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25.08.2010 um 19:23 Uhr
Der Trend geht zum Zweitverein
Es gibt Menschen, die haben zwei oder mehr Handys. Um privates und geschäftliches zu trennen, oder um eben gerade nicht für jeden immer erreichbar zu sein.
Es gibt Menschen, die haben zwei oder mehr Fernseher. Meistens einen pro Zimmer, damit man wirklich nirgends in der Wohnung vor dem sicher ist, was heutzutage so über den Äther geblasen wird.
Es gibt Menschen, die haben zwei oder mehr Autos. Ein geschäftliches, ein privates. Oder eins für die Familie (Opel, Volvo, VW oder ähnliches) und eins zum Spaß (BMW, Porsche,...).
Es gibt Menschen, die haben zwei oder mehr (oder viel mehr, ja, ich spreche von dir, Tiger Woods!) Partner/innen. Jeder Mann kann sich die Gründe denken, für die Frauen: Männer sind sehr liebesbedürftig.

All das ist mehr oder weniger akzeptiert. Weil es verbreitet ist, weil viele die Gründe nachvollziehen können und weil es sich in den meisten Fällen wirklich auf zwei bis vier Exemplare beschränkt, das Argument "es sind einfach zu viele" also keinen fruchtbaren Boden findet.

Ganz im Gegensatz dazu ist es noch immer ein Sakrileg, zwei oder mehr Vereine zu haben, die man unterstützt. In der selben Sportart, versteht sich. Nur die größten Fanatiker, also die, für die es nur eine einzige Sportart gibt, die es würdig ist zu existieren, sind entsetzt von Sportverrückten, die je einen Lieblingsverein im Fußball, Basketball, Football, Baseball, [weitere Sportarten darf der Leser sich denken] haben. Aber innerhalb einer Sportart zwei Vereine regelmäßig zu verfolgen, ist für viele unverständlich.

Dabei ist, vermutlich bedingt durch die Dezentralisierung des Fußballs und die Möglichkeit, auch internationalen Fußball relativ unproblematisch in Fernsehen und Internet verfolgen zu können, hierin durchaus ein Trend zu erkennen. Die Bandbreite ist riesig. Von denen, die "auf internationaler Ebene" einen ausländischen Verein verfolgen und ihm die Daumen drücken, weil der inländische Verein des Herzens in absehbarer Zeit nicht international spielen wird, über diejenigen, die wirklich zwei Vereine konsequent verfolgen und nach Möglichkeit trotz Terminüberschneidungen alle Spiele beider Vereine sehen wollen, bis hin zu denen, die in jeder europäischen Topliga einen Club haben, für den ihr Herz unaufhaltsam schlägt. 24 Stunden Fußball, jeden Tag, 3 Stunden pro Verein.
Die Frage, die man sich stellen kann und der Vorwurf, der lauter wird, je mehr Vereine man als "seinen Verein" reklamiert, ist einfach: ist man ein schlechterer Fan eines Vereins, wenn man neben diesem Verein noch einen (oder gar mehrere) anderen Verein hat?

Leicht zu beantworten ist die Frage nicht. Man muss wohl differenzieren zwischen denen, die einen klaren "Hauptverein" haben, hinter dem alles andere zurücksteht und denen, die mehrere Vereine gleichberechtigt sehen.
Im ersten Fall ist die Antwort klar: nein. Ein Fan, der seinem Verein alles andere unterordnet, auch andere Vereine, ist wohl das, was die Meisten unter einem ernsthaften Fan verstehen. Vielleicht ist das sogar etwas mehr, denn Fußball mag die schönste Nebensache der Welt sein, aber eben auch nur das: eine Nebensache. Sympathien für andere Vereine, sei es wegen der Fans, der SPOX-Gruppe oder der LigaLehren, die den Trainer vergöttern, sind sehr verbreitet und anerkannt.

Schwieriger wird es in meinem Fall: zwei Vereine, keiner wird vorgezogen. Nach Möglichkeit sehe ich alle Spiele beider Vereine. Aber was, wenn das nicht geht? Bin ich ein schlechter Fan, weil ich am vergangenen Samstag, als ich im Urlaub war, einen Freund gefragt habe, ob er mir die Tore des FC-Spiels tickern kann, vom Arsenal-Spiel aber nur den Endstand? Oder kann ich mich damit rausreden, dass besagter Freund eine FC-Dauerkarte hat und ich niemanden kenne, der jede Woche im Emirates sitzt? Wie ist es am kommenden Samstag: ich werde das Arsenal-Spiel komplett sehen, den Anfang des FC-Spiels aber verpassen, weil ich zwischendurch die Location wechseln muss. Kann man mir das vorwerfen?

