"Haben wir in Deutschland ein Torwart-Problem?" ist die leitende Frage dieses Artikels - Zugegeben diese Frage klingt auf den ersten Blick absurd, steht doch mit Manuel Neuer der womöglich nicht nur beste Torhüter der Welt, sondern gar Fußballer im Kasten der Nationalelf. Auch dahinter ist das Angebot an hochklassigen Schlussmännern beachtlich: Ron-Robert Zieler, nach derzeitigem Stand die Nummer Zwei der Nationalmannschaft, spielt bislang eine starke Saison für Hannover 96 und bewies dies auch im Länderspiel gegen Angstgegner Spanien. Auch in der U21 tummeln sich hoffnungsvolle Talente, Bernd Leno ist in Leverkusen seit über zwei Jahren Stammtorhüter und spielt in der Champions League, ebenso sein Konkurrent Marc-André ter Stegen beim großen FC Barcelona. Der ehemalige Gladbacher kommt zwar in der Liga nicht an seinem Konkurrenten Claudio Bravo vorbei, doch auf internationalem Parkett macht er sich nach anfänglichen Akklimatisierungsschwierigkeiten immer besser. Nicht vergessen in dieser Auflistung sollten wir Timo Horn vom 1. FC Köln, für den laut aktuellen Medienberichten sogar ein Angebot des FC Liverpool hinterlegt wurde.
Nach einer ersten kurzen Bestandsaufnahme ließe sich die Frage ergo mit einem klaren Nein beantworten, doch bei einer genaueren Betrachtung der deutschen Torhüter Landschaft, offenbart sich ein etwas anderes Bild. Denn in der Liga, die traditionell die wohl stärksten Torhüter der Welt hervorbringt, laufen mittlerweile einige Legionäre den deutschen Tormännern den Rang ab. Im letzten Jahr standen noch lediglich bei Augsburg, Braunschweig und Wolfsburg regelmäßig ausländischer Keeper im Tor. Zwar durfte auch bei Hoffenheim der junge belgische Juniorennationalspieler Koen Casteels ran, der Begriff Stammtorwart wäre beim Hoffenheimer Torhüter-Karussell der letzten Saison jedoch fehl am Platz. In dieser Saison jedoch erobern vor allen Dingen die Eidgenossen die Bundesliga. Gladbach vertraut auf Yann Sommer, während Freiburg dessen Nati-Kollegen Roman Bürki verpflichtet hat. In Hamburg hat Jaroslaw Drobny René Adler verdrängt und seit dem letzten Spieltag hat es nun (vielleicht vorerst) auch Roman Weidenfeller erwischt. Summa summarum stehen aktuell sechs ausländische Tormännern zwischen den Pfosten der Bundesligisten. Zwar haben ausländische Torhüter in der Bundesliga Tradition, unter anderem bereicherten Jean-Marie Pfaff, Oka (der Ewige) Nikolov oder Kasey Keller unsere Liga. Auf der anderen Seite suchten auch viele deutsche Torhüter ihr Glück im Ausland; hier wären Jens Lehmann, Bodo Illgner oder Stefan Klos zu nennen. Doch die derzeitige Situation gestaltet sich etwas anders.
Denn nicht nur für die Nummer Eins, sondern auch in der zweiten Reihe vertrauen zahlreiche Bundesligisten mittlerweile Legionären. In Augsburg beispielsweise vertritt Alexander Manninger den Schweizer Marvin Hitz. Auch Hertha BSC Berlin (Jarstein), Werder Bremen (Strebinger), Hannover 96 (Almer), Bayer Leverkusen (Kresic) und der FC Bayern München mit seiner prominenten Nummer zwei Pepe Reina, setzen auf internationale Keeper. Wenn der derzeit verletzte Casteels hier noch hinzu gerechnet wird, kommen zu den sechs bereits erwähnten Torhütern, weitere sieben hinzu. Macht insgesamt 13 Torhüter aus dem Ausland. Doch wo liegen die Gründe für diese besondere Situation? Hat die Ausbildung der Torhüter in Deutschland in der Breite nachgelassen?
