Wie die WM 2022 alles ruiniert
Der Tod des Wintersports
Die Fußball-WM 2022 in Katar - nein, es ist immer noch kein Witz - soll jetzt doch im Winter stattfinden. R.I.P., Biathlon, Bob & Co..
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Was gab es nicht für einen riesigen Aufschrei im Dezember 2010, als die Fußball-WM 2022 nach Katar vergeben wurde. Und das stolze England, das Mutterland des Fußballs, damit leer ausging. Eine schallende Ohrfeige für alle Nostalgiker.
Katar also. Die Optimisten sagen: Schön, dass es mal in einer neuen Region stattfindet, die Menschen dort lieben doch auch den Fußball, die haben das verdient. Die Pessimisten aber und das ist die große Mehrheit sagen: Da hat das Geld entschieden. Und die Pessimisten - darunter auch der Kaiser und hochrangige Sportfunktionäre - hatten natürlich sofort bedenken: das Wetter. Katar also - in den Sommermonaten im Juni/Juli Hauptspielzeit der WM um die 40 Grad, eher mehr. Also forderten diese Pessimisten: Das Turnier muss im Winter stattfinden. Der nächste Aufschrei. Seit 1930 findet die WM immer im Sommer statt. Seit 19 Turnieren. Niemals startete eine WM vor dem 27. Mai, nie endete sie nach dem 30. Juli.
Einmal schockfrosten bitte. Danke.
Der Grund für das Winter-Turnier: die Gesundheit der Spieler und Fans könne nicht garantiert werden. Sie seien diese Temperaturen nicht gewöhnt. Im Stadion werden die Menschen zwar ordentlich schockgefrostet (Dach geht zu, Klimaanlage geht an, 21 Grad). Draußen ist aber Hitze ohne Ende.
Katar und Fifa wollen jetzt also diese Winterspiele. Und die Medien verweisen gebetsmühlenartig auf ein Problem: Wie problematisch es doch ist, den ganzen internationalen Terminkalender der Fußball-Szene umzuwerfen. Die deutsche Winterpause muss umgebaut werden, die Winterpause in England usw. usf.
Doch das ist überhaupt nicht das Hauptproblem.
Es gibt zwei andere Probleme, die so noch nicht besprochen wurden
1.) Das Internationale Olympische Komitee und 2.) den drohenden Tod des Wintersports.
zu 1.) Die Fifa wildert im Jahr 2022 im Hoheitsgebiet des IOC - ein eingetragener VEREIN mit Milliardenumsätzen - denn 2022 finden nämlich die Olympischen Winterspiele statt. Wo, das wissen wir noch nicht. Die Winterspiele, die gibt es immerhin seit 1924, die Fußball-WM seit 1930, finden stets im Februar statt. Doch das IOC hat sich zu dieser Verschiebe-Debatte noch nicht geäußert. Toll wird es diese Winter-WM-Idee aber nicht finden.
Dabei ist König Fußball 2022 der Hauptkonkurrent schlechthin, zieht er doch stets die gesamte Aufmerksamkeit auf sich und wird die Winterspiele in den Schatten stellen. Sowohl medial als auch (wahrscheinlich) sponsorentechnisch. Können es sich Coca Cola, Samsung und Co. tatsächlich leisten, zwei Giganten-Veranstaltung hintereinander zu promoten?
Am 15. Januar soll die WM beginnen, rund 4 Wochen dauern. Wann soll dann Olympia starten? Im März??? Wir können ja nicht immer darauf hoffen, dass es so einen Winter/Frühling gibt wie jetzt. Wollen die Sponsoren das? Erwartbar ist, dass sie sich auf eine Veranstaltung so richtig konzentrieren. Und das wäre dann wohl die Fußball-WM in Katar. Und das IOC wird solch eine Zurückstellung nicht einfach so hinnehmen können. Viele Milliarden Milliarden Euro hat das IOC mit den Spielen in Vancouver (2010) und London (2012) eingenommen, allein TV-Rechte brachten rund 4 Milliarden.
Es muss nicht immer Müller-Hohenstein sein
Womit wir beim nächsten Problem wären: Können die TV-Stationen diesen medialen Doppelpack stemmen? Erst rund 4 Wochen in Katar (da sind An- und Abreise, Auf- und Abbau nicht eingerechnet), dann gleich die Weiterreise zu den Winterspielen. Ob sich ARD und ZDF darauf einigen können, dass ein Sender Fußball, der andere Olympia überträgt? Eher nicht, beide brauchen die Großereignisse, um ihre Jahresquoten nicht zu beschädigen. Also werden auch die Sender sich wohl medial irgendwie beschränken müssen (was ja auch nicht sooo schlecht ist; es muss ja nicht jedes Spiel als Großereignis abgefeiert werden); oder sie geben hoffnungsvollen Nachwuchsjournalisten die Chance, sich zu beweisen. Es muss ja auch nicht immer Katrin Müller-Hohenstein sein.
zu 2.) Der Winter gehört den Skispringern, Biathleten, Langläufern, Eiskunstläufern, Bobpiloten, Abfahrtsspezialisten, Maria Riesch und anderen Stars (die wirklich nur zwischen November und März aufdrehen dürfen). Jetzt mischt Quoten-Gigant Fußball also auch noch im Winter mit. Immer wieder beschweren sich andere Sportarten, dass ihnen der Fußball Sendeplätze- und Minuten klaut. Das dürfte dann im Jahr 2022 ganz besonders hart für die Wintersportler werden, wenn ab 15. Januar vier Wochen lang fast jeden Tag ausschließlich Fußball zu sehen sein wird. Die hartgesottenen Fans werden natürlich immer noch Biathlon & Co. schauen, aber der Quoteneinbruch - und damit auch Werbegelder und mediale Präsenz - sind erwartbar.
Ich bin selbst Hardcore-Fußballfan. Kein Wochenende ohne Sportschau und Sportstudio. Aber selbst ich finde in diesem Fall die Ignoranz und Überheblichkeit, mit der Fifa und andere Entscheider ihr "Produkt Fußball" in den Vordergrund mogeln und damit andere Sportarten an den Rand drängen, schier unerträglich.
ø 9.3
KOMMENTARE
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04.04.2013 | 15:00 Uhr
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mrpunk :
Das Problem ist noch gar nicht richtig zu Olymp. OK eskaliert glaube ich. Aber das ist ja nicht das einzige Problem.Die WM einfach so zu verlegen ist ein Problem für die nationalen Ligen, Vereine usw. Dazu die notwendige rechtliche Einschätzung bezogen auf den Vergabe Prozess der WM.
Dann kommen die ganzen anderen Sportarten, und die Auswirkungen in den Medien. Wobei die FIFA nicht unbedingt auf andere Sportarten Rücksicht nehmen muss.
Und jetzt die Begründung für die ganze Aufregung: Da wurde ein Turnier leichtfertig, vielleicht fahrlässig oder sogar mutwillig, in ein Land vergeben obwohl die terminlichen Rahmenbedingungen nicht erfüllt werden können.
Das ist doch eine riesige Sauerei und riecht nach einer Sonnenkönig-Monarchie in einem Sportverband. Leider traue ich so ein Vorgehen aber auch anderen Verbänden als der FIFA zu.
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Ich bin letztlich klar für eine Verlegung nach Deutschland. Da gibts auch ordentlich Bier und schöne Stadien