Anders als etwa Mätthaus, Babbel oder Effenberg kam einem ehemaligen Bayernprofi fast durchgehend ungeteilte Sympathie der Massen entgegen. Die Rede ist freilich nicht von Sven Scheuer, sondern Mehmet Scholl. Er hatte zwar nach seinem Wechsel vom KSC zum ruhmreichen FC Bayern eine holprige Einfindungsphase, nachdem diese jedoch überwunden war, wurde er zu everybodys darling und konnte dieses Image durch seine scharfsinnige, witzige und kumpelhafte Art bis zu seinem Karriereende konservieren. Das ging aber nicht ohne Kratzer im Lack vonstatten. Als die Presse auf den dynamischen Techniker aufmerksam wurde, stellte sich heraus, dass der schüchtern anmutende Sohn eines Türken und einer Deutschen tatsächlich eine „Rampensau" war. Oben-Ohne-Photos in der BravoSport setzen dem Gipfel schließlich die Krone auf, wie „Scholli" das formulieren würde. Irgendwann wurde ihm der mediale Druck zuviel; dieser Last fiel auch Scholls erste Ehe zum Opfer. Nachdem er also erfahren hatte, „wie der Hase weht....also der Wind läuft", entzog der als Mehmet Yüksel geborene Badener weitesgehend der Öffentlichkeit den Zugang zu seinem Privatleben und gab fortan in der Regel nurmehr fußballspezifische Interviews. Aus dieser Zeit hat der Europameister von 1996 eigenen Angaben zufolge viel mitgenommen. Gerade im Umgang mit jungen Spielern könne er diesen helfen mit der plötzlichen medialen Aufmerksamkeit zurechtzukommen. Außerdem ist Scholl geradezu ein Paradebeispiel für verletzungsanfällige Spieler, nicht aufzugeben und den steinigen Weg durch die Rehabilitation immer wieder zu beschreiten. Große Talente wier Sebastian Deisler sind gerade an diesen Faktoren des Profigeschäfts zerbrochen. Die Infektion mit dem Bayern-Gen zwang Scholl dazu, nie aufzugeben. Wer weiß, was aus Deisler geworden wäre, wenn auch er es geschafft hätte, das Gen zu verinnerlichen.
Nach seiner aktiven Zeit nutzte die ARD Scholls Wortgewandtheit und die ihm entgegengebrachte Sympathie und stellte den Rekordmeister (acht Titel) unter den Bundesliga-Fußballern als Experten ein. Wie erwartet fruchtete diese Maßnahme und Scholl wurde weiter engagiert. In der Saison 09/10 wurde diese Tätigkeit jedoch zum Nebenjob, da Scholl mit dem Trainerposten des FC Bayern II betraut wurde. Zwar hatte er dort keinen bahnbrechenden Erfolg, doch scheint er gute Arbeit geleistet zu haben, denn nach einem Jahr Auszeit, die er nutzte, um die A-Lizenz zu erwerben, wird Scholl ab Juli 2012 wieder Trainer der Bayern Amateure. Die Geschäftsleitung möchte offensichtlich einen Übungsleiter, der den jungen Spielern das Bayern-Gen einimpft. Wer wäre da besser geeignet als Mehmet Scholl?

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