Nur noch wenige Stunden bis die farbenfrohe Meute wieder zu Tausenden die Tribünen flutet, bis nervöse Debütanten und gestandene Heroen einmütig die Katakomben entlang schreiten, bis sich die Jungs auf der Couch zu Pils und Knabbergebäck zusammenrotten und endlich der lang ersehnte Anpfiff ertönt: Endlich wieder Bundesliga! Und so vieles ist passiert in der wenngleich kurzen Sommerpause. So viele neue Gesichter, der wichtigste Torjäger trägt auf einmal das Leibchen des Erzfeindes und seit wann ist unser Linksverteidiger eigentlich Brasilianer? Der Ligaheld gibt Aufschluss, welche Profis sich während der Vorbereitung in den Vordergrund spielen konnten und mal mehr, mal weniger überraschend in die Startelf gespült wurden.
Pierre-Emerick Aubameyang
Warum ist man doch ein wenig überrascht, einen Angreifer wie Aubameyang, der in seiner Debütsaison schlappe 13 Treffer und vier Assists schnürte, doch so unantastbar in der Startelf der Borussia zu sehen? Weil er in der Rückrunde seinen Stammplatz eigentlich schon verloren hatte? Weil er das Dortmunder Spielsystem lange Zeit nicht adaptieren konnte? Weil man irgendwie das Gefühl nicht los wurde, der gabunesische Roadrunner wäre in der Premier League unter all den Walcotts, Lennons und Valencias deutlich besser aufgehoben? Dort, wo pures Tempo mangelhafte Spielintelligenz problemlos übertüncht? Nun, das wären durchweg schlüssige Argumente gewesen, wenn Aubameyang nicht gerade unter die Fittiche von Jürgen Klopp geraten wäre, dem Trainer, dessen System so komplex ist, dass seine Spieler es mit schöner Regelmäßigkeit erst in ihrer zweiten Saison verinnerlichen. So auch diesmal geschehen. Aubameyang scheint nun zu wissen, wie der Hase läuft (und er selbst zu laufen hat), wirkt viel besser integriert und brandgefährlich. In dieser Verfassung scheint es für ihn nicht unmöglich, seine schon sehr ordentliche Statistik der Vorsaison in ungeahnte Höhen zu schrauben.
Genki Haraguchi
Natürlich. Wie immer, wenn ein frischer Fernostimport auf dem Bundesliga-Grün aufschlägt, ist man geneigt, die üblichen Parallelen zu einem gewissen Ex-Dortmunder zu bemühen: flexibel einsetzbarer Angreifer, schnell, quirlig, technisch einwandfrei, torgefährlich, für einen verschwindend schmalen Taler als Ergänzungsspieler eingekauft, aber mit unerschöpflichem Potenzial gesegnet. Doch kicken mittlerweile so viele Südostasiaten in der hiesigen Eliteliga, ohne jedoch vollends zu brillieren, dass man der Prophezeiung eines Kagawa-Effekts nicht mehr recht trauen mag. So wurde auch die Verpflichtung von Genki Haraguchi vorsorglich mit allem nötigen Understatement getätigt, was dem vielseitigen Japaner offenbar gut getan hat. Ohne beschwerenden Druck konnte er eine lupenreine Vorbereitung hinlegen, zeigte sich in den Testspielen stets auffällig, dribbel- und kombinationsstark und darf nun wohl auch zum Saisonauftakt von Beginn an ran gewiss nicht zuletzt, weil WM-Fahrer und Konkurrent Stocker noch keine Option ist. Die Chance für Haraguchi, sich in die Herzen der Hertha-Fans und dauerhaft auf die Taktiktafel von Jos Luhukay zu wirbeln.
Tin Jedvaj
Gestatten, Jedvaj, Jahrgang 95, aus der Talentschmiede von Dinamo Zagreb und auf der Gehaltsliste des AS Rom. Marktwert: vier Millionen Euro. Potenzial: grenzenlos. Wenn das mal nicht verheißungsvoll klingt dachte sich wohl auch Tante Käthe und lieh den 18-jährigen gleich für zwei Jahre aus. Was allerdings keineswegs heißen musste, dass der kroatische U-Nationalspieler auch sogleich Fuß fasst. Denn die Konkurrenz im Abwehrzentrum ist enorm, mit Spahic, Toprak, Wollscheid, Papadopoulos, mit Abstrichen auch Reinartz und Rolfes, türmt sich gleich eine ganze Phalanx arrivierter Kräfte vor dem Rohdiamanten auf. Doch Jedvaj zeigt sich davon herrlich unbeeindruckt, hängte sich in der Vorbereitung voll rein und hinterließ mächtig Eindruck bei Roger Schmidt, der bekannt dafür ist, jungen Spielern das Vertrauen zu schenken. Und selbst wenn die Innenverteidigung bereits randvoll besetzt ist, scheint Jedvaj bereits so flexibel im Kopf, dass er sich auch rechts in der Viererkette zu einer ernsthaften Alternative entwickeln könnte vielleicht ja sogar zum Saisonauftakt gegen den großen BVB.
Martin Lanig
Nanu? Lanig? In der Startformation? Haben die Frankfurter schon wieder dieses leidige Verletzungspech? Erstaunlicherweise: nein. Dafür aber haben sie Thomas Schaaf an der Seitenlinie, der schon immer für seine ganz eigene Idee von Systemfußball berüchtigt war und auch abseits der Weser nicht vor unpopulären Entscheidungen zurückschreckt. Denn weiß Gott, diesen Martin Lanig hatten wohl die wenigsten Insider auf der Rechnung, als es darum ging, die Planstelle von Neu-Sinsheimer Pirmin Schwegler einzunehmen. Doch der 30-jährige, der auch schon unter Armin Veh die letzten neun Saisonspiele bestritt, scheint mit seiner robusten Art und zunehmender Reife das ideale Versatzstück zum umtriebigen Hasebe geben zu können glaubt zumindest der Coach. Ob man sich nun also verwundert die Augen reibt oder nicht, wenn Martin Lanig gegen Freiburg tatsächlich auf der Doppelsechs beginnt, realistisch ist das mittlerweile allemal.
Stefan Kutschke
Und noch ein scheues Exemplar der Kategorie: erste Liga, RLY? Klar, irgendetwas hat dieser Stefan Kutschke schon an sich. Er ackert 90 Minuten unermüdlich, wirft sich in jeden Luftzweikampf und bildet mit dem Rücken zum Tor schon ein massives Stückchen Wand, auch wenn Eintritts- und Austrittswinkel der Anspiele oftmals erheblich divergieren. Doch reicht das allein tatsächlich für einen Kaderplatz in der Bundesliga? Oder sogar für die Startelf? Bislang war man geneigt zu behaupten, nein, niemals. Doch bislang tummelte sich auch der SC Paderborn noch nicht im deutschen Fußballoberhaus. Bei den Ostwestfalen muss man budgetbedingt zwangsläufig unkonventionelle Wege einschlagen und durch ein stringentes Spielkonzept zum Erfolg kommen, anstatt durch individuelle Klasse. Und als reiner Rollenspieler kann auch der frühere Leipziger Bulle seinen Beitrag zur tollkühnen Mission Klassenerhalt leisten. Man darf gespannt sein, ob sich der Gewinner der Vorbereitung auch dauerhaft gegen seine Konkurrenten Kachunga, Ducksch und Saglik behaupten kann oder ob sein Startelfauftritt im DFB-Pokal nur ein Strohfeuer bleibt.
Den kompletten Beitrag sowie weitere Hintergründe und Prognosen zur anstehenden Bundesligasaison findet ihr unter:
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