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01.10.2012 um 23:12 Uhr
Der Abstieg des AC Mailand
Der AC Mailand – nach wie vor ein großer Name im europäischen Vereinsfußball. Stolz präsentiert der Vereine heute noch den Schriftzug „Klub, mit den meisten Titeln der Welt" auf dem Trikot. Doch was ist von dem Glanz vergangener Tage heute noch übrig geblieben? Ein Blick auf die aktuelle Situation zeigt, dass der AC Mailand momentan das vielleicht schwächste Team hat, seit Silvio Berlusconi den Verein 1986 übernommen hatte und man vor einem Schwerbenhaufen steht. Wie es dazu kommen konnte, dass ein Verein, der eigentlich alle Voraussetzungen hat, um in der Spitze des Weltfußballs beheimatet zu sein, so absteigen kann will ich in diesem Blog einmal genauer erläutern. Dazu muss man nicht nur die momentane Situation betrachten, sondern einige Jahre zurückgehen, um den Ursprung des Ganzen zu finden.

Wir blicken dazu in das Jahr 2007, als Milan den letzten internationalen Erfolg feierte mit dem Gewinn der UEFA Champions League. Eine Zeit, auf die man als Fan gerne zurückblickt. Das Team von Trainer Carlo Ancelotti gehörte zu den besten der Welt und war gespickt mit großen Namen, die sich blind auf dem Platz verstanden. Insgesamt schien also alles rosig zu sein, doch wenn man aus heutiger Sicht auf diese Zeit zurückblickt, muss man eingestehen, dass bereits damals große Fehler gemacht wurden, dessen Folge die heutige Situation ist. Nach dem großen Triumph 2007 hielt man fast schon krampfhaft an der Erfolgsmannschaft fest, allerdings war ein Großteil des Teams bereits jenseits der 30 Jahre und im Endspurt der Karriere. Anstatt nach und nach alternde Stars durch neue, junge Spieler zu ersetzen vertraute man weiter in Altbewährtes. Die Frage ist: War dieses Vorgehen gewollt oder hatte man keine andere Möglichkeit? Denn Geld für neue, jüngere Stars war nur geringfügig vorhanden, wofür es besonders zwei Ursachen gab. Zum einen wurden die Leistungen der Altstars immer schwächer, was jedoch nichts an deren Gehältern änderte. So hatte Milan zu dieser Zeit mit die höchsten Ausgaben für Gehälter, auch wenn die meisten dieser Spieler längst nicht mehr diese Summen wert waren. Zum Anderen war man jahrelang abhängig von Klubbesitzer Silvio Berlusconi, der mit großen Investitionen regelmäßig Große Namen nach Mailand lockte. Doch auch bei ihm schien das Geld nicht mehr sonderlich locker zu sitzen und man musste sich plötzlich selbst finanzieren. All das führte letztendlich dazu, dass man immer mehr in eine finanziell schwierige Lage kam. Der Klub verschuldete sich Jahr für Jahr mehr.

Den ersten großen Knall gab es dann 2009. Um die Schulden zu dämmen war man gezwungen Superstar Ricardo Kaka ziehen zu lassen. Für den Brasilianer erhielt man 65 Millionen Euro von Real Madrid und man verkündete feierlich nun schuldenfrei zu sein. Ob nun wahr oder nicht, eine nachhaltige Lösung des Problems war es nicht. Nach wie vor verzeichnete man aufgrund der hohen Gehälter und geringen Marketing-Einnahmen dicke Minuszahlen, doch anstatt einen Weg einzuschlagen, der ein nachhaltiges und gesunden Wirtschaften möglich macht verschloss man weiter die Augen, obwohl man sich bewusst war, dass man früher oder später die Konsequenzen zu spüren bekommen würde. Auch bei den Fans stieg die Unzufriedenheit nach schwachen Resultaten in der Liga und im internationalen Geschäft. Die Lösung sah folgendermaßen aus: Man investierte Geld, das eigentlich nicht vorhanden war in neue Stars wie Zlatan Ibrahimovic, Robinho oder Kevin-Prince Boateng, womit man die Fans beruhigen wollte. Dazu holte man mit Massimilliano Allegri einen jungen italienischen Trainer, der zuvor in Cagliari gute Arbeit geleistet hat. Die Zugänge sollten sich bezahlt machen und man holte im ersten Jahr unter Allegri direkt den Meistertitel. Plötzlich schien wieder alles in Ordnung zu sein in Mailand und die Fans waren wieder zufrieden. Die Experten unter den Fans wussten jedoch bereits damals, dass dieser Erfolg nur ein letztes Hoch vor dem endgültigen Absturz war.