Manche, die Fan eines Vereins sind, genau eines einzigen Vereins, würden sagen: ja. Sie würden mir vielleicht sagen, dass ein richtiger Fan sein Herz nicht teilt. Wie auch, schließlich kann es passieren, dass die beiden Mannschaften gegeneinander spielen. Was macht er dann, der Fan beider Vereine? Ganz ehrlich: ich weiß es nicht. Das Problem stellt sich bei mir frühestens nächstes Jahr, wenn Köln in der Champions League spielt.

Woher genau kommt dieses Problem eigentlich? Wie wird man zum Fan mehrerer Vereine? Ich kann diese Frage nur beantworten, indem ich schreibe, wie es bei mir war. Es wird da, je nachdem wen man fragt, ganz unterschiedliche Geschichten geben.
Schon lange bevor ich ein Gooner wurde, habe ich nicht nur die Bundesliga verfolgt, sondern auch andere Ligen und Vereine. Real Madrid zum Beispiel, nach dem Wechsel meines Lieblingsspielers Bodo Illgner, oder Juventus Turin. Irgendwann kam, was kommen musste, ich sah ein Spiel des Arsenal FC. Und es passierte etwas, das ich nicht kannte, denn ich hatte bei einem Team ein Gefühl das mehr war als die Freude darüber, wie dort Fußball gespielt wird. Ich sah immer mehr Spiele zu dieser Zeit und das Schicksal wollte es, dass genau in dieser Zeit, ungefähr ab 2002, das vielleicht beste Team auf dem Platz heranwuchs, das je für die Gunners gespielt hat. So habe ich mich verliebt. Aber meine alte Liebe, den Verein, mit dem ich aufgewachsen bin und der hier in Köln, wie ich an anderer Stelle vor Kurzem berichtet habe, mehr eine Religion ist als ein Fußballclub, habe ich nicht verloren.

Dafür habe ich bis heute viel Unverständnis geerntet, aber auch Zustimmung von Leuten, denen es ähnlich geht. Wenn ich das richtig sehe, werden es sogar immer mehr. Es gibt zu viele tolle Vereine, als dass man an einen festgebunden sein sollte. Wer das möchte, soll das tun, aber diejenigen, die mehr wollen, nicht verurteilen. Nur übertreiben sollte man es nicht. Denn so lange es bei zwei bis vier bleibt, können die Meisten das nachvollziehen, oder die Argumente verstehen. Aber den Tiger in uns sollten wir unterdrücken, wenn wir es ernst meinen, mit unseren Herzensvereinen.
Aufrufe: 11360 | Kommentare: 48 | Bewertungen: 33 | Erstellt:25.08.2010
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KOMMENTARE
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xxlhonk
26.08.2010 | 16:55 Uhr
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xxlhonk : 
26.08.2010 | 16:55 Uhr
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xxlhonk : 
@kimosch

Das waren auch mein Gedanke (EffZeh und Arsenal..).
Aber Gegensätze ziehen sich ja an.

@Zyrock
Deswegen ist dein Blog doch schon ad absurdum geführt.
Weil das eine ist Fußball(Arsenal), dass andere Karneval (EffZeh).
Also, wo ist dein Problem?


Ich habe das Problem übrigens nicht.
Doch neuerdings gucke ich nach den Ergebnissen des Karnevalvereins.
Das macht mir aber schon ein paar Sorgen.
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donluka
26.08.2010 | 17:42 Uhr
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donluka : 
26.08.2010 | 17:42 Uhr
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donluka : 
Sehr feiner Blog und ich habe ja diese Fortuna-Leiche im Keller, über die ich bereits berichtete....

Und: Mir gefällt Dein neuer/s Avatar sehr!

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Realmadrio
26.08.2010 | 17:56 Uhr
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Realmadrio : 
26.08.2010 | 17:56 Uhr
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Realmadrio : 
es gibt doch auch männer mit mehreren frauen, warum also auch nicht männer mit mehreren vereinen?
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HannoverHamburg
26.08.2010 | 18:00 Uhr
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26.08.2010 | 18:00 Uhr
-2
Ich hab mir das im Grunde gar nicht bewusst selber ausgesucht, dass ich Fan sowohl vom großen, als auch vom kleinen HSV bin.
Es ist halt einfach passiert, zuerst Hannover mein Geburtsort und frühere Heimat, dann Hamburg meine neue Heimat.

Beiden Vereinen gehört meine Leidenschaft, was zugegeben noch einfacher war, als Hannover zweitklassig war. Aber auch so kann ich damit leben, wenn die beiden Vereine sich begegnen.

