Nachdem am gestrigen Morgen bekannt wurde, dass die designierte Nummer 1 der deutschen Nationalmannschaft ob seiner Rippenverletzung für die diesjährige Weltmeisterschaft ausfallen wird, hat Joachim Löw eine nicht ganz unwichtige Entscheidung getroffen: Hans-Jörg Butt wird Deutschland in Südafrika als Nummer 3 der Torhüter-Hierarchie vertreten.
An dieser Stelle möchte ich kurz darstellen, ob Löws Gedankengang für mich gut nachvollziehbar ist. Ich werde hier die Kandidaten beschreiben, die zur Debatte standen und mein eigenes Fazit zur Wahl Löws ziehen.

1) Hans-Jörg Butt:



Hans-Jörg Butt vertrat Deutschland bereits 2002 in Japan und Südkorea als dritter Torhüter. Nachhaltig in Erinnerung blieb dies nicht, womit wir meiner Meinung nach unmittelbar bei einem der wichtigsten Kriterien für eine Nummer 3 bei einem großen Turnier wären:
Sie muss da sein, wenn sie gebraucht wird. Sie darf nicht auffallen, wenn andere an ihrer Stelle spielen. Sie muss mit ihrer Rolle, zumindest während des Turniers, zufrieden sein. All diese Punkte hat Butt 2002 prächtig erfüllt. Des Weiteren spielt er eine für meine Begriffe starke Saison, was auch der Kicker-Bundeliga-Notenschnitt von 2,88 beweist, mit dem er auf dem 2. Rang der Bundesliga liegt.

2) Frank Rost:



Ebenfalls mit einem Notenschnitt von 2,88 ausgestattet galt auch Frank Rost als Kandidat für die deutsche Nummer 3. Frank Rost ist unbestritten ein sehr guter Bundesligatorwart, doch er ist ebenfalls ein Typ, der gerne Zähne zeigt. Diese Zähne sollten bei einer Weltmeisterschaft für den dritten Torwart allerdings eher ein herausnehmbares Gebiss sein, denn Unruhe braucht die Nationalmannschaft während des Turniers sicher nicht. Mit seinen vier Länderspielen hat er eine Partie mehr als Butt gespielt, war allerdings noch nie bei einem großen Turnier dabei, was neben dem gerade genannten Argument ein weiterer Punkt für Butt wäre.

3) Jens Lehmann:



Auch der Methusalem der deutschen Bundesliga weist einen Notenschnitt von 2,88 auf. Seine in dieser Saison bereits mehrfach bewiesene Arroganz (Balljungen-Debatte, Schuhwurf) kulminiert nun in seiner Aussage nur als Nummer 1 mit nach Südafrika fahren zu wollen. Hier bestätigt er einmal mehr, dass ein Oliver Kahn ihm um Längen voraus war. Oliver Kahn, der mir vor der WM 2006 nie sonderlich sympathisch war, den ich allerdings trotzdem für den besseren Torwart hielt, setzte sich bei besagter Weltmeisterschaft zwar ungern, aber letztlich ohne großes Murren, auf die Bank der deutschen Nationalmannschaft. Dieses Maß an Loyalität für sein Land hätte auch Jens Lehmann zeigen können, jedoch scheint es ihm zu wider sich als König Lehmann als Reservespieler betiteln lassen zu müssen. Er sieht leider nur den persönlichen Nutzen aus der Verletzung René Adlers – schwach Herr Lehmann.

4) Roman Weidenfeller:



In der Vergangenheit eher als Roman Weidenfehler bekannt, zeigte er in dieser Saison doch beachtliche Leistungen. Die Tatsache, dass er trotz schwacher Leistungen in den vorherigen Saisons immer einen Platz in der Nationalmannschaft anvisierte und auch öffentlich darauf aufmerksam machte, zeigt für mich ein unvorteilhaftes Charakteristikum: Selbstüberschätzung. Zudem halte ich Weidenfeller für einen ähnlichen Typ wie Frank Rost, weshalb er meiner Meinung nach nicht gerade für den Job als Nummer 3 prädestiniert wäre. Er könnte Pfeile von hinten werfen, die eine wie oben besagte unnötige Unruhe hervorrufen würde, mit der wir uns nur selbst schaden würden.

Fazit:
Mit der Entscheidung pro Butt hat Löw für mich endlich mal eine nachvollziehbare und vernünftige Wahl getroffen, die uns für Südafrika auf der Torwartposition sehr gut aufstellt. Wenn wir ehrlich sind, könnte nahezu jeder deutsche Bundesligastammtorhüter (z.B. Müller) für Deutschland spielen und wir wären noch immer bestens besetzt. Aus diesem Grund war für mich nicht die Klasse der jeweiligen Kandidaten entscheidend, sondern die Charaktereigenschaft sich ohne zu Murren auf die Bank zu setzen. Hier hat Hans-Jörg Butt für mich klar die Nase vorn.