Edition: Suche...
Von: haching02
11.07.2015 | 2540 Aufrufe | 0 Kommentare | 1 Bewertungen Ø 7.0
Teil 2
Das Phänomen Schweinsteiger (2)
Hier geht es weiter mit dem Rückblick auf Bastian Schweinsteiger

So galt Schweinsteiger dank seiner starken Leistungen spätestens seit der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika als einer der besten Mittelfeldspieler der Welt. Sein Einfluss auf die Erfolge der Nationalmannschaft und des Vereins waren beträchtlich und längst waren die Diskussionen um seine Person und die fehlenden Führungsspieler verstummt. Anders allerdings als frühere Leader des deutschen Fußballs wie Kahn oder Effenberg, die ihre Ansprüche oft lauthals und direkt nach Außen zum Ausdruck brachten, fand Schweinsteiger eine eigene Antwort auf seine Kritiker: Leistung.

Ganz im Gegensatz dazu stand die Saison 2012. Die tragische Finalniederlage im heimischen Stadion gegen den FC Chelsea war die wohl größte Niederlage in der Karriere des Bastian Schweinsteigers. Nach seinem verschossenen Elfmeter ging das Bild des am Boden zerstörten Bayers durch die Medien dieser Welt und es schien, als wäre diese Niederlage ein Bruch in der Seele des Fußballers. Noch von den physischen Nachwehen und seines lädierten Knöchels geschwächt folgte eine EM, in der er vor allem durch desaströse Leistungen für Schlagzeilen sorgte. Es wirkte wie ein Rückfall in alte Zeiten und der Sommer 2012 war ohne Frage der dunkelste Sommer für den einstigen Hoffnungsträger des deutschen Fußballs.

Was danach kam liest sich wie die Geschichte der Rückkehr des Phoenix aus der Asche. All die negativen Ereignisse der vorangegangenen Monate, wie die Finalniederlagen, die persönlichen Enttäuschungen und die Diskussionen um das Auspfeifens von Arjen Robben im eigenen Stadion schweißten die Mannschaft mehr denn je zu einem unbesiegbaren Kollektiv zusammen. Die Saison 2012/13 unter Jupp Heynckes war eine Saison geprägt von eisernem Willens und dem einen Ziel, endlich den Henkelpott nach München zu holen. Angetrieben von einer starken Doppel-6 um Neuzugang Javi Martinez und Schweinsteiger, holte der FC Bayern am Ende hochverdient den langersehnten Titel und überdies sogar das Triple aus Champions League, Bundesliga und DFB-Pokal. Spätestens in diesem Jahr wurde Schweinsteiger zu einer der großen Legenden des Vereins und steht seither in einer Reihe mit Franz Beckenbauer, Paul Breitner oder Oliver Kahn.

Das größte Jahr seiner Karriere sollte allerdings auch für seinen Körper nicht ohne Nebenwirkung bleiben. Die hohe Belastung der vergangenen Jahre führte dazu, dass sich die Verletzungen häuften. Probleme mit dem Knöchel und der Patellasehne haben ihn immer wieder zurückgeworfen und hätten letztlich fast dazu geführt, dass Schweinsteiger die Weltmeisterschaft 2014 verpasste. Trotz schlechter Fitness und mangelnder Form spielte er dennoch im Team von Jogi Löw. Es war wiederum ein Novum und eine Besonderheit des Bastian Schweinsteiger. Die Weltmeisterschaft und der Titel waren die Geburtsstunde einer Ikone. Trotz schwachen Leistungen des Bayernspielers im Turnierverlauf, stand er letztendlich durch seinen aufopferungsvollen Kampf im Finale noch vor Siegtorschützen Mario Götze für den Gewinn der Weltmeisterschaft.

