Für den einen ist Verteidigungsarbeit ein notwendiges Übel und schwer als passiver Zuschauer zu ertragen, für den anderen sind es 50% des Spiels und somit nicht minder bedeutend als eine gute Offensive. Bei der Defensive im Sport scheiden sich die Geister, jedoch gilt der alljährlich vergebene Defensive Player of the Year-Award als die prestigeträchtigste Individualauszeichnung abseits des Most Valuable Player-Awards. In dieser Saison ist das Rennen so offen wie selten zuvor und wir beschäftigen uns in der folgenden Diskussion mit den vielversprechendsten Kandidaten.
Kandidat #1: DeAndre Jordan
Pascal: Ist DeAndre Jordan wirklich ein legitimer Anwärter auf den Defensive Player of the Year-Award? Ich dachte immer, außer Doc Rivers und eventuell noch DJs engstem Verwandtenkreis würde niemand für den Big Man der Los Angeles Clippers stimmen. Ich meine jetzt mal ganz im Ernst: Wieso DeAndre Jordan? Ich check es nicht. Nichtsdestotrotz lese ich seinen Namen immer häufiger von Fans, Bloggern und diversen anderen Medienvertretern. Kannst du mir vielleicht auf die Sprünge helfen?
Timo: Nicht so richtig, aber ich kann einen Erklärungsversuch wagen: In die Wahrnehmung der meisten Zuschauer brennen sich nun mal Highlight-Plays und Monster-Boxscore-Leistungen eher ein als tiefergehende Statistiken. Sprich: Ein DeAndre Jordan wird durch seine tollen Rebound- und Block-Statistiken eher positiv wahrgenommen als zum Beispiel ein Andrew Bogut. Das Hauptargument gegen DeAndre Jordan ist jedoch, dass die Clippers statistisch besser verteidigen, wenn er auf der Bank sitzt. Sollte ein Defensive Player of the Year nicht einen positiven Einfluss auf die Teamdefensive haben?
Pascal: Erstens: Ja, sollte er! Zweitens: Apropos Teamdefensive - die Clippers spielen insgesamt nur eine durchschnittliche Defensive. Im Defensivrating belegt man lediglich Platz 16. Ich wehre ich mich ein wenig dagegen, einen Spieler eines schlechten oder - halt eben wie in diesem konkreten Fall - eines durchschnittlichen Defensivteams zu adeln. Da gibt es meiner Meinung nach bei den Top-Defensiven der Liga einfach viel bessere Alternativen. Kurz gesagt: DeAndre Jordan wäre für mich nicht mal in der Top 10. Sorry.
Timo: Ich will nicht alles schlecht reden und muss mal eine Lanze für DeAndre Jordan brechen: Aktuell führt er gemeinsam mit Draymond Green die Kategorie Defensive Win-Shares an - immerhin eine Statistik, die für ihn spricht. Außerdem stand er bisher in allen Spielen für die Los Angeles Clippers auf der Platte und reißt auch eine gute Anzahl von Minuten ab und beweist somit, dass er verletzungsresistent und konstant ist. Mehr fällt mir aber gerade auch nicht ein.
Kandidat #2: Anthony Davis
Timo: Und da ist auch schon der nächste spektakuläre Verteidiger, der aufgrund seiner überragenden Athletik und den damit verbundenen Blocks und Rebounds auffällt. Im Vergleich zu DeAndre Jordan hat Anthony Davis jedoch einen positiven Einfluss auf die Teamdefensive, welcher auch nicht gerade klein ist. Mit ihm auf dem Feld stellen die Pelicans immerhin eine durchschnittliche Verteidigung und lassen rund vier Punkte pro 100 gegnerische Ballbesitze weniger zu, als wenn er sitzt.
Pascal: Na immerhin! Nein, jetzt mal komplett ohne Ironie: Anthony Davis eilt meiner Meinung nach einfach der Ruf eines elitären Verteidigers voraus. Er ist gut, - keine Frage - jedoch sehe ich in ihm mittlerweile schon fast einen primär offensiven Spieler, der in der Defensive einen guten Dienst nach Vorschrift macht. Er ist kein klassischer Rim-Protector, aber sehr agil in der Verteidigung. Allerdings verteidigt sein Team mit ihm auf dem Feld so gerade eben durchschnittlich; insgesamt gehören die Pelicans gar zu den acht schlechtesten Verteidigungen der Liga. Ein Totschlagargument in dieser Diskussion.
Timo: Im Endeffekt kann er da aber auch nur bedingt etwas für. Durch seine etlichen Verletzungen und die zahlreichen Ausfälle seiner Mitspieler (wie zum Beispiel der Ausfall von Jrue Holiday) zieht der Rest des Teams diese Statistik natürlich nach unten. Alles in allem gebe ich dir aber recht - Durchschnitt ist halt nicht genug. Zwar schneidet Anthony Davis in einigen Statistiken wie zum Beispiel dem Real-PlusMinus oder den Defensive Win-Shares gut ab, aber meiner Meinung nach reicht es in dieser Saison nicht für den Gewinn des Awards.
Pascal: Stimmt schon. Es gibt einige Indikatoren, die für ihn sprechen würden. Jedoch fehlen mir in Relation zu den anderen Kandidaten einfach die klaren Argumente. Er ist auf jeden Fall eine bessere Alternative als DeAndre Jordan (es tut mir leid, DJ, aber die Leute und dein Coach zwingen mich dazu, auf dir rumzuhacken), aber für mich auch kein Top 3-Anwärter.
Kandidat #3: Rudy Gobert
Pascal: THE STIFLETOWER! GOBZILLA! THE FRENCH REJECTION! In der Top 10 der besten Spitznamen der Liga muss Rudy Gobert eigentlich mindestens zwei Mal vertreten sein, aber auch beim Defensive Player of the Year-Award sollte er meiner Meinung nach Beachtung bekommen. Er hat im Grunde als Zweitjahresprofi fast im Alleingang eine katastrophale Defensive auf ein Eliteniveau angehoben. Check das mal: Hätten die Jazz mit Enes Kanter auch nur durchschnittlich verteidigt, hätte Rudy Gobert die Jazz-Defensive im Defensiverating in die Top 3 der NBA gezogen. Das nenne ich Impact.
Timo: Absolut! Stichwort Impact: Wenn man sich seine Leistungen als Ringbeschützer mal genau anguckt, unterstreicht das seine Ambitionen auf den Award. Am Ring lässt er wahnwitzige 39,2% der gegnerischen Wurfversuche zu. NEUNUNDDREIßIGKOMMAZWEI PROZENT! Hinzu kommt noch seine indirekte Rim-Protection. Wenn man schon das Gefühl hat, dass ein Russell Westbrook sich zwei Mal überlegt, ob er gegen ihn zum Korb ziehen soll, scheint Gobert ja irgendetwas richtig zu machen..............