Die Saison nach dem Meistertitel verlief noch einigermaßen zufriedenstellend. Man zog ins Viertelfinale der Champions League ein, wo man am FC Barcelona scheiterte und in der Liga musste man sich im Kampf um den Scudetto nur knapp Juve geschlagen geben. Zugleich stellte die Saison jedoch auch das Ende einer Ära dar. Mit Alessandro Nesta, Clarence Seedorf, Gennaro Gattuso und Filippo Inzaghi beendeten vier Spieler ihr Karriere zeitgleich, die den Kern der Erfolgsmannschaft von 2007 darstellten. Mit Andrea Pirlo verließ das Gehirn des Teams bereits ein Jahr vorher Mailand in Richtung Turin. Ein großer Qualitätsverlust, den man mit dem geringen Budget nicht kompensieren kann. Doch es sollte noch schlimmer kommen, womit wir beim zweiten großen Knall wären. Die Schulden waren inzwischen wieder stark angewachsen und man war gezwungen erneut Spieler zu verkaufen, um nicht weiter in die finanzielle Krise zu rutschen. 2009 war es Kaka, 2012 gleich zwei Superstars: Thiago Silva und Zlatan Ibrahimovic, die zugleich Kopf der Defensive und Offensive des Teams waren. Ersatz kam wie schon beim Verkauf von Kaka 2009 nicht. Einzig die gewohnten Low-Cost-Spieler kamen, dazu tauschte man Stürmer Antonio Cassano und sieben Millionen Euro Bargeld gegen Giampaolo Pazzini mit Inter.

Ein Blick auf das Team heute nach all diesen Abgängen zeigt, dass so wenig Qualität im Kader vorhanden ist, wie vielleicht noch nie in der Ära Berlusconi. Zwar ist die Mannschaft im Schnitt wesentlich jünger und man macht durch die wegfallenden Gehälter kaum noch Schulden, doch man muss der Führungsetage klar den Vorwurf machen, dass dieser Prozess um Jahre zu spät eingeleitet wurde. Anstatt nach und nach das Team zu verjüngen, hat man den Umbruch jahrelang aufgeschoben und muss nun innerhalb kurzer Zeit ein neues Team aufbauen, obwohl kaum finanzielle Mittel vorhanden sind. Die Folge ist ein drastischer Verlust an Qualität, der sich bisher in der laufenden Saison deutlich zeigt. Ein Blick in die Zukunft ist für jeden Fan schockierend. Keine Frage, man muss den Prozess der Verjüngung der Mannschaft weiter fortsetzen und konsequent durchziehen. Auch wenn das ohne Zweifel der richtige Weg ist, wird es aber erstmal einige Jahre dauern bis der Klub national wieder konkurrenzfähig sein wird. Der Abstand zur Weltspitze ist inzwischen so groß, dass man daran zweifeln darf, ob der Name AC Mailand je wieder in einem Atemzug mit Barca, Real und Co genannt werden wird. Fest steht: Der Klub hat eine schwere Zeit vor sich, wofür ganz klar signifikante Fehler in der Vergangenheit verantwortlich sind. Man darf sich deshalb die Frage stellen, ob die Personen, die diese Fehler begangen haben die Richtigen dafür sind, den Klub in eine sichere und erfolgreiche Zukunft zu führen.