Die Berichterstattung und das Bild von Bastian Schweinsteiger bei dieser Weltmeisterschaft sind dabei bezeichnend für eine Karriere, in der immer wieder die Frage auftauchte, wie dieser Spieler so ein hohes Standing bekommen konnte. Dabei fällt auf, dass Schweinsteiger im Gegensatz zu vielen anderen Spielern immer wieder anders behandelt wird und das trotz nicht immer glanzvollen Leistungen. So war der Buhmann für das verlorene Finale Dahoam Arjen Robben, obwohl auch Schweinsteiger vom Punkt versagte. Auch der Sieg der Champions League wird vor allen Dingen auf die starken Leistungen von ihm zurückgeführt, wobei oft außer Acht gelassen wird, dass ihm dabei oft die starken Auftritte von Javi Martinez halfen, der Schweinsteiger immer wieder den Rücken frei hielt und mit entscheidend für die Stabilität der Mannschaft war. Und so gingen auch 2014 die Lorbeeren grundsätzlich an ihn, obwohl es eine Hand voll Spieler gab, die mit ihren Leistungen in der Berichterstattung allerdings oft untergehen. Allen voran den Leistungen von Jerome Boateng und Toni Kroos wird so gerne oft zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Stattdessen sind es die kämpferischen Leistungen von Schweinsteiger, die meist als der Schlüssel zum Sieg angesehen werden.

Dass Anspruch und Wirklichkeit nicht immer übereinstimmten musste Schweinsteiger vor allem in der abgelaufenen Saison feststellen. Schon lange wird gemunkelt, dass Schweinsteiger mit dem bayerischen Startrainer Pep Guardiola nicht immer einer Meinung ist, er gar beleidigt sei, dass ihm der Trainer seine Paradepositon vor der Abwehr nahm. Ein Bruch für den Spieler, den das Ur-Gestein nun zu entfliehen scheint. Dabei muss allerdings nüchtern betrachtet die Frage erlaubt sein, ob nicht auch für einen langsam ins Alter kommenden Spieler, der darüber hinaus sehr verletzungsanfällig ist, nicht das gleiche Leistungsprinzip gelten muss, wie für alle anderen Spieler des Kaders. Lange genoss Schweinsteiger eine Sonderbehandlung, die anderen Spielern wie Robben oder Ribery schnell negativ ausgelegt wurde.

Die Brisanz, die die Personalie Schweinsteiger hat(te), geht dabei über das herkömmliche Konkurrenzdenken im Kader weit hinaus. Nach dem Rücktritt Lahms aus der Nationalmannschaft wurde Schweinsteiger sein Nachfolger. Ob der Verletzungsanfälligkeit waren die Reaktionen schon damals gemischt. So sahen manche Manuel Neuer oder Mats Hummels als passender für das Tragen der Binde. Das verletzungsbedingte Fehlen in einem Großteil der letzten Länderspiele scheinen diesen Verdacht zu bestätigen. Für den Verein stellt die Binde dabei auch eine Belastung dar. So wäre es sowohl für den Vorstand, aber vor allem für den Trainer Guardiola eine schwere Hürde, den Kapitän der Nationalmannschaft auf die Bank zu setzen, da die Reaktion in Fußballdeutschland wohl verheerend wäre.

Ohnehin scheint die Meinung über Guardiola längst umzuschwenken. Noch als großer Hoffnungsträger angepriesen, musste er das schwere Erbe des Triples unter Fanliebling Jupp Heynckes antreten. Dabei hatte der Erfolg im Jahr 2013 für einige Fans des Klassenprimus wohl keine guten Folgen für die geistige Wahrnehmung. Dem FC Bayern gelang in jenem Jahr etwas, was bis dato nur wenigen Vereinen und nur dem FC Barcelona zweimal gelang. Dennoch scheint die Erwartungshaltung enorm gestiegen, womit es Guardiola doppelt schwer hat.

Hinzu kommt die zunehmende Unzufriedenheit vieler Anhänger über die Wahl seiner Neuzugänge. Immer mehr Stimmen wurden zuletzt laut, die die vermeintliche Bevorzugung des Trainers für spanische Spieler kritisieren. Mit Thiago, Bernat und dem bereits wieder verkauftem Pepe Reina wurden bislang gerade einmal drei Spanier verpflichtet. Dabei wird bei aller Kritik gerne außer Acht gelassen, dass auf jenen Positionen von Thiago und Bernat der deutsche Fußball nicht gerade durch eine breite Auswahl an Spielern gesegnet ist.

Diese kritischen Stimmen drohen durch den Verkauf der Vereinsikone Schweinsteiger nun zu eskalieren, wie erste Reaktionen aus den sozialen Netzwerken andeuten. So liest man immer mehr Anfeindungen und Forderungen, den Trainer zu entlassen. Bedenklich ist dabei, dass der Diskurs die Ebene der sachlichen Diskussion längst verlassen hat und durch nationale Begründungen flankiert wird, was in Zeiten, wie sie Europa gerade erlebt, umso nachdenklicher stimmt. Die Herkunft eines Spielers hatte nie eine Auswirkung auf seine Qualität und seine Möglichkeit, sich für einen Verein zu identifizieren, was gerade beim FC Bayern durch Spieler wie Giovane Elber, Hasan Salihamidzic oder Bixente Lizarazu bewiesen wurde, die stellvertretend für eine Reihe von ausländischen Spielern stehen, die durch ihre Dienste für den Verein wohl auf ewig in den Kreis der großen FC Bayern Familie aufgenommen wurden.

