand gegeben, Leverkusen trotz einer 2:1-Führung verloren und Bayern die Kölner mit drei Toren bezwungen hätte. Höchstwahrscheinlich wäre wirklich alles anders verlaufen. Man kann nur hoffen, dass so mancher Schiedsrichter mal wieder die dunkleren Seiten des Fußballs kennenlernt. Der VfR Aalen empfängt z. B. nächstes Wochenende Kickers Emden.