Seit meinem Studium gucke ich sogar ab und zu noch Holstein-Kiel Spiele im Stadion (eine echte Zumutung - aber Live-Fußball ist nun mal nicht ersetzbar), eine echte Bindung wie zu meinen anderen Vereinen wird da aber nie entstehen, dafür fehlt eben dieses gewisse Gefühl.



Schöner Blog - 10 Punkte
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Zyrock
26.08.2010 | 18:05 Uhr
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Zyrock : 
26.08.2010 | 18:05 Uhr
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Zyrock : 
Danke für das doch weitgehend positive Feedback!

@don
Danke, ich bin froh endlich so ein Bild gefunden zu haben. Der in meinen Augen beste FC-Spieler aller Zeiten im schönsten FC-Trikot aller Zeiten.
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1899Bayern04
27.08.2010 | 13:08 Uhr
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27.08.2010 | 13:08 Uhr
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Eine Liebe für zwei Vereine kann gut funktionieren... meine erste grosse Vereinsliebe gilt natürlich der Hertha und dann, so ganz unscheinbar nebenbei, flunkere ich mit RAEC Mons weil es eben einige Jahre meine Wahlheimat war.

Ich freue, leide und fiebere mit beiden... ein Argument welches irgendwo das Wort "Erfolgsfan" enthält ist für meinen Fall natürlich absurd - eher die Verbundenheit zu Regionen die mich prägten.
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rickykaka22
27.08.2010 | 13:58 Uhr
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27.08.2010 | 13:58 Uhr
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Schönes Ding
Mir geht es ähnlich wie dir, allerdings setzt sich bei mir im Endeffekt dann doch mein geliebter FC Köln gegenüber den Rossoneri durch Auch wenn ich ehrlich gesagt länger AC als FC Fan bin.
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TT1975
27.08.2010 | 13:59 Uhr
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TT1975 : gute frage
27.08.2010 | 13:59 Uhr
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TT1975 : gute frage
ist natürlich gut, wenn die beiden teams dann zumindest nicht gegeneinander spielen müssen. bei arsenal und dem fc wirds ja leider noch ein wenig dauern...

Ich habe nur einen verein und vielen mit denen ich sympathisiere. champions league bezogen, bin ich sogar bayern-fan...früher unvorstellbar für mich. In anderen ländern hab ich auch so meine lieblingsclubs, aber dass ich dann ergebnisse tickern lasse, nö. So weit gehts da nicht.
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Bundestrainer
27.08.2010 | 14:25 Uhr
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27.08.2010 | 14:25 Uhr
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Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen einen Zweitverein zu haben. Höchstens noch einen anderen Kölner Verein, aber nichts außerhalb meiner Stadt.

Bin selber oft genug in Versuchung geführt worden. Seit Jahren verfolge ich internationale Ligen live im Internet, nur allein schon deswegen um mal attraktiveren Fußball zusehen als das Buli-Gerumpel. In den letzten 2 Jahren habe ich bestimmt 90% aller Barca-Spiele verfolgt und ich bin trotzdem kein Barcafan geworden. Im Gegenteil: Letzte Saison hätte ich mich genauso für Real Madrid gefreut, wenn sie Meister geworden wären. Verdient hätten sie es genauso gehabt.

Ich denke zu seinen Lieblingsverein muss man auch eine persönliche Bindung aufbauen können, wie soll die Leidenschaft sonst auf emotionaler Ebene funktionieren?

Das Beispiel mit dem Bigamismus funktioniert so nämlich auch nicht. Vom Herzen her kann man auch immer nur eine Frau lieben. Das man trotzdem mehrere Frauen begehrt liegt nicht am Herzen sondern einzig und allein am Schwanz.
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couchtrainer
27.08.2010 | 14:40 Uhr
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27.08.2010 | 14:40 Uhr
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so lange man die vereine so wählt, das es nicht direkt konkurenten sind

lüdenscheind-nord und herne-west

ist alles in ordnung.

in meiner kindheit spielte mein verein in der 2.liga gegen den abstieg, da habe ich aus trotz zu den ganzen bayern halt für werder bremen die daumen gedrückt, zur bundeswehrzeit (ich war in varel (nordseeküste) stationiert) wurde aus der sympathie wieder mehr distanz (die ganzen uffze waren grüne)

irgendwann habe ich neben der bundesliga mal auf die "alten tradtionsmannschaften" geachtet - st.pauli, düsseldorf, braunschweig.

ich würde nicht sagen dass ich zum fan wurde. aber ein wenig interesse und sympathie schade nie:
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