Die Reaktionen werfen die Frage auf, ob die Anschauung der Fans mit dem immer globaler werdenden Fußball noch übereinstimmt. Gerade beim FC Bayern sollte das allerdings verwundern. Immerhin ist der deutsche Rekordmeister ein Verein, der mittlerweile Vermarktungsbüros in New York und Singapur betreibt und sich zunehmend zu einem international orientierten Fußballunternehmen entwickelt. Und damit steht der Verein keinesfalls alleine da, sondern befindet sich in namhafter Gesellschaft, wie die internationale Konkurrenz aus Manchester oder Madrid zeigt, die in ihrer Ausrichtung auf die globalen Werbemärkte sogar noch aggressiver vorgehen.

Nach dem CL Triumpf 2013 konnte der FC Bayern in eine positive Zukunft blicken. Das Renommee, das man sich in den Jahren zuvor erarbeiten konnte sorgte sogar dafür, dass man mit Pep Guardiola den zum Zeitpunkt der Verpflichtung wohl begehrtesten Trainer weltweit verpflichten konnte. Mit ihm als Aushängeschild sollte der Umbruch, der nach dem CL Sieg 2001 verpasst wurde und zum Absturz des Vereins sorgte, erfolgen. Schon damals war klar, dass dem Spanier die Aufgabe bevorsteht, den damaligen Kern um Schweinsteiger, Lahm, Robben und Ribery langsam zu verändern. Immerhin macht der Alterungsprozess auch vor Vereinslegenden keinen Halt.

Trotz Sprachbarrieren und kleineren Eigenheiten des Trainers konnte man anfangs schnell zueinander finden. Das Fazit nach zwei Jahren fällt nüchtern betrachtet gut aus. So holte man im ersten Jahr das Double und im zweiten Jahr stand dem wiederholten Double nur ein ungewöhnliches Halbfinale gegen den Erzrivalen aus Dortmund im Wege. In der Champions League dagegen schied man zweimal klar und verdient gegen den späteren Titelträger aus, wobei festhalten werden muss, dass dennoch jeweils das Halbfinale erreicht werden konnte.

Nichtsdestotrotz macht sich im Umfeld und unter den Fans eine zunehmende Unzufriedenheit breit und für viele ist spätestens seit dem Schweinsteiger Transfer die Sachlage geklärt: Pep ist der Sündenbock und trägt Alleinschuld an der schlechten Entwicklung des Vereins und dem Verkauf der Seele. Dabei sollten sich viele vielleicht mal überlegen, was der Verein für ein Privileg hat, dass gerade ein Trainer wie Guardiola, der alleine für viele Spieler Grund allein ist, zu diesem Verein zu wechseln, in der entscheidenden Phase des Umbruchs die Geschicke des Vereins leitet.

Zu guter Letzt sei gesagt, dass Bastian Schweinsteiger bei einem Abgang den richtigen Moment für eine Veränderung getroffen hat. Er geht erhobenen Hauptes und wohl auch auf eigenen Wunsch zu seinem ehemaligen Förderer Louis van Gaal. Er erfüllt sich damit den Wunsch, den er schon über seine gesamte Karriere immer wieder geäußert hatte. Der Wechsel in die Premier League gibt ihm die Möglichkeit, in der stärksten Liga der Welt und bei einem der größten Vereine überhaupt zu spielen. Nicht vergessen sollte man in diesem Konext, dass er bereits vor seiner letzten Verlängerung immer wieder zögerte, klare Bekenntnisse an "seinen" Verein zu geben. Es verwundert trotzdem. dass er sich bewusste gegen einen Verabschiedung von seinen Fans bei der für Samstag geplanten Saisoneröffnungsfeier hat.

Und dennoch wird der Name Schweinsteiger stets mit dem FC Bayern in Verbindung bleiben, sodass es zumindest als sehr wahrscheinlich erachtet werden kann, dass der Spieler in anderer Funktion zum Verein zurückkommen wird.

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