Diese These lässt sich nicht ohne weiteres erhärten. Denn eine Etage tiefer, in der zweiten Bundesliga spielen zahlreiche deutsche Türhüter, die durchaus eine gewisse Qualität mitbringen. Nicht nur Michael Rensing (Fortuna Düsseldorf) hat seine Fähigkeiten bereits in der Bundesliga nachgewiesen, auch Wolfgang Hesl (Greuther Fürth), Dirk Orlishausen (KSC) oder Jan Zimmermann (Heidenheim) würden dem einen oder anderen Bundesligisten sicherlich als Nummer Zwei gut tun. Daher wäre ein möglicher Erklärungsansatz, dass diese Spieler lieber in der zweiten Liga regelmäßig zum Einsatz kommen, als in der Ersten auf der Bank zu hocken. Mahnendes Beispiel dürfte Thorsten Kirschbaum sein, welcher den Wechsel vom FC Energie Cottbus, wo er mit starken Leistungen auf sich aufmerksam gemacht hatte, zum VfB Stuttgart gewagt hat. Dort löste er nach einem Jahr Wartezeit zwar zwischenzeitlich Sven Ulreich ab, doch mittlerweile hat dieser seinen Stammplatz zurückerobert. Insgesamt spielen nach Gabor Kiralys Abgang nur noch zwei ausländische Stammtorhüter in der zweiten Bundesliga (Özcan und Gikiewicz). Die Qualität und Quantität an Torhütern für zumindest das zweite Glied ist also durchaus vorhanden, ihre Bereitschaft auf der Bank Platz zu nehmen jedoch nicht unbedingt. Doch wie sieht es mit der Qualität unserer Nummer Einsen eine Etage höher aus?
Zieht man die Kicker Noten der Schlussmänner zu Rate, so zeigt sich, dass zumindest Werder Bremen, der SC Paderborn und der VfB Stuttgart derzeit mit ihren deutschen Torhütern nicht optimal besetzt sind. Besonders bitter für den VfB, ganze vier Stammtorhüter der Bundesliga wurden bei ihnen ausgebildet (Benaglio, Leno, Karius, Ulreich), diejenigen, welche bei anderen Vereinen unter Vertrag stehen, haben bislang in dieser Saison die besseren Leistungen zeigen können und mit Timo Hildebrand wird am kommenden Wochenende womöglich noch ein Fünfter in Frankfurt debütieren. Doch nicht nur in Stuttgart häufen sich dieses Jahr die Torwart-Fehler. Auch in Hoffenheim zeigte Oli Baumann bislang sowohl Licht, als auch Schatten. Die beiden Eidgenossen Sommer und Bürki hingegen schlagen sich bislang äußerst gut und lassen beinahe jeden anderen Torhüter der Liga hinter sich. Hoffnung machen jedoch wieder einmal die ganz Jungen. Sowohl Loris Karius, als auch der unglücklicherweise erkrankte Felix Wiedwald, konnten ihre Visitenkarte eindrucksvoll abgeben.
Sicherlich ist die aktuelle Schwächephase des deutschen Torwartspiels nicht gravierend. Die Nationalmannschaft ist mit Manuel Neuer und Ron-Robert Zieler bestens aufgestellt und auch die international startenden Clubs müssen sich nicht sorgen. Doch nichtsdestotrotz muss die große Nation der Torhüter aufpassen. Die Ausbildung der Schlussmänner muss nicht nur zwei oder drei großartige Keeper hervorbringen, sondern auch eine breite Basis, auf die die Bundesliga zurückgreifen kann. Möglicherweise muss sich das Ausbildungskonzept in den großen Torwartschulen Kaiserslautern und Stuttgart ändern. Gerry Ehrmann und Andreas Menger brauchen vielleicht noch etwas Zeit und Einsicht, um auch künftig wieder zahlreiche starke Tormänner hervorzubringen. Hoffnung machen die Schlussmänner der Nachwuchsnationalmannschaften, Hoffnung darauf, dass sich diese Schwächephase nur für ein oder zwei Saisons zeigt, weil der demografische Mittelbau zwar fehlt, der Unterbau jedoch durchaus vorhanden ist.