Soweit mein Kommentar zur aktuellen Situation Milans. Kommentare und Bewertungen sind natürlich erwünscht und gerne gesehen.
milan07
Aufrufe: 12677 | Kommentare: 15 | Bewertungen: 11 | Erstellt:01.10.2012
ø 8.8
der  |Absturz  |des  |AC  |Mailand  |
KOMMENTARE
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RickyKaka
03.10.2012 | 17:13 Uhr
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RickyKaka : FanBoyNinety
03.10.2012 | 17:13 Uhr
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RickyKaka : FanBoyNinety
Sehe ich auch so.

Galliani und Co. führen den Verein seit mehr als 20 Jahren erfolgreich und plötzlich sollen sie alle keine Ahnung haben ? Is klar...
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moimoi
03.10.2012 | 17:15 Uhr
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moimoi : 
03.10.2012 | 17:15 Uhr
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moimoi : 
"Plötzlich schien wieder alles in Ordnung zu sein in Mailand und die Fans waren wieder zufrieden. Die Experten unter den Fans wussten jedoch bereits damals, dass dieser Erfolg nur ein letztes Hoch vor dem endgültigen Absturz war."

kannst du das anhand von beiträgen / artikeln belegen? oder beziehst du dich auf die, die am ende immer schon alles zuvor gewusst haben wollen?
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gebse
03.10.2012 | 20:30 Uhr
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gebse : 
03.10.2012 | 20:30 Uhr
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gebse : 
Kein schlechter Blog, auch wenn meiner Meinung nach nichts Neues drin steht, Für mich hat der Abstieg fast schon nach dem CL-Gewinn 2003 begonnen. Denn im Vergleich zum Finale von 2007 war der Kader im Vergleich zu 2003 nur auf wenigen Positionen verändert. Und die Jahre bis 2007 waren ja nicht nur von Erfolgen geprägt.
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milan07
03.10.2012 | 23:06 Uhr
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milan07 : 
03.10.2012 | 23:06 Uhr
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milan07 : 
RickyKaka & FanBoyNinety:
Ich sage nicht dass sie keine Ahnung haben, ich sage lediglich dass man einige Fehler gemacht hat in der Vergangenheit. Unter anderem den Vertrag von Pirlo nicht zu verlängern weil man mal wieder zu geldgeil war. Dazu hat man zu hohe Gehälter an Spieler gezahlt die es eig nicht wert waren bzw sind ...

Scavon:
"das die hälfte gegangen ist scheinen die meisten wohl vergessen zu haben"
Und genau das ist mein Punkt. Man hätte Leute wie Inzaghi, Gattuso, Seedorf oder Zambrotta nach und nach ersetzen sollen und nicht alle in einem Jahr gehen lassen sollen in dem man auchnoch Silva, Ibra und Cassano ziehen lässt. Ich hätte lieber auf den Titel 2011 verzichtet, dafür den Umbruch schon vor 2-3 Jahren eingeleitet und heute eine starke junge Mannschaft gehabt wie Juve. Stattdessen musste man zb. einen Robinho holen und ihm ein riesen Gehalt geben. Man hätte den Prozess mMn viel früher einleiten sollen ...
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Joyside
04.10.2012 | 16:16 Uhr
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Joyside : 
04.10.2012 | 16:16 Uhr
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Joyside : 
Na, das ist doch mal interessant gemacht. Und auch noch mit einem Auge auf Rechtschreibung und Syntax, was hier ja nicht selbstverständlich ist, bei Blogs.

Ich denke, dass es schon möglich ist, dass der AC Milan wieder in der Weltspitze ankommt, aber die Verschleppung des Umbruchs wird man noch teuer bezahlen. Das wird noch dauern, wahrscheinlich deutlich länger, als wenn man den Cut direkt nach 2007 gesetzt hätte.

Sehr gut analysiert. Danke dafür und einen 10er gibts dazu.
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