London, Achtelfinale Champions League. Als der kurz zuvor eingewechselte Edelreservist Arschawin (83. Minute) überlegt zum 2:1-Siegtreffer gegen den favorisierten FC Barcelona einschiebt und damit das Stadiondach des Emirates(s) fast zum Abheben bringt, ist das wirklich Erstaunliche weniger sein Siegtreffer für die Gunners, sondern vielmehr der Einbruch Guardiolas(s) Übermannschaft aus Katalonien.

Villa: wie üblich

Das Match startete flott, Arsenal machte die Räume im mittleren Drittel des Spielfelds eng und ließ durch gekonntes Stellungsspiel die in Türkis gekleideten Gäste aus Barcelona erst einmal nicht wie gewohnt in die Begegnung kommen – bis Villa (26.) die Lücke fand, kurz aufsah und nach wunderbarem Messi-Zuspiel gewohnt einschob. Passgeber hätten genauso gut Xavi oder Iniesta sein können, es war ein Tor wie zig andere in den vergangenen Wochen und Monaten. Barça dominierte in Letzteren seine Gegner fast nach Belieben, was sicher schön anzusehen war, teilweise aber auch schwer erträgliches Mitleid für die hilflosen anderen Elf auf dem Rasen hervorrief.

Die Dominanz kehrt zurück

Nach dem Führungstreffer kamen die hoch-favorisierten Gäste, keine halbe Stunde war gespielt, gewohnt in die Partie und übernahmen über ihre starken Zentralen Xavi & Iniesta endgültig das Kommando, auch der kurze Passe lief einmal mehr wie von alleine durch die eigenen Reihen, ohne, dass auch nur ansatzweise ein Gunner eine echte Chance auf Intervention bis 40 Meter vor dem eigenen Gehäuse gehabt hätte. Es zeigte sich also recht schnell: Auch Wengers Team, neben Barça vielleicht das spielstärkste in Europa, konnte kein Paroli bieten und war mit dem 0:1 in der Pause ordentlich bedient.

Van Persie für die Wende

Nach der Pause vorerst nichts Neues, weiterhin katalanisches Rasenschach gegen hingebungsvolle Londoner. Nicht, dass das Team um Fabregas, van Persie & Co. wirklich enttäuscht hätte – einige Stafetten und gelungene Angriffe hatten auch die Gastgeber zu bieten, vor allem der junge Wilshere und Nasri wussten insgesamt zu überzeugen. Doch Herr im Hause war die erste Garnitur der Gäste, nur Puyol musste aus der Stammelf verletzungsbedingt passen. Dieser Eindruck änderte sich jedoch im Laufe der zweiten 45 Minuten. Spätestens mit dem fein herausgespielten, aber doch, aufgrund Valdes(s) Stellungsspiels, glücklichen Ausgleichtreffers der Hauptstädter durch van Persie schien die Macht des Tabellenersten der Primera Division gebrochen. Der Sieg der Gunners war ab diesem Momentum, nach Gefühl, nur noch eine Frage der Zeit und fiel, für mich, somit auch nicht wirklich überraschend in der 83.

C.F. schlägt sich nur selbst

Der Fluss im Spiel, vor allem in der Zentrale, schien mehr und mehr dahin zu sein. Pässe fanden nicht mehr exakt die Mitspieler, wurden stattdessen vermehrt vom Gegner abgefangen. Xavi & Iniesta büßten ihre Präsenz ein und mit ihnen das gesamte Team ihre Linie. Was war passiert? Eine wirkliche Erklärung kann es kaum geben. Wenn sich in diesen Tagen eine Spitzen-Mannschaft in Europa nur selbst schlagen kann, ist es der FC Barcelona. Sicher, manche Teams verteidigen mit allem, was sie haben und kämpfen, bis es nicht mehr geht – mehr als ein Unentschieden sprang in letzter Zeit selten für einen Gegner heraus. Sämtliche Mannschaftsteile in Blau und Rot scheinen perfekt zu harmonieren, Schwächen sind eigentlich nicht auszumachen. Zudem fiel Arsenal, betrachtet man die gesamte Partie, auch nicht schrecklich viel 100%iges ein.

Motiv Langeweile?

Welchen Schluss lässt diese erstaunliche Wende, zum Nachteil der Blaugranas, also zu? Ich sage: Motiv ist die Langeweile. Auch wenn dies auf den ersten Blick komisch klingen mag. Aber: Es ist im Spiel keine Arroganz erkennbar, auch zu selbstsicher erschienen Guardiolas Mannen kaum, das konnte man an einigen kämpferischen Reaktionen gut erkennen – selbst Messi ließ sich zu Fouls hinreißen. Stattdessen kommt es mir vor, als ob diese penetrante Dominanz, dieses perfektionierte 5 gegen 2 bei laufendem Profispielbetrieb, wie es einmal mehr in der zweiten Hälfte der ersten 45 Minuten zu sehen war und wohl bereits in der Vorrundenpartie der Primera Division Ende November 2010 gegen Real Madrid Höhepunkt fand, in erster Prämisse die Führungs-Spieler in der Kreativzentrale selbst gewissermaßen langweilt. Der perfekte Fußball, sollte es ihn tatsächlich geben, ist erreicht. Besser kannst du die Murmel auf Grün nicht zelebrieren. Also was soll noch kommen? Fast sämtliche Rekorde wurden gebrochen, jeder halbwegs Fußballsachverständige erkennt an, dass es kein besseres Team seit (?), wenn überhaupt, gegeben hat. Der Gewinner der spanischen Liga, Champions League steht praktisch fest – und nun machen die eigenen, gesättigten Spieler einen Strich durch die Rechnung?