"Denn in der Liga, die traditionell die wohl stärksten Torhüter der Welt hervorbringt "
nahezu jeder in deutschland behauptet das zwar, aber ist das wirklich so? da würde ich gerne mal einen guten beleg zu lesen.
ich habe dazu eigentlich keine richtige tendenz und lass mich gerne überzeugen. seh das auch wie du, dass wir in d gefühlt nie probleme auf der torhüterposition hatten und uns an einer menge namen festklammern können.
allerdings glaube ich auch, dass die beurteilung des torwartspiels noch etwas schwieriger ist, als die eines feldspielers. generell scheint mir die anfälligkeit für heldenkult auf der tw-position höher als bei feldspielern. nimmt man zb die regelmäßig effektreichen auftritte von den trapps, ter stegens und weidenfellers in der allianz-arena, dann scheinen wir über einen handvoll weltklassekeeper zu verfügen...
andererseits ist die story renommierter deutscher keeper im ausland zb häufig auch eher tragödie denn erfolgsgeschichte gewesen. eine klare und unangreifbare nummer zwei hinter neuer konnte der dfb auch noch nicht aufbauen.
mir geht es auch garnicht darum, die genannte these zu widerlegen. sondern nur darum, dass das selbstverständnis, mit der man diese allgemein als belegt ansieht, (zb ohne sich mal auf ernsthafte, konstruktive vergleiche zb mit der spanischen oder italienischen liga einzulassen), auf mich etwas unreflektiert und fast arrogant wirkt.
in etwa so, wie wenn die engländer von sich behaupten, traditionell in ihrer liga die traditionell besten verteidiger zu entwickeln. ohne sich mal zu bemühen, die wahrhaftigkeit der these zu hinterfragen und sich genauer mit iv der epl, serie a oder bundesliga auseinanderzusetzen
Jugendspieler, die ins Tor gehen können ja darauf vertrauen, dass auch Neuer nicht bis 40 spielt.
Wenn Adler nicht verletzt, Ullreich & Weidenfeller nicht ausser Form gewesen waeren, gaebe es den Blog nicht.
Drobny und Langerak sind schon ewig in der Bundesliga, die anderen Auslaender sind Schweizer und Oesterreicher (Manninger), 2 davon Ersatz fuer den gewechselten Baumann und ter Stegen.
"aktuelle Schwächephase"
Diese Meinung hast du wahrscheinlich singulaer im ganzen Deutschen Fussball.
MIt Neuer stellen wir den Welttorwart, dahinter haben wir eine ganze Reihe etablierter Keeper - Adler, Weidenfeller, Ullreich, Kraft
dazu einen Haufen aufstrebende junge Keeper mit Erfahrung- ter Stegen, Leno, Zieler, Trapp, Baumann
und dahinter noch eine ganze Reihe an Talenten, die grad ihre ersten Schritte als Nr. 1 machen - Karius, Horn, Faehrmann, Wiedwald?!
Von einem Giefer, der auch schon eine Saison Nr.1 in der Bundesliga war, einem Kraft, einem Rensing, etc. ganz zu schweigen.
Man hat momentan mit Drobny, Buerki, Sommer,Manninger, Benaglio und Langerak 6 von 18 nicht deutsche TWs, diese Quote wird man auf fast keiner anderen Position finden, es werden mehr Auslaender spielen.
Drobny spielt weil Adler im Tief/Verletzt ist. Langerak ebenso.
ter Stegen waere ohne die Verletzung wohl die Nr. 1 bei Barca geworden.
Ich sehe da meilenweit keine Krise auf der TW Position, ich freu mich eher das die Schweizer gerade so gute Keeper haben.
Wir haben einen Torhüter bei Barcelona der immerhin alle CL spielt -> Ter Stegen
Wir haben unsere Nr 2. im deutschen Tor -> Zieler
Außerdem super deutsche Tormänner wie z.b. Fährmann (Schalke), Leno (Leverkusen)....
Weidenfeller (Dortmund) wird seine Form auch wieder finden...
Es wird kein zweiter Neuer nachkommen, das ist klar. Den er ist besser als Kahn, Köpke, Ilgner usw.
Er ist meiner Meinung nach der beste Torwart den es bisher gab.
Genauso wird auch kein zweiter Messi nachkommen...
Aber Sorgen machen muss man sich doch deswegen nicht. Mehr Sorgen würde ich mir machen das wir in Deutschland keine guten Außenverteidiger haben nach dem Abgang von Lahm....