Weihnachten steht vor der Tür. Nur noch wenige Tage verbleiben für unsere drei WG-Bewohner, die richtigen Geschenke für ihre Lieben zuhause auszusuchen und zu planen, wie sie denn ihre Feiertage verbringen wollen. Dieser Umstand sorgt für ziemliche Panik bei den wandelnden Testosteronkraftwerken Peter und José, während Jürgen vom Sofa aus entspannt die wichtigste Strategiesitzung des gesamten Jahres beobachtet.
„Peter, I don’t know what to do! Das ist kein Champions-League-Spiel! Die Zuneigung meiner Frau kann ich nicht einfach mit einem Blumenstrauß schmutzig ermauern. Was soll ich tun? Was?"
„José, wie ich damals beim VfL Bochum schon gesagt habe: Manchmal verliert man, und manchmal verliert Mann! Seit über 20 Jahren meckert meine Frau über meine Weihnachtsgeschenke", meint Peter mit einem frustrierten Achselzucken. „Keine Ahnung, warum die immer so rumzickt!"
„Was hast‘ ihr denn g’schenkt, Peter?" fragt Jürgen vom Sofa aus.
„Zum Beispiel eine Fahrt auf einer Harley Davidson. Mit mir!"
„Des überrascht mich jetzt abber total, dass sie des net gut fand", meint Jürgen süffisant.
„Außerdem eine Karte zum UEFA-Cup-Spiel des VfL Bochum. Stehplatz. Fankurve!"
„Ha, un‘ des fand se ned gut?" Jürgens Grinsen droht nun, seinen Kopf zu spalten.
„Und letztes Jahr einen Road-Trip mit einer Harley Davidson – mit mir – zum Testspiel Schweiz gegen Deutschland. An unserem Hochzeitstag! Ganz romantisch!"
„Des versteh‘ i nu echt ned, dass ihr des net gefalle hat. Un was hasch du g’schenkt, José?"
„Dasselbe wie jedes Jahr: Eine Nacht exklusiv mit dem Special One! Champagner bis zum Abwinken, und ich hab‘ mir sogar eine rote Schleife um den Even More Special Special One gebunden."
Jürgen sieht sich gezwungen, seine geballte Fachkompetenz anzuwenden. Da er seinen Mitbewohnern in Sachen Fußball nicht das Wasser reichen kann, freut er sich umso mehr, ihnen wertvolle Beziehungstipps geben zu können.
„Jungs, ihr müsst‘ au mal dran denke, was die Fraue wirklich wolle!" erklärt er. „Euer Geschenke müssen se so richtig durch die Wand klatsche! Also, was wollet Fraue?"
„Biker!" ist sich Peter sicher.
„Champions!", meint José.
„NOI!" schreit Jürgen. „Fraue wolle, dass ihr auf ihre Wünsche eingeht!"
„Eben! Biker, die Champions sind!", schlussfolgert José messerscharf!
„NOI! Ebe ned! I geb‘ euch mal en Beispiel: Letztes Jahr hab‘ ich der Debbie e Reise ins Phantasialand g’schenkt."
„And warum, Jürgen?"
„Weil sie g’sagt hat, sie will au‘ mal sehe wie des isch, wenn ma die amerikanisch‘ Nationalmannschaft im Fußball trainiert."
„Hä?" Peter ist sichtlich verwirrt und greift statt zur Bierflasche versehentlich in die Obstschale.
„Des isch doch ganz eifach: Sie wollt wisse, wie es isch, wenn ma jeden Tag von Clowns umgebe isch, die immer nett lächle."
„But...sie hat doch you, Jürgen!" wirft José ein.
„Ja nee, halt mit Clowns, die wo zusamme so tun, als hätten se Spaß an dere Sach. I mein‘, bei mir spiele ja nur Leute in der Mannschaft, die’s net gepackt ham, Baseball, Nonnenhockey, Eishockey oder Football zu spiele. So mein i des. So wie der Longdong, der macht ja au heut noch jede Menge Field-Goals!"
„Okay, Jürgen, I get it. But meine Frau hat doch schon alles, was sie sich wünscht. Sie sagt immer: ‚José, ich will was Silbernes für in’s Esszimmer‘."
„Un‘ hascht ihr den Wunsch erfüllt?"
„But of course! Zwei Champions-League-Pokale, einen UEFA-Pokal, unzählige nationale Pokale. Und what is? Sie fängt an zu weinen und meint, ich würde sie nicht verstehen. Deswegen stehen die Dinger ja jetzt hier rum."
Jürgen schüttelt den Kopf. „José, kann es nicht sein, dass sie mehr an Besteck gedacht hat?"
„Der spielt doch gar nicht mehr", wirft Peter ein. „Aber der Yildiray Besteck, das war ein guter. Der hatte echt ein Riesenpotential. Als ich den damals in Bochum trainiert habe... Das waren noch Zeiten. Damals hätten wir fast den UEFA-Cup geholt. Außerdem, was will sie mit dem?"
„Exactly. Der verletzt sich doch nur, wenn man ihn zwei Tage nicht abstaubt. Die Bandscheiben."
Jürgen blickt konsterniert zwischen José und Peter hin und her. Langsam reift in ihm die Erkenntnis, dass die beiden nicht dieselbe Sprache sprechen wie er. Obwohl er nachts heimlich „Die Welt auf Schwäbisch" auf Josés iPod geladen hatte.
„Apropopo, José?"
„What is los, Jürgen?"
„Stimmt des eigentlich, dass du bei Real aufhöre tust? Un dass de Jogi dein Nachfolger werden soll?"
„Jürgen, da ist nichts dran. The president hat mir erst letztens wieder seine Unterstützung zugesichert!"
„Echt? Was hat er denn g’sagt, de Barack?"
„Four more years!"
„Och nee", schnaubt Peter und pustet dabei versehentlich Jürgens Papierschnittfiguren vom Tisch. „Heißt das, der Jogi-Bär bleibt bis 2016 Bundestrainer? Da bin ich ja schon über 60. Obwohl, der Jupp wird bald 70 und trainiert die Bayern."
„Apropopo, Peter?"
„Ja, Jürgen?"
„Was isch denn eigentlich aus den Verhandlungen mit Wolfsburg geworre?"
„Ach, der Klaus hat gesagt, sie machen jetzt mit dem Köstritzer erstmal weiter bis zur Winterpause. Verstehe zwar nicht, wieso die sich unbedingt die Hinrunde schönsaufen wollen, aber gut. Hat 2006 ja auch geklappt!"
„Wie meinsch des, Peter?"
„Na, bei der WM waren alle Fans so besoffen, dass die dem Sönke Wortmann wirklich geglaubt haben! Die glauben heute noch, dass wir da sau gut gespielt haben!"
„Haben wir auch!"
„Na klar. Deswegen ruft auch ständig so ein ‚Kim-Jong Un‘ an und fragt nach der Nummer von dem Typen."
„Isch des en Fußballer? Hat der zufällig e amerikanische Urgroßmutter?"
„Ach, halt die Fresse, Jürgen!" Peter greift zu seinem Bier, Jürgen zu einem standardisierten Klage-Formular, und José... José denkt angestrengt über Silberbastürk nach.