Nach dem spektakulären 3:1 der Königlichen gegen Racing Santander vor einigen Wochen standen vor Allem der Doppeltorschütze Benzema und der zweifache magische Vorbereiter Özil im Fokus der Medien. Mourinho hingegen lobte einen ganz anderen Spieler, der in dieser Partie sein Startelf-Debüt in der Liga gegeben hatte:

"Er verfügt über eine gute Physis und Orientierung auf dem Platz und heute spielte er sehr gut. Er ist sehr intelligent, er lernt sehr schnell. Er möchte nützlich sein und besitzt ein großes Herz."
(José Mourinho)

Gemeint war ein Spieler, der durch Ronaldos Ausfall in die Startelf gerückt war und an dem Mourinho das gesamte System der Madrilenen neu ausgerichtet hatte:

"Wir haben ein sehr gutes Spiel hingelegt mit einem System, dass sich sehr an Granero orientiert hat. Darum wusste ich, dass er heute ein großartiges Spiel abliefern wird""

Laut Mourinho ist Esteban Granero perfekt aufgehoben im Zentrum des 4-4-2 und eben darum ließ er de Königlichen in den beiden Spielen, die Ronaldo verletzungsbedingt pausieren musste in eben jenem System auflaufen. Sehr zur Freude des "Pirata", der bei seinen Auftritten voll überzeugen konnte und beeindruckende Statistiken an den Tag legte:
Er spielte 72 Pässe, der Durchschnitt bei den Konkurrenten Khedira und Lass liegt dagegen bei 45, zudem konnte er auch defensiv überzeugen und 6 Bälle zurückerobern, womit er mit seinen Rivalen auf Augenhöhe liegt.

Zwar wird Mourinho schwerlich sein ganzes System dauerhaft für Granero umstellen, jedoch ist The Special One überzeugt seinen Schüler bald auch im gängigen 4-2-3-1 spielen lassen zu können. Neue Konkurrenz also für Sami Khedira auf der Position in der Doppel-6 neben Xabi Alonso.

Doch wer ist Esteban Granero?

Seinen Spitznamen "El Pirata" erhielt der gebürtige Madrilene aufgrund des extravaganten Torjubels.

Unter den Kollegen ruft man ihn stattdessen "el Bohemio" (span. für "der Künstler"), beides sind Spitznamen, die den Charakter des 23-jährigen wohl sehr gut beschreiben.
Granero begann mit 8 Jahren bei den Königlichen und durchlief sämtliche Jugendkategorien. Mit 18-Jahren debütierte er für die Castilla in der 2. spanischen Liga und spielte nebenbei auch seit der U-17 in sämtlichen Jugendnationalmannschaften der Furja Roja. Bevor er jedoch für die A-Mannschaft debütieren konnte wechselte er samt Rückkaufklausel für 3 Millionen zum FC Getafe. 2 Jahre später in denen sich Granero vor Allem auf dem rechten Flügel etablieren konnte, wechselte er 2009 im Zuge des Transfertsunamis, ausgelöst durch Florentino Perez, zurück zu seinen Wurzeln.
Eine schöne Anekdote hierbei ist, das Granero sich entschied, trotz geringeren Gehalts, das er bei den Königlichen erhielt zurückzukehren.

"In Madrid zu spielen, ist für mich wichtiger und mehr wert als 800.000 € - Jetzt wo ich hier bin, kann ich auch sagen, dass ich für weniger Geld gekommen wäre!"

(Esteban Granero nach seiner Rückkehr)

Denn dem "Künstler" geht es um andere Dinge als Geld. Er sticht aus der breiten Masse der Fussballer klar heraus und studiert nebenbei Psychologie. Zudem gilt er als großer Bewunderer der asiatischen Kultur und betreibt eine eigene Fußballakademie mit dem Namen "Los Piratas de Granero".

Ein bisschen wie Schweinsteiger

Fußballerisch erinnert Granero von seinem Werdegang ein wenig an den Münchner Nationalspieler Bastian Schweinsteiger. Zunächst auf dem Flügel als Talent erkannt und durch Dribblings und Flanken überzeugend, fand Granero durch Mourinho seinen Platz endgültig im Zentrum. Granero verfügt über eine sehr gute Übersicht und eine große Spieltintelligenz, technische Schwächen macht er durch seine Laufbereitschaft wett und seine Unerfahrenheit im Defensivverhalten kann er durch seine Aggressivität und sein Kämpferherz auf dem Platz ausgleichen. In der Doppel-6 oder im 4-4-2 ist es meist Xabi Alonso, der für den Spielaufbau zuständig ist, Granero dagegen ist vor Allem ein Spieler, der in der Defensive den Ball kontrolliert und weiterleitet um dann mit in die Offensive zu gehen, wo er immer wieder als Anspielstation zur Verfügung steht. Zudem ist Granero ein Spieler, der immer für ein Tor gut ist, ob aus der Distanz, oder beim Eindringen in den Strafraum. Auch in diesen Aspekten sind Parallelen zu Schweinsteiger erkennbar. Seine größte Stärke sind jedoch Standarts. Zwar hat er bisher erst selten Freistöße direkt aufs Tor gezirkelt, seine Flanken nach Eckbällen und Freistößen bringt er jedoch immer sehr platziert in den 16er.

Durch seine Bedingungslose Einsatzbereitschaft und vor Allem seine Arbeitseinstellung ist Granero einer von Mourinhos Lieblingen ("Ich verstehe mich sehr gut mit ihm, was eigentlich bei Spielern, die kaum zum Einsatz kommen eher unüblich ist.") und auch die Fans sind von dem Eigengewächs angetan.
Jedoch blieb der Canterano nach seinen tollen Vorstellungen, bei denen er von den Medien, vor Allem aufgrund des durch ihn angekurbelten offensiveren Spiels, dauerhaft statt Lass oder Khedira für die Stammelf gefordert wurde auf dem Teppich und kommentierte:

"24 Spieler sind im Kader und jeder möchte spielen. Der Trainer entscheidet das und er entscheidet immer richtig. In der Presse lese ich oft, dass manche meinen, das Team würde mit mir auf der Sechser-Position besser oder offensiv stärker spielen. Damit bin ich nicht einverstanden. Jeder Spieler macht nämlich sein Job gut. Meine Aufgabe ist es, hart zu arbeiten und meine Chancen zu nutzen. Wenn der Trainer mich braucht, bin ich da und sofort hellwach bei der Sache!"

Ein Arbeiter eben, der immer im Geiste der Mannschaft handelt und mit Demut, aber eben auch mit Ehrgeiz arbeitet und in Mourinho wohl den perfekten Trainer gefunden hat, unter dem er reifen und zu einer echten Größe heranwachsen kann. Ein wahrer Madridista, der durch seinen Charakter an die großen Madrilenen Raúl, Sanchis oder Míchel erinnert...