Für viele Fußballfans in Deutschland kam die Meldung, die am späten Freitagnachmittag langsam die Runde machte, wie ein Schock: Bastian Schweinsteiger verlässt den FC Bayern München! Für drei Jahre unterschreibt das bayerische Urgestein bei Manchester United und folgt damit dem Ruf seines alten Förderers, dem früheren FC Bayern Trainer Louis van Gaal.
In Zeiten sozialer Netzwerker ließen die Reaktionen auf diesen Wechsel natürlich nicht lange auf sich warten. Ob auf Facebook und Twitter, den Kommentarfunktionen sämtlicher Tageszeitungen oder in den bekannten Foren von transfermarkt oder Spox überschlugen sich die User mit ihren Meinungen zu diesem Transfer.
Dabei gingen die Reaktionen zum Wechsel weit über das bisher bekannte Niveau nach überraschenden Transfers hinaus. Aus der Unzufriedenheit und dem Unverständnis vieler Fans resultierte rasch das Suchen nach einem Schuldigen. Immerhin geht mit Bastian Schweinsteiger nicht ein x-beliebiger Spieler, sondern der Liebling vieler Fans. Ob der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge, Sportvorstand Matthias Sammer oder Trainer Pep Guardiola: Alle drei bekamen ihr Fett weg. Die Kritik ging dabei oft sogar in persönliche Anfeindungen gegenüber den Funktionären des Vereins über und nicht selten wurden Rufe nach einer Rückkehr des langjährigen Managers und Präsidenten Uli Hoeneß laut.
Im Folgenden soll Bezug darauf genommen werden, warum dieser Spieler ein derartiges Standing im deutschen Fußball hatte und ob dieses scheinbare Erdbeben im deutschen Fußball tatsächlich so unverhofft kam. Darüber hinaus soll ein Denkanstoß gegeben werden, was der Transfer und seine Reaktionen für die Fankultur im modernen Fußball aussagt.
Sein Debüt für den FC Bayern feierte Bastian Schweinsteiger am 13. November 2002 im Champions League Vorrundenspiel gegen den französischen Verein RC Lens. Auch wenn der Mittelfeldspieler nie als ein Supertalent galt, ruhten nach der blamablen Europameisterschaft 2004 die Hoffnungen des deutschen Fußballs auf dem Duo Schweini und Poldi, sodass schnell ein regelrechter Hype um den Spieler entstand.
Die Zeit vor und nach der Heim-WM 2006 waren keinesfalls erfolgreiche Jahre für den deutschen Fußball. Trotz der erfolgreichen Weltmeisterschaft im eigenem Lande, der für die Nationalmannschaft mit einem überraschenden dritten Platz endete, schien die Bundesliga auf dem Weg in die internationale Bedeutungslosigkeit. Der FC Bayern spielte die zweite Geige in der Champions League und konnte nicht annähernd solche Erfolge wie in heutiger Zeit erzielen. Und auch für Schweinsteiger waren es keine einfachen Jahre. Ob links oder rechts auf den Außen, auf der Zehn oder versuchsweise sogar vereinzelt als linker Verteidiger: So recht konnte man dem deutschem Hoffnungsträger keine Position zusammenschustern. Dazu kam dann nach Ballacks Abgang und Kahns Karriereende die leidige Diskussion um die fehlenden Führungsspieler in Deutschland, der er sich zusammen mit Teamkollegen Philipp Lahm stellen musste.
Und dennoch: Schweinsteiger blieb seinem Verein treu und stellte sich den Kritikern ein ums andere Mal und bekam dabei stets die Rückendeckung der Vereinsführung, des Bundestrainers, der Münchner Presse und vor allem der Fans. Schon vor seinen glanzvollen Jahren später hatte Schweinsteiger ein schier unglaubliches Standing. Längst war der in Schweinsteiger der neue Fußballgott geboren, einer Ehre, der zuvor im Übrigen bereits Kultstürmer Carsten Jancker erbracht wurde. Davon abgesehen war Schweinsteiger, als der Star in Deutschland nach Ballack, auch als Werbeträger und Aushängeschild des FC Bayerns von enormer Bedeutung für die Vermarktung.
Der endgültige Durchbruch in Schweinsteigers Karriere steht zweifellos in engem Zusammenhang mit der Verpflichtung von Louis van Gaal im Jahr 2009. Dieser stellte Schweinsteiger neben van Bommel ins defensive zentrale Mittelfeld, wo er in der Folge zu einer festen Größe für die Mannschaft werden sollte. Auf der sogenannten Doppel-6 konnten einerseits seine Geschwindigkeitsdefizite kaschiert und seine Stärken im Läuferischen und Zweikampf perfekt zur Geltung gebracht werden.
Was folgte war ein überaus erfolgreiches Jahr für den Verein und die vielleicht bis dato beste Saison des Bastian Schweinsteiger. Am Ende stand eine wie aus dem nichts kommende Finalteilnahme in der Champions League und der Beginn einer Ära für den Verein, die in der Folge vor allem auch als die Ära Schweini-Lahm bezeichnet wurde. Nicht wenige sagen, dass Schweinsteiger in den Jahren 2010 bis 2013 seinen persönlichen sportlichen Höhepunkt hatte.